Herr der Krähen
Geräusch: der Klang eines Megafons.
„Wir kennen den Klang dieses Megafons“, erklärte Kahiga. „Verraten Sie uns das Geheimnis, bitte“, flehte er inständig.
„Sie können mit nur wenigen Worten unsere Familien retten“, ergänzte Njoya.
„Bitte verraten Sie uns das Geheimnis, wie man Geld anbaut“, bedrängten sie ihn.
Jetzt war es endlich heraus. Sie alle, der Herrscher, Tajirika und diese beiden, waren nur auf das Geheimnis aus, wie Geld auf Bäumen wächst. Doch dieser Gedanke wurde jetzt von einer drängenderen Sorge überlagert: Was hatten sie über das Megafon gesagt?
In diesem Augenblick miaute die Katze wieder, zweimal hintereinander. Sie war wieder da. Und dann sah er Maritha und Mariko am anderen Ende des Kellers, die ihm ein Zeichen gaben, ihnen zu folgen.
Er traf eine schnelle Entscheidung. In der Vergangenheit war er durch Worte aus vielen brenzligen Situationen herausgekommen. Durch seine Worte. Aber er hatte sich in seinem selbst auferlegten Schweigen verfangen. Wer war er, wenn er keine Stimme hatte?
„Lasst mich in Ruhe“, sprach der Herr der Krähen plötzlich, nur um Kahiga und Njoya zu bewegen, von seinen Ohren abzulassen und ihm nicht weiter zu folgen.
Das erschrockene Paar zog sich zurück, doch als ihnen bewusst wurde, dass der Herr der Krähen tatsächlich gesprochen hatte, eilten sie wieder an seine Seite und hielten die Ohren dicht an seinen Mund. Er enttäuschte sie nicht.
„Es ist unnatürlich, wenn Geld Geld gebiert“, sprach er gereizt. „nur die Banken kennen das Geheimnis von Geld, das Geld produziert. Sie verbergen dieses Geheimnis in Anlagebüchern und auf Computerbildschirmen. Aber ich werde mir jetzt das Wort Gottes anhören“, sagte er energisch und ging los.
Njoya und Kahiga waren außer sich vor Freude. Hatte Tajirika deshalb Mwathirika Ltd. gegründet?
„Hier!“, rief Njoya, während Kahiga und er ihm rasch hinterherrannten.
„Wir haben es Ihrer Assistentin versprochen, erinnern Sie sich?“ sagte Kahiga und zog einen kleinen Plastikbeutel aus der Tasche. „In unserer Freude hätten wir es beinahe vergessen.“
„Die Haare, die Ihnen ausgefallen sind“, ergänzte Njoya, bevor er und Kahiga auf den Ausgang zusteuerten.
10
Die Besucherzahl in Kirchen und Moscheen war damals stark gestiegen, was vor allem daran lag, dass man in vielen religiösen Einrichtungen für die Vertreibung Satans, der inzwischen für alles stand, was im Land schieflief, betete und predigte. Einige religiöse Führer hatten sich vorbildlich für das Recht auf Versammlungsfreiheit eingesetzt und waren Helden der jungen Demokratie-Welle geworden.
Keine religiöse Einrichtung aber zog mehr Menschen so unterschiedlicher Glaubensrichtungen an wie die All Saints Cathedral. Orthodoxe und Nicht-Orthodoxe, Christen und Nicht-Christen, sie alle kamen. Widerstreitende Meinungen über den Ursprung der Popularität dieser Kathedrale gibt es bis heute.
Einige sagten, der Anfang läge in der Zeit, als Maritha und Mariko jede Woche die Geschichten ihrer seltsamen Begierden und ihres Kampfes gegen Satan erzählten, und verwiesen darauf, dass viele derer, die nur in die Kathedrale gekommen waren, um von den Versuchungen des Paares zu erfahren, der Kirche beigetreten waren, auch dann noch, als das Paar bereits nicht mehr sein Herz öffnete.
Andere behaupteten, der Aufstieg dieser Kirche habe einige Zeit vor den Beichten Marithas und Marikos begonnen. Sie datierten den Beginn auf jenen Sonntag, an dem Bischof Kanogori die Dämonen vertrieb, die der Herrscher, der in Nachahmung Christi auf einem Esel geritten kam, in das Gebäude geschleppt hatte.
Wieder andere beharrten darauf, dass man gar nicht über die Person Bischof Kanogoris hinausgehen müsse. Sein guter Ruf, am hellen Tag die Anliegen auszusprechen, die sich andere nur nachts zuflüsterten, sei so sehr in aller Munde, dass mancher glaube, er würde sich mit Gott austauschen.
Viele kamen nur in die Kirche, um seine Auslegung der Bibel zu hören. Zu den populärsten Interpretationen gehörte seine Wiedergabe der Bergpredigt. Wenn er mit leicht bebender Stimme deklamierte, dass die Armen das Erdenreich besitzen sollen, konnte man überall deutlich die zustimmenden Seufzer hören.
Es wird erzählt, dass dem Herrscher diese Freimütigkeit missfiel, und als nun eines Abends einige Schläger Kanogoris Haus überfielen und ihn verprügelten, nahm jeder in Aburĩria an, dass das State House dafür verantwortlich war. Die Schläger
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