Herr der Moore
nicht in Campbells Namen. Auf dem Weg zur Tür schnauzte er sie an: »Bauerntrampel. Mist schaufeln, mehr könnt ihr nicht.«
Sie schauten ihn finster an, rührten sich aber nicht.
Das Klirren der Scherben, die Sarah im Mülleimer entsorgte, blieb das einzige Geräusch im Lokal.
Als Campbell, ehe er hinausging, über die Schulter sah, stellte sie dem Fremden gerade ein frisches Bier hin und lächelte.
Er spuckte auf den Fußboden und trat in den Morgennebel. Da der Wind abgeflaut war, hing der kalte Dunst nun wie nasse Lappen um den Doktor, in dem die Emotionen überkochten.
Dieser Drecksack, dieser Tunichtgut. Ich hätte ihm sein faules Gebiss in den Rachen rammen sollen. Er wusste, dies waren hohle Gedanken, die aber genügten, um ihm Linderung zu verschaffen. Dazu stellte er sich vor, wie der große Mann mit blutigem Mund rückwärts von seinem Hocker rutschte und große Augen machte, da ihn ein ältlicher Landarzt aufs Kreuz legte. Die Verbände mochten dabei abfallen, um Sarah und den spottenden Bauern das abstoßende Antlitz zu präsentieren, das vorhin noch selbstgefällig hinter ihrem Rücken gegrinst hatte.
Jetzt tat er es und knöpfte seinen Mantel zu. Der Flachmann in der Tasche wog angenehm schwer, als er mit zusammengezogenen Schultern nach Hause ging.
***
Als Grady und Kate die Küche betraten, standen zwei lächelnde Köpfe auf dem Tisch. Mrs. Fletcher hantierte mit einem verboten scharfen Messer, säbelte einem dritten den Skalp ab und streckte die Zunge im Mundwinkel heraus, während sie sich anstrengte, das Fleisch aufzuschneiden.
»Sehr gut«, freute sich Grady. »Sie waren nicht müßig.«
Kate, die nach seinen Ausführungen immer noch verstört war, versuchte zu strahlen und trat neben die Haushälterin, um mit einer Hand über die orangefarbene Haut eines Kürbisses zu fahren. »Kaum zu fassen, dass Sie schon zwei davon ausgehöhlt haben.«
Mrs. Fletcher hielt inne, um sich die Stirn abzuwischen. »Na ja, hätte ich auf Sie beide gewartet, wäre immer noch nichts getan.«
»Die sehen fantastisch aus.«
Die dicken Früchte glänzten noch, weil sie just auf dem Feld hinterm Haus geerntet worden waren. Während weite Teile des Ackers nach langen Jahren brachlagen, nutzte man das Land unmittelbar hinter dem Gemäuer zum Anbau von Kartoffeln, Kohl und Karotten, Pastinaken, Rüben und Zwiebeln, Salat sowie gelegentlich eben auch Kürbissen, gleichwohl im geringeren Maße als zu Zeiten, da der Hausherr noch selbst mit angepackt hatte.
Bevor Gedanken an ihren Vater Kate in Beschlag nehmen konnten, ging sie um den Tisch und fing an, die Innereien der Kürbisse zusammenzuraffen, die einen Haufen hinter den orangen Köpfen bildeten. »Wo soll ich das entsorgen?«, fragte sie Mrs. Fletcher mit angeekeltem Gesichtsausdruck, denn das Fruchtfleisch fühlte sich kalt an und war glitschig.
»Legen Sie es fürs Erste in den Spülstein, meine Liebe.«
Kate tat es und wusch sich unverzüglich die Hände, obwohl sie wusste, dass sie gleich wieder zulangen würde. Unterdessen schaute sie aus dem kleinen Fenster über dem Becken. »Ich bin diesen Nebel so leid. Dabei fing der Tag so schön an.«
Mrs. Fletcher nahm es gelassen. »Das tun sie doch alle, nicht wahr?«
»Stimmt auch wieder.« Kate trocknete ihre Hände an einem Tuch ab, das am Schrank unter dem Becken hing. »Haben Sie Neil schon gesehen?«
Die Haushälterin seufzte. »Als er heimkam, sah er ein wenig gerädert aus. Worüber er sich wohl wieder Gedanken gemacht hat? Jedenfalls meinte er, es ginge ihm gut, und er sei nur müde.«
»Wo steckt er jetzt?«
»Er ist aufs Feld gegangen, um eine Rübe zu holen.«
Grady lachte. »Dann setzt er seinen Plan wirklich in die Tat um?«
»Sieht so aus.« Die alte Frau stützte den Unterarm auf den Deckel eines Kürbisses und fügte hinzu: »Ehrlich, manchmal habe ich das Gefühl, der Junge sei adoptiert. Die Behäbigkeit seines Vaters hat er definitiv nicht geerbt, und seine Mutter hat sich auch nie überarbeitet.« Sie fing wieder zu sägen an und nickte zufrieden, als der Stielansatz der Frucht auf die Tischplatte fiel.
Kate wählte eines der Messer, die Mrs. Fletcher auf der Arbeitsfläche neben dem Waschbecken ausgelegt hatte, und gesellte sich wieder zu ihr an den Tisch, um beim Verschönern des vierten und letzten Kürbisses mitzuhelfen. »Grady, ich dachte, Sie wollten mir hierbei helfen.«
»Genau. Er hat es versprochen«, stimmte Mrs. Fletcher schief lächelnd zu, »aber wie es
Weitere Kostenlose Bücher