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Herr der Krähen

Herr der Krähen

Titel: Herr der Krähen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ngugi wa Thiong
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nickte, als wollte er sagen, er stimme der Idee uneingeschränkt zu.
    Machokalis Gesicht hellte sich auf, und vor dem Zimmer legte er mir den Arm um die Schultern, als wären wir die allerbesten Freunde. Diese Sache mit der Hexerei bleibt unter uns, sagte er, denn wenn die Medien in New York erfahren, dass der Herrscher nach Zauberheilern aus Aburĩria schickt, würden sie hier zusammenströmen und das Hotel belagern. Auch Professor Din Furyk und Dr. Clement C. Clarkwell dürften nichts von den neuen Entwicklungen wissen. Und die anderen Minister würde er erst nach Ankunft des Zauberers informieren.
    Ich war bei ihm, als er Sikiokuu eine E-Mail schrieb, in welcher der Herrscher dem Minister befahl, den Herrn der Krähen nach New York zu schicken. Als Sikiokuu die Reiseunterlagen des Zauberers sandte, meinte Machokali, wir könnten ihn gemeinsam vom internationalen Flughafen abholen.
    Nun, ich hatte geglaubt, Machokali würde angesichts der prompten Antwort aus Aburĩria überglücklich sein und die Ankunft des Zauberers kaum erwarten können. Aber er sah nicht glücklich aus. Irgendetwas bedrückte ihn.
    ‚Am meisten fürchte ich mich davor‘, sagte er ganz aufrichtig zu mir, ‚wie der Zauberer am Flughafen ankommen wird. Gekleidet in ein Gewand aus ungegerbtem Leder, mit einer Kette aus geschliffenen Tierknochen um den Hals, eine Kalebasse voll stinkendem Öl und grünen Blättern in der Hand, mit Amuletten an den Handgelenken und Glöckchen um die Fesseln seiner nackten Füße. Die Leute hier sind sehr empfindlich, was die Einfuhr landwirtschaftlicher Produkte betrifft, weil sie Angst vor gefährlichen Schädlingen haben. Was, wenn er nicht durch den Zoll kommt? Was, wenn die Einwanderungsbehörde seine Pulver für Drogen hält und der Hexenmeister dann verrät, er sei auf Wunsch des Herrschers hergekommen? Den Herrscher könnte dasselbe Schicksal erwarten wie das jenes lateinamerikanischen Staatsoberhaupts, das wegen Drogenvergehen lebenslang in einem amerikanischen Gefängnis sitzt.‘ Aus Angst, die Ankunft des Zauberers könnte sich zum Skandal ausweiten, wünschte er sich jetzt, er hätte auch darauf hingewiesen, der Zauberer solle sich anständig kleiden und seine Utensilien in einem Diplomatenkoffer transportieren!
    Nun, ich konnte mir nicht helfen und musste lachen, als der Minister von seinen Sorgen sprach.
    ‚Der Herr der Krähen ist ein moderner Zauberer‘, versicherte ich ihm. ‚Er trägt Anzüge. Und abgesehen davon verwendet er für seine Weissagungen nur einen Spiegel.‘
    Ehrlich! Haki ya Mungu ! Minister Machokali blieb der Mund offen und die Augen fielen ihm fast heraus, als ich ihm den Herrn der Krähen und seinen magischen Spiegel beschrieb.“

7
    Machokali hielt nicht viel von Zauberei und Weissagungen. Aber der vom Flug erschöpfte Vogel landet auf dem nächstbesten Ast, und der war für ihn jetzt der Herr der Krähen. Besserte sich die Gesundheit des Herrschers, war es egal, woran er, Machokali, glaubte oder nicht. Am meisten beschäftigten ihn die erforderlichen Maßnahmen, um zu verhindern, dass die Nachricht von der Anwesenheit des Hexenmeisters aus dem Zirkel der Minister und Sicherheitskräfte nach draußen sickerte. Als Minister für Auswärtige Angelegenheiten war Machokali für ein positives Bild seines Landes verantwortlich, und er wollte den Herrscher und Aburĩria nicht zum Gegenstand von Spott und Hohn in den Augen der Welt werden lassen, schon gar nicht in den Korridoren der Vereinten Nationen. Er konnte sich das Gekicher ausmalen, das ihn überall erwarten würde: Wie kommen Ihr Herrscher und sein Hexenmeister miteinander aus?
    Machokali war erleichtert, als er den Herrn der Krähen auf dem Flughafen sah: Im dunklen Anzug, die Aktentasche in der Hand, sah er aus wie ein beliebiger New Yorker Geschäftsmann.
    Auf der Fahrt zum Hotel wurde nicht viel geredet. Machokali brachte ihn direkt in die Etage des Herrschers, ohne den Neuankömmling registrieren zu lassen, weil er jeden Hinweis auf den Besuch des Zauberers vermeiden wollte.
    „Brauchen Sie noch etwas?“, fragte Machokali, als er ihm sein Zimmer zeigte. „Nehmen Sie ein Bad, ziehen Sie sich um, und dann gehen wir zum Herrscher. Oder wie wär’s zunächst mit einem kleinen Imbiss?“
    Statt zu antworten, sah der Herr der Krähen erst zum Minister, dann zu A.G. , als überlegte er, wer wer war.
    „Kann mir einer von Ihnen sagen, weshalb der Herrscher mich sehen möchte?“
    „Entschuldigen Sie bitte, meine

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