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Herr der Träume

Herr der Träume

Titel: Herr der Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roger Zelazny
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skandhas und nicht mit einfachen Neurosen. Du versuchst das Selbstverständnis dieser Frau und ihre Welterkenntnis zu verändern. Dazu verwendest du den ONT&R. Es ist dasselbe, als würdest du mit einem Geisteskranken oder einem Affen experimentieren. Es mag alles gut aussehen, aber jeden Augenblick mag es geschehen, daß du etwas tust, ihr etwas zeigst oder eine Art des Sehens zeigst, das in ihr Selbst einbricht, ein skandha zerstört, und puff! – der Grund des Teiches bricht ein. Ein Strudel entsteht, und wohin wird er dich ziehen? Ich möchte dich nicht als Patienten, junger Mann, und daher rate ich dir, das Experiment abzubrechen. Der ONT&R sollte nicht für solche Zwecke verwendet werden.«
    Render schnippte seine Zigarette ins Feuer und zählte an seinen Fingern ab:
    »Erstens«, sagte er, »machst du aus einem Kiesel einen mastischen Berg. Ich tue nichts anderes, als ihr Bewußtsein für ein zusätzliches Wahrnehmungsgebiet aufnahmebereit zu machen. Viel davon ist nichts anderes als eine einfache Überführung von den übrigen Sinnen. Zweitens waren ihre Emotionen anfänglich ziemlich intensiv, weil es sich tatsächlich um ein Trauma handelte. Aber dieses Stadium haben wir bereits hinter uns; jetzt ist es nur noch eine Neuheit für sie, bald etwas Gewöhnliches. Drittens ist Eileen selbst Psychiater. Sie hat diese Dinge studiert und ist sich voll bewußt, wie heikel die Sache ist. Viertens ist ihr Identitätsgefühl, sind ihre Wünsche oder skandhas, oder wie du sie nennen willst, so unerschütterlich wie der Felsen von Gibraltar. Bist du dir bewußt, was für einen Blinden dazu gehört, die Ausbildung zu erreichen, die sie besitzt? Dazu gehört ein Wille von gehärtetem Stahl, die emotionelle Kontrolle eines Asketen, sowie ...«
    »... Und wenn etwas derartiges Starkes in einem zeitlosen Augenblick der Ängstlichkeit bricht« – Bartelmetz lächelte traurig –, »dann mögen dir die Schatten von Sigmund Freud und Karl Jung im Tal der Finsternis beistehen. – Und fünftens«, fügte er hinzu und sah Render tief in die Augen: »Ist sie hübsch?«
    Render wandte sein Gesicht dem Feuer zu.
    »Sehr geschickt«, seufzte Bartelmetz. »Im Schein der Flammen kann ich nicht feststellen, ob du errötest oder nicht. Ich fürchte, du tust es, und das bedeutet, daß du dir bewußt bist, daß du selbst der auslösende Stimulus sein könntest. Ich werde heute abend vor dem Bild Adlers eine Kerze anzünden und beten, er möge dir die Kraft verleihen, das Duell mit deinem Patienten zu gewinnen.«
    Render sah zu Jill hinüber, die immer noch schlief. Er strich ihr eine Locke aus dem Gesicht.
    »Solltest du jedoch die Behandlung fortsetzen und Erfolg damit haben«, sagte Bartelmetz, »so werde ich mit großem Interesse deinen Bericht darüber lesen. Habe ich dir eigentlich erzählt, daß ich mehrere Buddhisten behandelt habe, aber niemals auf ein ›wahres Ego‹ gestoßen bin?«
    Die beiden Männer lachten.
     
    Wie ich, aber nicht wie ich, der da an der Leine, riecht nach Angst, klein, grau und sieht nicht. Grrr, und er erstickt an seinem Halsband. Sein Kopf ist leer wie der Ofen, bis sie auf den Knopf drückt und Essen macht. Ich spreche, und sie verstehen nie, aber sie sind wie ich. Eines Tages werde ich einen töten – warum? ... Biegung.
    »Drei Stufen hinauf. Glastür. Klinke rechts.«
    Warum? Vorne Stiegen. Unten Park. Riecht gut dort. Gras, feuchte Erde, Bäume und reine Luft. Ich sehe. Aber Vogelgezwitscher auf Band. Ich sehe alles. Ich.
    »Treppe. Vier Stufen.«
    Hinunter. Ja. Möchte laute Geräusche in der Kehle machen, fühle mich dumm. Rein, glatt, viele Bäume. Gott ... sie sitzt gerne auf der Bank, kaut Blätter und riecht reine Luft. Kann nicht sehen wie ich. Vielleicht jetzt, etwas ...? Nein.
    Kann nicht böser Sigmund hier auf dem Gras, Bäume. Muß es zurückhalten. Schade. Bester Platz ...
    »Achtung Stufen.«
    Geradeaus. Nach rechts, nach links, nach rechts, nach links, Bäume und Gras jetzt. Sigmund sieht. Gehen ... Doktor mit Maschine gibt ihr seine Augen. Grrr, und er erstickt nicht. Kein Angstgeruch.
    Grabe tiefes Loch in den Boden, begrabe Augen. Gott ist blind. Sigmund zum Sehen. Ihre Augen jetzt voll, und er hat Angst vor Zähnen. Wird sie sehen machen und hoch in den Himmel nehmen zu sehen, weg. Läßt mich hier, läßt Sigmund mit niemanden zu sehen, allein. Ich werde ein tiefes Loch in den Boden graben ...
     
    Es war zehn Uhr vorbei, als Jill erwachte. Sie brauchte sich nicht umzudrehen,

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