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Herr der Welt

Herr der Welt

Titel: Herr der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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auflauerten?
    Und wenn ich ihn wiedererkannte, so erkannte er in mir ohne Zweifel den Oberinspektor Strock, dem früher der Auftrag erteilt worden war, in den Great-Eyry einzudringen.
    Als ich ihn so betrachtete, fiel mir plötzlich ein – was mir in Washington merkwürdigerweise entgangen war – daß ich sein etwas auffälliges Gesicht wohl schon früher gesehen hätte… doch wo?… auf einer Tafel im polizeilichen Informationsbureau oder nur in dem Schaukasten irgend eines Photographen?
    Diese Erinnerung war nur sehr schwacher Natur, und ich konnte jetzt recht wohl der Spielball einer Täuschung sein.
    Waren seine Gefährten so unhöflich gewesen, mir nicht zu antworten, so tat er vielleicht meinen Fragen mehr Ehre an…. Wir sprachen ja beide dieselbe Sprache, obgleich ich es nicht hätte beschwören wollen, daß er ein eingeborner Amerikaner wie ich wäre. Er mußte denn entweder den Entschluß gefaßt haben, mir nicht zu antworten oder tatsächlich nichts zu antworten haben.
    Was wollte der Mann mit mir beginnen?… Gedachte er sich meiner ohne weitere Umstände zu entledigen?… Wartete er nur die Nacht ab, um mich dann ins Meer zu werfen?… Das Wenige, was ich von ihm wußte, konnte ihm ja hinreichend erscheinen, mich als einen gefährlichen Zeugen zu betrachten. Da wäre es freilich besser gewesen, mich gleich am Ende des Haltetaues hängen und umkommen zu lassen. Das hätte ihm die Mühe erspart, mich auf den Grund zu versenken.
    Ich erhob mich, ging nach dem Hinterteile und blieb unbefangen vor ihm stehen.
    Da richtete er den scharfen, wie eine Flamme lodernden Blick gerade auf mein Gesicht.
    »Sind Sie der Kapitän?« fragte ich.
    Mein Gegenüber schwieg.
    »Dieses Fahrzeug… das ist doch die ›Epouvante‹?«
    Auf meine Frage keine Antwort.
    Jetzt trat ich näher auf ihn zu und wollte ihn am Arme fassen…
    Er drängte mich ohne Gewaltsamkeit, doch mit einer Bewegung zurück, die eine ungewöhnliche Körperkraft erkennen ließ.
    Noch einmal näherte ich mich ihm.
    »Was wollen Sie mit mir anfangen?« fragte ich jetzt mit mehr Nachdruck.
    Ich glaubte, jetzt würden endlich ein paar Worte über seine Lippen kommen, die er in sichtbarer Erregung zusammengekniffen hatte. Doch wie um dem zu entgehen, wandte er den Kopf ab. Dann legte er eine Hand auf den Regulator an seiner Seite.
    Sofort arbeitete die Maschine schneller.
    Mich übermannte der Zorn, ich konnte mich nicht mehr bezähmen.
    »Wie Sie wollen! rief ich ihm zu. Beharren Sie in Ihrem Schweigen!… Ich… ich weiß dennoch, wer Sie sind, so wie ich weiß, welcher dieser Apparat ist, über den man von Boston, von Madison und vom Kirdallsee berichtet hat. Ja, es ist derselbe, der über die Landstraßen hinrollt, der die Meere und Seen durchfurcht und auch unter dem Wasser hingleitet. Dieses Fahrzeug aber, das ist. die ›Epouvante‹, und Sie… Sie sind der, der es befehligt… Sie, der sich stark genug glaubt. gegen die ganze Welt anzukämpfen… Sie. der, Herr der Welt’?«
    Wie hätte er noch leugnen wollen?… Ich sah ja die drei Anfangsbuchstaben auf dem Helmstock des Steuers.
    Zum Glück gelang es mir noch, mich zu bezähmen, und überzeugt, auf meine Fragen ohne Antwort zu bleiben, setzte ich mich neben dem Lukendeckel meiner Kabine nieder. Lange Stunden hindurch schaute ich hinaus aufs Wasser, in der Hoffnung. am Horizont eine Küste aufsteigen zu sehen…
    Nichts… warten, hier hieß es warten, mir blieb nichts anderes übrig. Der Tag konnte doch unmöglich zu Ende gehen, ohne daß die »Epouvante« in Sicht der Küste des Eriesees kam, da das Fahrzeug unabänderlich die Richtung nach Nordosten einhielt.
Vierzehntes Kapitel.
Der Niagara.
    Die Zeit verging weiter ohne jede Veränderung der Sachlage. Der Steuermann war an seinen Posten zurückgekehrt und im Schiffsinnern überwachte der Kapitän den Gang der Maschinen. Ich bemerke nochmals, daß diese auch nach Beschleunigung des Laufes ohne jedes Geräusch und mit erstaunlicher Regelmäßigkeit arbeiteten. Nie vernahm man einen der unvermeidlichen Schläge, die bei Maschinen mit Zylindern und Kolben vorkommen. Ich schloß daraus, daß die »Epouvante« bei jeder Art der Fortbewegung in verschiedener Form durch rotierende Maschinen angetrieben werden müsse; es war mir aber unmöglich, darüber Gewißheit zu erlangen.
    Anderseits bemerkte ich, daß im eingehaltenen Kurse keine Änderung eintrat. Immer fuhren wir über den See nach Nordosten und folglich in der Richtung auf Buffalo

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