Herr der Schlangeninsel
einen Gruß.
Zwischen den Häusern war es schattig
und angenehm kühl.
Demetrios führte seine Verfolger eine
ansteigende Gasse hinauf. Hier waren nur wenige Menschen zu sehen — meistens
Fischer, die aus dem Hafen heimkehrten.
Schließlich öffnete Demetrios ein
kleines Tor in einer hohen Mauer und trat auf den Hof, der zu einem alten Haus
gehörte. Alle Fensterläden waren geschlossen.
„Ich vermute, hier wohnt er“, sagte
Tim.
Die TKKG-Bande blieb hinter einem
Mauervorsprung.
„Ob Nick und die andern dort sind?“
fragte Karl.
„Wäre leichtsinnig. Andererseits fühlen
sie sich sicher. Im Moment noch. Das ändert sich natürlich, wenn Demetrios
ihnen von uns erzählt. Und von den beiden Chinesen. Ich werde mal ganz frech
reinspazieren und...“
Er stockte.
Denn in diesem Moment öffnete sich das
Tor.
Und heraus auf die Gasse trat — Dahong
Wu, genannt der Iltis.
Tim und seine Freunde zuckten hinter
den Mauervorsprung zurück.
„Verdammt!“ zischelte der
TKKG-Häuptling. „Die sind cleverer als wir.“
Er schielte um die Ecke.
Wu trug noch dasselbe Hawaii-Hemd wie
nachmittags, blickte aufmerksam in alle Richtungen und hielt die rechte Hand
dicht am Oberschenkel.
Erst als der Chinese sich zur Seite
drehte, sah Tim die Pistole. Wu richtete die Mündung zu Boden. Aber es bestand
kein Zweifel, daß dieser Gangster auf jeden schießen würde, der sich ihm in den
Weg stellte.
Niemand war in der Nähe. Wu wandte sich
zum Tor, sagte was.
Demetrios wurde auf die Gasse geschoben.
Zhuo, ebenfalls mit einer Pistole bewaffnet, stieß ihn vor sich her. Der
Grieche taumelte. Auf seiner Stirn schwoll eine Beule an. Also hatten sie ihn
geschlagen.
„Sie nehmen ihn mit“, flüsterte Tim.
„Sie verschleppen ihn. Auf seinem Hof haben sie gelauert. Das bedeutet, Nick
und Konsorten sind nicht im Haus. Sonst wäre dieser Menschenraub überflüssig.
Sie nehmen ihn mit, vermute ich, weil sie sich in seinem Haus nicht sicher
fühlen. Vielleicht kommen Freunde, Nachbarn, Verwandte. Jetzt müssen wir
doppelt vorsichtig sein.“
„Die wollen natürlich von ihm wissen,
wo Nick ist“, sagte Klößchen. „Ist doch sonnenklar. So was erkenne ich sogar
mit knurrendem Magen.“
Tim beobachtete die drei.
Wu und sein Komplize hatten den
Griechen in die Mitte genommen. Er stolperte. Seine Knie wackelten. Aber wer
nicht genau hinsah, konnte meinen, daß da drei Freunde heimwärts marschierten —
drei Typen, die ein Glas Wein zuviel getrunken hatten.
„Beide haben Pistolen“, sagte Tim. „Wir
können nicht eingreifen. Sonst schießen sie uns über den Haufen. Gaby, du
bleibst bitte außer Sichtweite. Willi als dein Schutz weicht dir nicht von der
Seite. Okay, Willi? Karl und ich werden die drei verfolgen — und dann sehen,
was zu tun ist.“
18. Befreit
Das Haus lag drei Geh-Minuten außerhalb
von Dikti Sfakion, ein Stück den Hang hinauf, wo prächtige Büsche rote und
violette Blüten in die Sonne hielten.
Ein Sandweg, mit Steinen eingefaßt,
führte zu dem Haus. Mit dem Auto konnte man ihn nicht befahren, aber Tim
bemerkte die Spuren von Fahrrad-Reifen.
Vorsichtig folgten er und Karl den
Chinesen und ihrem Opfer. Der Weg war kurvenreich, und die hohen Büsche
schirmten ab.
Als Tim unter Zweigen hindurchspähte,
sah er gerade noch, wie die drei in dem Haus verschwanden.
„Villa Parthenon“, sagte Karl und wies
auf ein Schild, das die Büsche überragte. „Zu vermieten. Nachgefragt bei Makler
Costas Agnastakos. Telefon... Auf englisch steht’s richtig da. Die Chinesen
haben sich also eine Villa gemietet. Und was sonst hier zu tun ist, das wußten
sie schon, bevor sie hier waren, Xiang-Beutezahns Arm reicht weit. Die
kriminellen Beziehungen sind heutzutage besser als die diplomatischen.“
„Du sagst es. Unsereins kommt sich vor
wie ein Zaungast, ein unerwünschter.“
Geduckt pirschten sie weiter.
Das Haus war umsponnen von Büschen und
Bäumen, war zweistöckig, hatte blaue Fensterläden und weiße Mauern. Die
Eingangstür hatte man ochsenblutrot angemalt. Im Obergeschoß wölbten sich vier
kleine Balkone mit schmiedeeisernen Geländern vor hohen Fenstertüren.
„Das Gelände ist günstig“, sagte Tim,
„wie gemacht zum Anschleichen. Wir umrunden die Hütte, ducken uns an die Mauer
und gucken in die Fenster. Die Pistolen machen mir Kopfschmerzen. Ohne die wäre
Demetrios’ Befreiung keine Affäre. Aber ich möchte hier nicht gern den
Touristen-Tod sterben — hingemeuchelt von einem
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