Herr der Krähen
Erholung und den plötzlichen Rückfall ausschwieg, gar nicht erst, ihn zurückzuhalten. Kamĩtĩ nahm den Spiegel wieder weg, sein Blick und der Tajirikas waren starr geradeaus gerichtet. Er schien darum zu betteln, den Spiegel wieder an seinen Platz gestellt zu bekommen.
„Ich werde dir erlauben, in den Spiegel zu schauen“, sagte der Herr der Krähen freundlich, sanft und deutlich, als wollte er ein Kind mit der Aussicht auf eine Süßigkeit ködern, „aber erst müssen wir zwei uns unterhalten. Wenn ich den Spiegel wieder hinstelle, versprichst du mir dann, dich zu bemühen, die Worte auszusprechen, die in dir festsitzen? Wirst du mir erlauben, deine Gedanken zu vervollständigen?“
Tajirika nickte ungeduldig, als würde er alles tun, um noch einmal den Spiegel sehen zu dürfen. Kaum hatte der Herr der Krähen den Spiegel hingestellt, begann Tajirika erneut, sich zu kratzen, und murmelte zahllose „Wenns“ vor sich hin.
Jetzt schien die Stimme des Herrn der Krähen direkt aus dem Spiegel zu kommen.
„Spuck die Worte aus, die guten wie die schlechten!“
„Wenn …“, setzte Tajirika an und stockte.
„Weiter“, drängte der Herr der Krähen.
„Nur meine …“, fügte Tajirika stockend hinzu.
„Mehr.“
„Haut …“
„Nicht aufhören.“
„Nicht …“
„Gut, weiter so …“
„Schwarz wäre.“
Tajirika unterbrach sich, als müsste er erst wieder zu Atem kommen, bevor er den nächsten Berg erklomm. Wieder erhob sich die befehlende Stimme im Spiegel.
„Denk den Gedanken zu Ende. Den guten und den bösen. Denk den Gedanken zu Ende!“
„Wenn ich …“
„Ja!“
„Doch nur …“
„Nicht aufhören!“
„Weiß wäre … wie ein … richtiger … Weißer …“, sagte Tajirika, der jedes Wort beinahe buchstabierte, als lernte er lesen.
„Na also! Endlich hast du den trügerischen Gedanken ausgesprochen!“, gratulierte der Herr der Krähen und nahm den Spiegel aus dem Fenster.
Tajirika gierte nicht mehr nach dem Spiegel und sein Gesicht strahlte wie schon seit Wochen nicht mehr. Ehrfürchtig schaute er den Herrn der Krähen an.
„Ich möchte, dass du deine Gedanken jetzt ohne Hilfe des Spiegels aussprichst“, befahl ihm der Herr der Krähen.
„Wenn … nur meine … Haut … nicht … schwarz … wäre! Wenn ich doch nur weiß wäre!“, sagte Tajirika triumphierend wie ein Kind, das zum ersten Mal einen ganzen Satz gelesen hat, ohne sich zu verhaspeln. Eine Last war ihm vom Herzen gefallen, und nachdem er seine geheimen Wünsche ausgesprochen hatte, wandte er den Kopf von dem kleinen Fenster ab und sah seine Frau an. Sein Gesicht strahlte vor umfassender Dankbarkeit, wie das eines Gläubigen, der gerade seine Sünden gebeichtet und sich in die Hände von Jesus als seinem persönlichen Erlöser begeben hat.
„Du hast es selbst gehört“, wandte sich der Herr der Krähen jetzt an Vinjinia. „Die Dämonen des Weißseins haben von deinem Mann in der Nacht Besitz ergriffen, als er mit diesen drei Säcken voller Geld nach Hause gekommen ist. Erinnerst du dich noch, wie du mir erzählt hast, er hätte nach dem Zählen des Geldes die Füße auf den Tisch gelegt und die Augen geschlossen? Das war die Stunde des Unheils! Als er in die Zukunft schaute, wurde ihm plötzlich klar, er würde, so schnell wie das Geld hereinkam, schon bald der reichste Mann Afrikas sein, doch das Einzige, was ihm fehlte, um ihn von allen anderen reichen Schwarzen zu unterscheiden, wäre die weiße Hautfarbe. Seine Hautfarbe stand zwischen ihm und dem Himmel seiner Begierden. Und wenn er sich im Gesicht kratzte, drängten ihn die Dämonen in seinem Innern, sich von seinem Schwarzsein zu lösen und eine Verbindung mit dem Weißsein einzugehen. Kurz, er leidet an einem schweren Fall von Weiß-Wahn.“
Tajirika nickte fortwährend, um zu zeigen, wie sehr auch er jedem Wort der Diagnose zustimmte. Er war glücklich und erleichtert, weil er sich schon mit diesem Selbsthass herumgeschlagen hatte, bevor er zu dem Geld gekommen war. Aber er konnte ihn stets unterdrücken. Jetzt war es diesem Hexer, dank der Krankheit und Vinjinia, die ihn hergebracht hatte, gelungen, ihn zu diesem Bekenntnis zu bewegen. Bis zum heutigen Tag gab es niemanden, mit dem er sein Geheimnis hätte teilen können, jetzt aber hatte er das Gefühl, als wären die Anwesenden Zeugen seines bevorstehenden Paktes mit seinem weißen Schicksal.
Kurz darauf befiel ihn jedoch eine tiefe Traurigkeit. Menschen konnten nicht einfach nach
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