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Herr der Welt

Herr der Welt

Titel: Herr der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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end-
    los erscheinende Ebene, wo Zypressen und Fächerpalmen
    nur noch kleine Gruppen bildeten. Über Sehweite hinaus
    erhoben sich, ohne Ordnung verstreut, kleine Erdhaufen,
    — 41 —
    worin eine ganze Welt von Nagetieren lebte. Hier tummel-
    ten sich, zu ganzen Völkern vereinigt, viele tausend Erd-
    hörnchen von der Art, die in Amerika unter dem Namen
    »Präriehunde« bekannt ist. So hat man die Tiere aber nicht
    genannt, weil sie äußerlich in irgendeiner Hinsicht dem Ge-
    schlecht der Hunde ähnelten, sondern nur, weil sie oft etwa
    wie Möpse kläffen. Als wir in raschem Trab durch diese Ge-
    gend fuhren, mußten wir uns wirklich vor dem unaufhör-
    lichen Gebell die Ohren zustopfen.
    In den Vereinigten Staaten ist es überhaupt nicht sel-
    ten, daß man auf volkreiche Ansiedlungen von Vierfüßlern
    trifft. Unter anderm erwähnen die Naturforscher eine sol-
    che, die ihren Namen Dog-Ville (Hundestadt) mit vollem
    Recht führt und die reichlich 1 Million vierfüßiger Bewoh-
    ner haben soll.
    Diese Erdhörnchen, die sich von Wurzeln, Blättern und
    auch von Heuschrecken, nach denen sie sehr gierig sind, er-
    nähren, sind übrigens – also abgesehen von dem Lärm, den
    sie verursachen – ganz harmlose Tiere.
    Das Wetter hatte sich gut gehalten und dabei wehte eine
    erquickende, frische Brise. Man darf überhaupt nicht glau-
    ben, daß hier unter dem 35. Breitengrad in North und South
    Carolina ein besonders warmes Klima herrsche. Die Win-
    ter sind dort oft recht streng, so daß viele Orangenbäume
    durch den Frost zugrunde gehen, und es ist keine Selten-
    heit, das Bett des Catawba mit Eisschollen erfüllt zu sehen.
    Am Nachmittag bekamen wir die Kette der Blue Ridge
    Mountains, die noch 6 (amerikanische) Meilen von uns ent-
    — 42 —
    fernt waren, auf lange Strecken hin zu Gesicht. Ihr Kamm
    hob sich deutlich von dem fast klarblauen Himmel ab, über
    den nur einzelne leichte Wolken hinzogen. An ihrem un-
    teren Teil so dicht bewaldet, daß die Äste der Koniferen
    sich untereinander verwirrten, trug sie auch weiter oben
    auf den schwärzlichen Felsmassen noch einige Bäume von
    recht seltsamem Aussehen. Da und dort strebten verschie-
    dene spitze Gipfel von merkwürdiger Gestalt empor, auf der
    rechten Seite alle überragt von dem 2044 Meter hohen Black
    Dome, dessen mächtiges Haupt zuweilen in den Strahlen
    der Sonne erglänzte.
    »Haben Sie diesen Dom schon jemals bestiegen, Mr.
    Smith?«, fragte ich.
    »Nein«, antwortete dieser, »man sagt auch allgemein,
    daß das sehr schwierig sei. Übrigens haben einige Touris-
    ten den Gipfel wirklich erklommen, sie berichten aber, daß
    man von da aus auch nichts von dem Innern des Great Eyrie
    erblicken könne.«
    »Das ist ganz richtig«, erklärte der Führer Harry Horn,
    »ich habe mich selbst davon überzeugt.«
    »Vielleicht war da das Wetter gerade nicht günstig«, be-
    merkte ich.
    »O nein, Mr. Strock, im Gegenteil: sehr klar. Die Wände
    des Great Eyrie sind aber zu hoch und verhindern jeden
    Einblick.«
    »Wohlan«, rief Mr. Smith, »ich würde gar nicht böse sein,
    den Fuß auf eine Stelle zu setzen, die noch kein Mensch be-
    treten hat!«
    — 43 —
    Der Great Eyrie schien heute vollkommen ruhig zu sein,
    wenigstens stiegen weder Dämpfe noch Flammen daraus
    empor.
    Gegen 5 Uhr hielt unser Wagen vor der Farm von Wil-
    don. Die hier beschäftigten Leute beeilten sich, den Guts-
    herrn zu begrüßen.
    Hier sollten wir nun die letzte Nacht zubringen.
    Sofort wurden die Pferde abgeschirrt und in einen Stall
    geführt, wo sie reichliches Futter vorfanden; den Wagen
    schob man in einen Schuppen.
    Der Kutscher sollte in Wildon unsere Rückkehr abwar-
    ten. Mr. Smith zweifelte keinen Augenblick daran, daß un-
    ser Unternehmen von Erfolg gekrönt sein würde, wenn wir
    wieder nach Morganton zurückkämen.
    Der Gutsverwalter von Wildon versicherte uns auch, daß
    seit einiger Zeit am Great Eyrie nichts Auffallendes wahrzu-
    nehmen gewesen wäre.
    Das Abendessen nahmen wir an gemeinsamem Tisch
    mit den Leuten der Farm ein, und unser Schlaf wurde in
    der ganzen Nacht auf keine Weise gestört.
    Am nächsten Tag sollte die Besteigung des Berges mit
    dem Morgenrot ihren Anfang nehmen. Die Höhe des Great
    Eyrie beträgt nur 1800 Fuß (549 Meter); sie ist also nicht
    bedeutend und bleibt hinter der mittleren Höhe der Alle-
    ghenies zurück. Wir konnten also davon ausgehen, daß uns
    keine übermäßige Anstrengung bevorstand. Einige Stunden
    mußten ja

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