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Herr der Moore

Herr der Moore

Titel: Herr der Moore Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kealan Patrick Burke
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Panik kam ihr nur ein Satz in den Sinn, der die Lage entschärfen mochte: »Ich sage es Mutter.« Zu spät realisierte sie, wie kindisch und zwecklos diese Drohung war; Donald krümmte sich bereits vor Lachen, und nicht nur er. Ihre Äußerung riss auch einige Beobachter, die nicht mehr tanzten, zu heiterem Wiehern hin.
    Hilflos musste sie sich von Neil zur Seite schieben lassen. Er trat vor; Schatten schraffierten seine Züge, und seine blinden Augen funkelten. Donald sammelte sich und richtete sich zu voller Größe auf, ballte die Fäuste und zeigte sich schließlich zu allem bereit.
    Die Musik verklang, sodass man wieder leisen Donner sowie das ununterbrochene Geschnatter der Anwesenden vernahm.
    »Neil!« Kate eilte durch die Menge herbei. Sie war blass und außer sich. »Was wird hier gespielt?«
    Er beachtete sie nicht. Schatten zogen sich von den Wänden zurück. Niemand tanzte mehr, und die Luft flimmerte vor Spannung.
    »Ihr da«, rief jemand, als sich die Aufpasser im Saal von den Wänden aus ins Rund schlugen, wo ihnen jedoch niemand den Weg räumte. Stattdessen rümpfte man die Nase und lachte weiter, denn den Ausfall, der bevorstand, wollte sich keiner der Feiernden entgehen lassen.
    Tabitha ließ sich vom Einschreiten der Erwachsenen ablenken und bemerkte deshalb nicht, dass Donald sie bedrängte. Sie erschrak, als er eine Hand in ihrem Schopf vergrub. Bis sie sich wehren konnte, zog er ihren Kopf so unsanft zurück, dass ihre Halswirbel knackten. »Dich knöpfe ich mir später vor«, wisperte er ihr ins Ohr und drückte sie aus dem Weg. Sie stürzte über ihre eigenen Füße, konnte aber noch die Hände ausstrecken, um nicht mit dem Gesicht am Boden aufzuschlagen.
    Dann trat Donald zu Neil. »Alsdann, Milchgesicht. Auf diesen Moment habe ich ewig gewartet.«
    Kate hatte sie mittlerweile erreicht, musste sich jedoch unerwarteterweise von einigen älteren Knaben aus Merrivale zurückhalten lassen. Sie hatten sich als Gerippe verkleidet und glotzten das Mädchen nun mit ihren Schädelmasken an. Sie versuchte, gegen den menschlichen Wall anzulaufen.
    »Lass bleiben, Liebes«, gluckste einer. »Ich wette auf den Dicken.«
    »Dauert bestimmt nicht lang«, erwog ein Zweiter.
    Kates Kostüm riss auf, als sie sich gegen die Jungen stemmte. Sie schrie Neils Namen, aber er reagierte nicht.
    »Jemand will dich kennenlernen«, fuhr Donald fort. Er wippte leicht auf seinen Fußballen. »Unversehrt brauch ich dich aber nicht abzuliefern.«
    Neil blieb völlig still. Er hatte die Schultern zurückgezogen und hielt beide Fäuste vors Gesicht. »Wieso hältst du nicht dein Maul und lässt Taten sprechen, du fetter Idiot?«
    Donald steigerte sich bewusst in seine Rage hinein. »Gleich, mein Freund«, kündigte er an und holte aus.
    »Nein, nicht!« Kate drückte sich so vehement gegen die Gruppe aus Merrivale, dass man ihr nur noch mühselig Einhalt gebieten konnte.
    Donald grinste und schlug zu. Der Hieb zielte genau auf Neils Kiefer.

17

    »Ich schließe«, gab Sarah Laws im für sie üblich unpersönlichen Ton bekannt.
    Fowler hielt sein Glas hoch. »Einen noch für den Weg bitte.«
    »Wenn Sie so denken, sollten Sie gar nichts trinken. Sie hatten sowieso genug.« Sie nahm ihm das Glas ab und wischte der Form halber einmal zwischen seinen Ellbogen über die Tischplatte. »Sie gehen jetzt besser.«
    Er bedachte sie mit einem mitleiderregenden Lächeln; der übermäßige Alkoholkonsum hatte ihm melancholische Gedanken eingegeben.
    »Ich verziehe mich ja.«
    »Gut.« Sie kehrte zum Tresen zurück.
    »Aus dem Dorf, meine ich.«
    Sie blieb nicht stehen, schwankte nicht einmal kurz, und dies enttäuschte ihn schwer. Gerade in dieser Nacht hätte er ein ausgiebiges Gespräch gut gebrauchen können, doch Sarah Laws ging wie immer zur Tagesordnung über, als unterscheide sich der Krämer kaum von anderen Betrunkenen, denen sie sieben Tage die Woche zuhören musste. Vermutlich war er auch gar nicht so anders. Für etwas Besonderes hatte er sich ohnehin nie gehalten. Im Laufe der Jahre waren Falten hinzugekommen, und seine Haut hing schlaff herab, wo sie einst straff gewesen war. Er hatte zugenommen, und nun schob sich sein Wanst über den Gürtel, während die verfluchte Trinkerei Blutgefäße an Wangen und Nase platzen ließ. Sein Teint nahm allmählich die Farbe von Frühstücksfleisch an, wohingegen sein einst fülliger Blondschopf schütter und grau wurde.
    »Nur noch einen«, rief er laut, weil er nach dieser optischen

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