Herr der Welt
Verhalten der Leute in der hiesigen Gegend immer
unterrichtet bliebe.
Am Nachmittag traf ich mit Mr. Smith zum zweitenmal
zusammen, und da beschlossen wir, morgen mit dem ersten
Tagesgrauen aufzubrechen.
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Zur Lösung unserer Aufgabe hatten wir uns auf folgen-
den Plan geeinigt:
Die Besteigung des Berges sollte unter der Begleitung
von zwei, in derartigen Bergtouren besonders geübten Füh-
rern unternommen werden. Die erwählten beiden Führer
hatten die höchsten Gipfel der Blue Ridge Mountains schon
wiederholt erstiegen. An den Great Eyrie hatten sie sich frei-
lich noch nicht herangewagt, da es ihnen bekannt war, daß
oben ein Kranz unersteigbarer Felswände den Zugang zum
Gipfel verhinderte, und vor dem Auftreten der neuerlichen
Erscheinungen hatte der Great Eyrie, wie wir wissen, auch
den Wagemut von Bergfexen noch nicht gereizt. Jedenfalls
konnten wir uns aber auf unsere beiden Führer verlassen.
Smith kannte sie persönlich und wußte, daß es zwei kühne,
gewandte und zu allem willige Männer waren. Sie würden
vor keiner Schwierigkeit zurückweichen, und wir brauchten
ihnen nur zu folgen. Übrigens wäre es jetzt, wie Mr. Smith
bemerkte, vielleicht doch nicht mehr unmöglich, ins Innere
des Great Eyrie einzudringen.
»Und warum vermuten Sie das?« fragte ich.
»Weil sich vor einigen Wochen ein gewaltiger Felsblock
von dem Berg abgelöst hat, wodurch ja ein gangbarer Weg
entstanden sein könnte.«
»Das wäre wahrlich ein glücklicher Zufall, Mr. Smith!«
»Nun, wir werden’s ja sehen, Mr. Strock, und zwar schon
morgen.«
»Also, bis morgen!«
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3. KAPITEL
Der Great Eyrie
Mit dem nächsten Morgenrot verließen wir, Mr. Smith und
ich, Morganton auf dem Weg, der längs des linken Ufers
des Catawba River nach dem Flecken Pleasant Garden hin-
führt.
Die beiden Führer begleiteten uns. Der 30jährige Harry
Horn und der 25jährige James Bruck wohnten beide in
Morganton und hielten sich hier dienstbereit für die Touris-
ten, die die schönsten Punkte der Blue Ridge und der Cum-
berland Mountains, welche die Doppelkette der Alleghenies
bilden, besuchen wollten. Unerschrockene Bergsteiger mit
kräftigen Armen und Beinen, gewandt und erfahren, kann-
ten sie gründlich diesen Teil der Gegend bis zum Fuß der
Kette.
Ein mit zwei tüchtigen Pferden bespannter Wagen sollte
uns bis zur Westgrenze des Staats befördern. Er enthielt
Nahrungsmittel nur für 3 Tage, da sich unser Ausflug über
diese Zeit hinaus wohl nicht ausdehnen würde. Die Aus-
wahl unserer Bedürfnisse war Mr. Smith überlassen gewe-
sen, und so führten wir geschmortes konserviertes Rind-
fleisch, große Stücke Schinken, eine gebratene Rehkeule,
ein Tönnchen Bier, mehrere Flaschen Whisky und Brannt-
wein, sowie Brot in hinreichender Menge im Wagen mit
uns. Trinkwasser lieferten uns die Bergquellen, die von den
zu dieser Jahreszeit hier recht häufigen Platzregen gespeist
werden, voraussichtlich im Überfluß.
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Es bedarf wohl kaum besonderer Erwähnung, daß der
Bürgermeister von Morganton als eingefleischter Jäger auch
sein Gewehr und seinen Hund Nisko, der neben dem Wa-
gen hertrabte, mitgenommen hatte. Nisko sollte ihm das
Wild zutreiben, wenn wir uns im Wald oder auf Ebenen be-
fänden, er mußte aber für die Zeit, wo wir den Berg bestie-
gen, mit dem Kutscher in der Farm von Wildon zurück-
bleiben. Wegen zu überschreitender Spalten und schwierig
zu erklimmender Felsen hätte er uns doch nicht nach dem
Great Eyrie folgen können.
Der Himmel war fast klar und die Luft, jetzt Ende April,
wo in Amerika oft noch ein recht rauhes Klima herrscht,
von angenehmer Frische. Unter einer wechselnden, haupt-
sächlich vom Atlantik her wehenden Brise, zogen einzelne
Wolken schnell am Firmament hin. Dazwischen blitzten
helle Sonnenstrahlen hernieder und beleuchteten die ganze
Gegend mit ihrem goldigen Schein.
Am ersten Tag erreichten wir Pleasant Garden, wo wir
beim Ortsvorsteher, einem vertrauten Freund von Mr.
Smith, übernachten sollten. Mit lebhaftem Interesse be-
trachtete ich diese Gegend, wo Feldstücke mit Sümpfen und
Sümpfe mit Zypressenhainen abwechseln, in der aber im-
mer mehr Dörfer und Einzelgehöfte entstehen. Die gut un-
terhaltene Straße führt hier durch die Wäldchen hindurch,
dort an sumpfigen Stellen und angebauten Landstücken
vorüber, ohne je einen größeren Umweg zu beschreiben. In
schwach sumpfigem Boden erheben
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