Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Herr der Welt

Herr der Welt

Titel: Herr der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
Vom Netzwerk:
gutem Glauben, doch zu falschen Mittei-
    lungen anreizten. Einmal war da von dem Wagen die Rede,
    der in Sturmeseile vorübergesaust wäre, ein andermal von
    dem Schiff, das sich auf einem der in Amerika so zahlrei-
    chen Seen gezeigt hätte, dann wieder wollte einer das Un-
    terseeboot unter dem Wasser hin- und herschießend be-
    merkt haben. Zuletzt entpuppte sich alles als Erzeugnis der
    Einbildung von ebenso erregten wie von Furcht befangenen
    Leuten, die vielleicht ähnliche Erscheinungen durch das
    Vergrößerungsglas der hohen Belohnungen sahen. Endlich,
    am 29. Juli war es, erhielt ich von meinem Vorgesetzten die
    Aufforderung, unverzüglich in seinem Amtszimmer zu er-
    scheinen.
    20 Minuten später stand ich ihm gegenüber.
    »Sie müssen binnen einer Stunde abgereist sein, Strock«,
    sagte er zu mir.
    »Nach . . .?«
    »Nach Toledo.«
    — 153 —
    »Ist er wirklich gesehen worden?«
    »Ja, und dort werden Sie alles weitere erfahren.«
    »In einer Stunde sind wir, meine Begleiter und ich, un-
    terwegs.«
    »Gut, Strock; ich erteile Ihnen aber einen bestimmten
    Auftrag . . .«
    »Welchen, Herr Direktor?«
    »Erfolg zu haben . . . diesmal Erfolg zu haben!«
    11. KAPITEL
    Auf der Suche
    Der unauffindbare Kapitän war also an einer Stelle der Ver-
    einigten Staaten wieder erschienen. Er hatte sich weder
    auf den Landstraßen, noch auf den Meeren Europas ge-
    zeigt. Die Fahrt über den Atlantik, wozu er kaum 4 Tage ge-
    braucht hätte, hatte er nicht unternommen. Wählte er also
    nur Amerika zum Schauplatz seiner Versuche, und durfte
    man daraus schließen, daß er selbst Amerikaner war?
    Der Leser wundere sich nicht, wenn ich es betone, daß
    das Unterseeboot über das weite Meer, das die Alte und
    Neue Welt trennt, hätte hinfahren können. Abgesehen von
    seiner Schnelligkeit, die ihm im Vergleich zu den schnells-
    ten deutschen, französischen und englischen Dampfern eine
    kurze Reisedauer gesichert hätte, hatte es von dem schlech-
    ten Wetter, das zuweilen auf jener Wasserwüste herrscht,
    überhaupt nichts zu fürchten; es brauchte ja nur von der
    — 154 —
    Oberfläche unterzutauchen, dann fand es schon bei 20 Fuß
    Tiefe ungestörte Ruhe.
    Es hatte jedoch die Fahrt über den Atlantik nicht unter-
    nommen, und wenn seine Festnahme gelang, dann erfolgte
    sie wahrscheinlich in Ohio, denn Toledo ist eine Stadt die-
    ses Bundesstaats.
    Das Geheimnis war übrigens im General-Polizeiamt
    ebenso streng gewahrt worden wie von dem Polizisten, von
    dem die letzte Mitteilung gekommen war und mit dem ich
    mich ins Einvernehmen setzen sollte. Keine Zeitung – und
    jede hätte dafür gewiß gern einen hohen Preis gezahlt –
    konnte darüber als erste etwas ausplaudern. Es war ja über-
    aus wichtig, von dem Geheimnis nicht eher etwas in die
    Öffentlichkeit dringen zu lassen, als bis die geplante Nach-
    suchung zu Ende war. Weder von meinen Hilfspersonen
    noch von mir würde eine Indiskretion begangen werden.
    Der Polizist, an den ich mit einer Vollmacht von Mr. Ward
    gewiesen war, hieß Arthur Wells und erwartete mich in To-
    ledo.
    Wie bereits erwähnt, waren unsere Vorbereitungen zur
    Abreise schon seit einiger Zeit getroffen. Als Gepäck führ-
    ten wir, für den Fall einer Verlängerung unserer Abwesen-
    heit, drei wenig umfangreiche Mantelsäcke bei uns. John
    Hart und Nab Walker hatten sich mit Taschenrevolvern
    versehen, und ich tat dasselbe. Wer wußte, ob wir sie nicht
    bei einem Angriff oder zu unserer Verteidigung nötig ha-
    ben würden.
    Die Stadt Toledo erhebt sich an der äußersten Südwest-
    — 155 —
    spitze des Eriesees, dessen Wasser die nördlichen Küs-
    ten von Ohio bespült. Der Schnellzug, in dem für uns drei
    Plätze reserviert waren, rollte in der Nacht durch das öst-
    liche Virginia und Ohio, ohne eine Verspätung zu erleiden,
    dahin, und um 8 Uhr morgens lief die Lokomotive in den
    Bahnhof von Toledo ein.
    Arthur Wells erwartete uns schon auf dem Bahnsteig.
    Von dem Eintreffen des Oberinspektors Strock benachrich-
    tigt, drängte es ihn, wie er mir sagte, mit mir in Verbindung
    zu treten, und ich selbst fühlte ja das gleiche Bedürfnis.
    Kaum mit dem Fuß aus dem Wagen, sah ich mich nach
    dem Genannten um, der seinerseits die aussteigenden Pas-
    sagiere musterte.
    Ich ging auf ihn zu.
    »Mr. Wells?« fragte ich.
    »Mr. Strock?« erwiderte er.
    »In eigener Person.«
    »Ich stelle mich Ihnen zur Verfügung«, fügte Wells
    hinzu.
    »Werden wir einige Stunden in Toledo bleiben?«

Weitere Kostenlose Bücher