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Herr der Welt

Herr der Welt

Titel: Herr der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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begegnet.
    – Schwierigkeiten, die hier noch zu unbesieglichen Hindernissen anwachsen könnten,« setzte James Bruck hinzu.
    Jetzt drängte sich uns die Frage auf, nach welcher Seite wir einen schräg aufwärts führenden Weg suchen sollten. Zur Rechten und zur Linken erhoben sich Dickichte von Bäumen und Gesträuchen. Jedenfalls mußten wir uns dahin wenden, wo die Felswände weniger steil abfielen. Arbeiteten wir uns durch die Waldmasse bis zu deren Saume hindurch, so fanden meine Begleiter und ich vielleicht einen gangbareren Pfad. Blind darauf los durften wir indes nicht gehen. Es galt ja, daran zu denken, daß die östlichen Abhänge der Blauen Berge überhaupt kaum zu erklimmen sind, da sie in der ganzen Ausdehnung der Gebirgskette in fünfziggrädigem Winkel abfallen.
    Das Beste blieb es unter allen Umständen, uns auf den besonderen Instinkt der beiden Führer und vorzüglich auf James Bruck zu verlassen. Ich glaube, der wackere Bursche hätte bezüglich der Gewandtheit einem Affen und bezüglich der schnellen Beweglichkeit einer Eidechse als Vorbild dienen können. Leider würden weder Elias Smith noch ich uns haben dahin wagen können, wohin der kühne junge Mann sich ohne Besorgnis wagte.
    Was mich angeht, hoffte ich allerdings nicht zurückzubleiben, denn das Klettern war mir sozusagen angeboren und an Körperanstrengungen war ich gewöhnt. Wo James Bruck vorwärts kam, wollte ich auch vorwärts kommen, wenn es mich auch einige Schrammen und Risse kostete. Mit dem ersten Beamten von Morganton, der weniger jung, weniger kräftig, dabei größer und beleibter war, und der auch nicht so sicher auftrat, lag die Sache freilich anders. Augenscheinlich hatte er sich bisher nach Kräften bemüht, nicht zurückzubleiben. Zuweilen schnaufte er wie ein Seehund, und ich veranlaßte ihn manchmal gegen seinen Willen, erst einmal wieder ordentlich Atem zu schöpfen.
    Kurz, wir sahen mehr und mehr ein, daß die Besteigung des Great-Eyry eine längere Zeit beanspruchen werde, als wir vorausgesetzt hatten. Wir glaubten anfänglich, den oberen Felsenkranz gegen elf Uhr zu erreichen, und jetzt waren wir in der Mittagstunde voraussichtlich noch um mehrere hundert Fuß davon entfernt.
    Gegen zehn Uhr gab der eine Führer, nach wiederholten Versuchen, einen gangbaren Aufstieg zu entdecken und nach mancherlei Umwegen, die uns dann und wann wieder rückwärts führten, das Zeichen zum Anhalten. Wir hatten den oberen Rand der bewaldeten Strecke erreicht. Hier standen die Bäume vereinzelter und gestatteten einen Ausblick nach dem eigentlichen Felsblocke des Great-Eyry.
    »He, he! stieß Herr Smith hervor, während er sich an eine große Fächerpalme lehnte, ein bißchen Ruhe und Rast und eine kleine Mahlzeit zur Stärkung würden mir jetzt nicht unangenehm sein.
    – So ein Raststündchen? fragte ich.
    – Ja; nachdem Beine und Lunge ihre Schuldigkeit getan haben, möge auch der Magen einmal arbeiten!«
    Dagegen erhob niemand Einspruch: wir mußten daran denken, die verlorenen Kräfte wieder zu ersetzen. Einigermaßen beunruhigte uns freilich der Anblick der Berglehne bis zum Fuße des eigentlichen Great-Eyry. Über uns erhob sich drohend eine der völlig kahlen Partien, die man im Lande »Blads« zu nennen pflegt. Zwischen ihrem zerrissenen Gestein war kein Weg zu erkennen. Das machte auch unseren Führern Sorge, wie ich aus den Worten schloß, die Harry Horn an seinen Kameraden richtete.
    »Das wird nicht gerade leicht werden! sagte er.
    – Vielleicht überhaupt unmöglich,« antwortete James Bruck.
    Diese Äußerungen machten mir einen wirklichen Verdruß. Kam ich zurück, ohne den Great-Eyry erstiegen zu haben, so bedeutete das den gänzlichen Mißerfolg meiner Mission, ganz abgesehen davon, daß dann auch meine Neugier unbefriedigt blieb, und wenn ich mich dann bei Herrn Ward wieder meldete, spielte ich gewiß eine recht traurige Rolle. – Jetzt wurden also die Taschen und die Rucksäcke geöffnet; wir stärkten uns mit kaltem Fleisch nebst Brot, sprachen der Flasche aber nur wenig zu. Nach dem frugalen Mahle, das kaum eine halbe Stunde gedauert hatte, war Herr Smith der erste, der sich erhob und zum Weitergehen anschickte.
    James Bruck nahm dabei wieder die Spitze ein, und wir hatten ihm nur zu folgen und darauf zu achten, daß wir nicht zurückblieben.
    Nur langsam ging es vorwärts. Unsere Führer verhehlten gar nicht ihre Verlegenheit, und wiederholt mußte Harry Horn noch eine Strecke vorausgehen, um

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