Herr der Schlangeninsel
gehört, wenn man zu Dankbarkeit verpflichtet ist. Tim, du solltest ihn
wieder fesseln und auf den Stuhl setzen. Eine halbe Stunde später führen uns
dann die Chinesen zu Nick.“
„Wenn wir unmenschliche Terror-Typen
wären, denen der Erfolg die Mittel heiligt, hätten wir damit die richtige
Masche drauf. Aber leider läßt unsere gute Erziehung das nicht zu. Trotzdem muß
ich Ihnen sagen, Demetrios: Sie sind ein Armleuchter.“
Der Grieche war nicht beleidigt.
„Ihr müßt mich verstehen. Einerseits
will ich mit meinem Bruder nichts zu tun haben. Weil er ein Dieb ist.
Andererseits kann ich ihm meine Hilfe nicht versagen. Und niemals darf ich ihn
verraten. Weder euch noch anderen. Er und seine Leute befinden sich in einem
Versteck. Ich muß es Nicks Entscheidung überlassen, was er tun will. Vielleicht
wird er mit euch zusammentreffen. Vielleicht nicht.“ Er hob die Achseln. „Wir
werden sehen.“
„Wir werden sehen“, äffte Tim ihm nach.
„Und sonst? Sie müssen die Polizei einschalten. Die Chinesen haben Sie
entführt, bedroht und geschlagen.“
Demetrios schüttelte abermals den Kopf.
„Keine Polizei. Die beiden Beamten, die hier Dienst machen, sind alt und dick.
Ich will sie nicht aufregen. Sie könnten nichts ausrichten gegen die Chinesen.
Aber selbst wenn es gelänge, die Verbrecher festzunehmen, würde das nur Fragen
aufwerfen — und damit neue Schwierigkeiten für meinen Bruder.“
„Prachtvoll!“ sagte Tim. „So muß eine
Familie zusammenhalten. Der eine klaut, und der andere legt seine Ehre ein,
damit dem Dieb nichts geschieht.“
Tim überlegte. Gab es eine Möglichkeit,
über Demetrios an den Meisterdieb heranzukommen? Mit der Brechstange ging gar
nichts. Der Tauchlehrer war fest entschlossen, die Familienehre hochzuhalten.
Entweder Nick Klaudonia ließ sich auf Verhandlungen über den Jade-Tiger ein,
oder die TKKG-Bande entdeckte das Versteck, indem sie Demetrios ausdauernd und
rund um die Uhr beschattete. Denn irgendwann würden die Brüder sich treffen.
Weder Nick noch Antonia oder Edgar konnten sich frei bewegen. Die Gefahr, von
den Chinesen entdeckt zu werden, war zu groß. Also war Demetrios sicherlich der
einzige, der die drei in ihrem Versteck versorgen konnte — mit Fressalien,
Wein, Zeitungen und was der Mensch sonst noch braucht.
„Hauen wir erst mal hier ab“, knurrte
Tim. „Bevor die Chinesen zurück sind und das Feuer eröffnen. Sie sind jetzt
nachdrücklich gewarnt, Demetrios. Am besten, Sie schlafen im Feriendorf. Und
nicht in Ihrem Haus. Haben Sie Familie?“
„Meine Familie ist vor vier Jahren bei
einem Schiffsunglück umgekommen. Ich lebe allein. Nick und ich sind die
letzten, die unseren Namen tragen. Ja, du hast recht. Ich bleibe im Feriendorf
und gehe den Chinesen aus dem Weg.“
Außerdem, dachte Tim, haben wir dich
dann besser unter Kontrolle.
19. Ein Verrückter auf Tykopulos?
Kurt, der Jugendbetreuer, hatte Wort gehalten.
Im TKKG-Bungalow wartete ein großes
Tablett, beladen mit Braten, geräuchertem Fisch, Brot, Käse, Salaten und den
herrlichsten Früchten. Die Mini-Bar im Wohnraum war gefüllt mit Mineralwasser
und Limonade. Klößchen stieß Entzückensschreie aus und nahm sich kaum die Zeit
zum Händewaschen. Am liebsten hätte er sich sofort über das Abendessen
hergemacht. Aber da kam er schlecht an bei Gaby.
„Du wartest! Wir decken auf der
Terrasse. Und essen zusammen.“
Es dunkelte. Blaue Schatten hingen
zwischen Palmen und Zypressen. Zikaden (tropische Grillen) geigten, als
wären sie auf einem Open-air-Festival. Der Himmel war hoch und tiefblau.
Ungezählte Sterne funkelten. Die TKKG-Bande bewunderte das Kreuz des Südens —
das Sternbild des südlichen Himmels.
Tim, Gaby und Karl aßen nur wenig, weil
es schon spät war. Klößchen programmierte sich auf Alpträume, indem er den Rest
vertilgte.
„Morgen krallen wir uns ein Kanu“,
sagte Tim, „und rudern zur Schlangeninsel Tykopulos. Ist wahrscheinlich der
günstigste Tag. Denn unmittelbar nach den Ereignissen des heutigen Abends
werden weder Demetrios noch die Chinesen irgendwas unternehmen. Der Tauchlehrer
schläft vorn im Verwaltungsgebäude. Damit ist er in Sicherheit. Wu und Zhuo
beobachten sicherlich die Villa Parthenon, weil sie damit rechnen müssen, daß
Demetrios die Polizei eingeschaltet hat. Daß dem nicht so ist, merken sie noch
rechtzeitig. Und natürlich können sie sich auch denken, weshalb ihr
entfleuchtes Opfer so schüchtern tut. Alles hängt mit
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