Herr der Welt
augenscheinlich mit den Torpedojägern, und statt zurückzuweichen, setzte sie ihre Fahrt unverändert fort. Wer weiß, ob sie nicht tollkühn genug war, zwischen beiden durchzubrechen und sie hinter sich her zu locken bis zu der Stunde, wo sie mit anbrechender Nacht die nutzlose Verfolgung aufgeben müßten.
Die Stadt Buffalo war jetzt am Ufer des Eriesees deutlich zu erkennen, und ich sah genau ihre Häuser, ihre Kirchtürme und ihre Elevatoren. Wenig im Nordwesten davon in vier bis fünf Meilen Entfernung lag der Anfang des Niagarastromes.
Wozu sollte ich mich nun unter diesen Verhältnissen entschließen? Bot sich jetzt, wenn wir mit den Torpedojägern in einer Linie lagen, mir als erprobtem Schwimmer nicht eine – wahrscheinlich nie wiederkehrende – Gelegenheit, ins Wasser zu springen?… Der Kapitän konnte sich doch unmöglich aufhalten. um mich wieder einzufangen. Wenn ich untertauchte, winkte mir ja die Aussicht, glücklich zu entkommen. Dann würde ich wahrscheinlich von dem einen oder dem anderen Schiffe aufgenommen, denn es konnte immerhin möglich sein, daß deren Befehlshaber von meiner mutmaßlichen Anwesenheit auf der »Epouvante« schon unterrichtet wären. Sollten sie dann nicht ein Boot aussetzen, mich aufzufischen?
Die Aussicht auf Erfolg verbesserte sich freilich, wenn die »Epouvante« erst zwischen die Ufer des Niagarastromes eingefahren war. Auf der Höhe der Insel Navy konnte ich auf einem mir wohlbekannten Gebiete ans Land kommen. Vorauszusetzen aber, daß der Kapitän sich auf den durch die Riesenfälle gesperrten Strom wagen würde, das schien mir unmöglich. Ich beschloß also, die Torpedojäger erst noch näher herankommen zu lassen, und mich nachher zu entscheiden.
Ich muß nämlich gestehen, daß ich über mein Verhalten mit mir noch keineswegs im klaren war…. Nein, ich konnte mich doch nicht leichten Herzens entschließen, durch eine Flucht jede Aussicht auf Entschleierung dieses Geheimnisses aufzugeben. Mein Instinkt als Polizist empörte sich bei dem Gedanken, daß ich ja nur die Hand auszustrecken brauchte, um den in Acht und Bann erklärten Mann zu ergreifen!… Nein, nein!… Ich wollte mich nicht retten, damit wäre ja das Spiel unrettbar verloren gewesen. Doch welches Schicksal erwartete mich anderseits, und wohin würde mich die »Epouvante« schleppen, wenn ich an Bord blieb?
Es war jetzt ein Viertel sieben Uhr. Die Torpedojäger glitten mit einem Abstande von zwölf bis fünfzehn Kabellängen zwischen sich immer näher heran. Die »Epouvante« mußte ohne Steigerung ihrer Geschwindigkeit bald den einen an Steuerbord, den anderen an Backbord neben sich haben.
Ich hatte meinen Platz nicht verlassen. Der Mann auf dem Vorderteile stand dicht bei mir.
Unbeweglich am Steuer, die Augen erglühend unter den zusammengezogenen Brauen, erwartete der Kapitän vielleicht den Augenblick, der Sache durch ein neues Manöver ein Ende zu machen. Plötzlich erscholl ein Krachen an Bord des Torpedojägers zu unserer Linken. Ein dicht an der Wasserfläche hinstreichendes Geschoß sauste über den Vorderteil der »Epouvante« hinweg und verschwand hinter dem feindlichen Schiffe zur Rechten.
Ich richtete mich auf. Der Mann an meiner Seite schien auf ein Zeichen vom Kapitän zu warten.
Dieser wendete nicht einmal den Kopf um, und niemals werde ich den verächtlichen Ausdruck vergessen, der sich in seinen Zügen malte.
Sofort wurde ich jetzt nach der Luke zu meiner Kabine gestoßen und deren Deckel klappte über mir zu, während auch die anderen Luken geschlossen wurden. Kaum eine Minute verstrich, da lagen wir schon unter dem Wasser… das Taucherboot war von der Oberfläche des Sees verschwunden.
Noch donnerten mehrere Kanonenschüsse, deren dumpfes Krachen mir ans Ohr schlug. Dann war alles still. Durch das Fensterchen meiner Kabine drang nur gedämpftes Licht herein. Ohne Stampfen und Schlingern glitt der Apparat geräuschlos durch den Eriesee hin.
Man erkennt hieraus, mit welcher Schnelligkeit und auch mit welcher Leichtigkeit die Umwandlung der »Epouvante« erfolgt war, gewiß nicht weniger schnell und leicht, als wenn sie hätte als Automobil über Land rollen sollen.
Was würde er aber nun beginnen, der »Herr der Welt«? Höchstwahrscheinlich schlug er eine andere Richtung ein, wenn er nicht nach Erreichung des Ufers die »Epouvante« wieder zum Automobil umwandelte. Nach weiterer Überlegung glaubte ich jedoch, er werde sich mehr nach Westen wenden, nachdem die
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