Herr der Träume
Raketen nach allen Richtungen.
Die Welt zerfiel, und Render fing die Stücke auf.
Er schuf absolute Schwärze und schirmte jedes Gefühl außer dem der Vorwärtsbewegung ab.
Nach einiger Zeit erschien gedämpftes Licht, und sie befanden sich immer noch im Flitzer. Die Fenster waren undurchsichtig, und die Luft wurde beim Atmen zu einer heilenden Salbe.
»Mein Gott!« sagte sie. »Die Welt ist so voll. Habe ich wirklich all das gesehen?«
»Ich hatte dies eigentlich heute noch nicht vorgehabt, aber du wolltest es. Du erschienst dafür bereit.«
»Ja«, sagte sie, und die Fenster wurden wieder durchsichtig. Sie wandte sich rasch ab.
»Es ist weg«, versicherte er ihr. »Ich wollte dir nur einen Blick bieten.«
Sie sah hinaus, und draußen war es jetzt dunkel, und sie fuhren über eine hohe Brücke. Sie fuhren langsam. Ansonsten gab es keinen Verkehr. Unter ihnen befanden sich Fabrikanlagen, und hin und wieder stoben Funken aus einem Schornstein. Sterne standen am Himmel. Sie spiegelten sich im Wasser unter der Brücke und ließen die Umrisse der Gebäude am Horizont erkennen. Langsam wanderten die Streben der Brücke vorbei.
»Du hast es geschafft«, sagte sie, »und ich danke dir.« Und nach einer Weile: »Wer bist du wirklich?«
»Ich bin Render.« Er lachte. Sie fuhren durch die nun leere Stadt und gelangten schließlich zu ihrem Klub und bogen in die Garage ein.
Drinnen studierte er genauestens ihre Gefühle und war bereit, die Welt jederzeit verschwinden zu lassen. Er glaubte jedoch nicht, daß es nötig werden sollte.
Sie verließen das Auto und betraten das Lokal. Er hatte beschlossen, daß es an diesem Abend nicht voll sein würde. Man führte sie an ihren Tisch in dem kleinen Zimmer mit der Ritterrüstung, und sie setzten sich und bestellten die gleichen Speisen nochmals.
Er sah an sich hinab und bemerkte: »Nein, sie gehört dorthin.«
Die Rüstung erschien wieder neben dem Tisch, und er war wieder in seinen grauen Anzug mit der schwarzen Krawatte gekleidet.
Sie lachten.
»Ich bin einfach nicht der Typ, der in einem Blechanzug umherläuft, und daher hätte ich gern, daß du aufhörst, mich so zu sehen.«
»Entschuldige bitte.« Sie lächelte. »Ich weiß nicht, wie ich das getan habe und warum.«
»Aber ich, und ich lehne die Ernennung ab. Außerdem mahne ich dich nochmals zur Vorsicht. Du bist dir der Tatsache bewußt, daß all dies Illusion ist. Ich mußte es auf diese Weise tun, damit dir die volle Wirkung zugute kommt. Für die meisten meiner Patienten jedoch ist es die Wirklichkeit, solange sie ihr ausgesetzt sind. Ein Gegentrauma oder eine symbolische Handlung wird dadurch noch wirkungsvoller. Du jedoch bist dir der Spielregeln bewußt, und dies verleiht dir eine andere Art von Kontrolle darüber als die, mit der ich es normalerweise zu tun habe. Sei bitte vorsichtig.«
»Es tut mir leid. Das habe ich nicht beabsichtigt.«
»Ich weiß. Hier kommt das Essen, das wir vor kurzem zu uns genommen haben.«
»Puh! Es sieht gräßlich aus! Haben wir wirklich all das gegessen?«
»Ja.« Er lachte in sich hinein. »Das ist ein Messer, das eine Gabel und das ein Löffel. Hier hast du einen Rostbraten, Kartoffelbrei, Erbsen. Das ist Butter ...«
»Himmel! Ich fühle mich nicht gut.«
»Salate mit Soßen, eine Forelle ... mm! Pommes frites. Hier eine Flasche Wein. Hmm, mal sehen – Romanee-Conti, nachdem ich ihn nicht zu bezahlen brauche, und eine Flasche Yquem zur Fore ... Hallo!«
Der Raum begann zu schwanken und zu flimmern.
Er leerte den Tisch und ließ das Restaurant verschwinden. Sie befanden sich wieder auf der Lichtung. Durch den durchsichtigen Stoff der Welt hindurch sah er, wie eine Hand über ein Schaltpult glitt. Knöpfe wurden gedrückt. Die Welt wurde wieder solide. Der leere Tisch stand nun neben dem Teich. Es war immer noch Nacht und Sommer, und das Tischtuch schimmerte weiß im Licht des gigantischen Mondes über ihnen.
»Das war dumm von mir«, stellte er fest. »Ausgesprochen dumm, ich hätte langsamer vorgehen müssen. Der Anblick fundamentaler oraler Stimuli kann für eine Person, die ihnen zum erstenmal ausgesetzt ist, sehr unangenehm sein. Ich hatte mich so sehr auf das Schaffen konzentriert, daß ich den Patienten vergessen habe, und das ist unverzeihlich. Ich bitte um Entschuldigung.«
»Es ist schon wieder in Ordnung. Wirklich.«
Er ließ eine kühle Brise vom Teich her wehen.
»Und das ist der Mond«, fügte er lahm hinzu.
Sie nickte, und in der Mitte ihrer
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