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Herr der Welt

Herr der Welt

Titel: Herr der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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auch einzelne behauptet hätten, man dürfe den Brief
    nicht ernst nehmen, so würde doch die Mehrheit geantwor-
    tet haben: »Nein, er rührt nicht von der Hand eines spöt-
    tischen Witzbolds her. Der ihn geschrieben hat, ist ohne
    Zweifel der Erfinder des unangreifbaren Apparats.«
    Infolge der leicht begreiflichen Neugier, die alle Geister
    beherrschte, erschien die Frage überhaupt nicht mehr zwei-
    felhaft: für die vielen seltsamen Tatsachen, zu denen bisher
    jeder Schlüssel fehlte, hatte man jetzt eine bestimmte Er-
    klärung.
    Die Erklärung lautete wie folgt:
    War der Erfinder auch eine Zeitlang verschwunden, so

bringt er sich jetzt doch durch eine neue Handlung in Er-
    innerung. Weit davon entfernt, bei einem Unfall umgekom-
    men zu sein, hat er sich vielmehr nach einem Ort zurück-
    gezogen, wo ihn die Polizei nicht entdecken konnte. Dort
    hat er den Brief als Antwort auf die Vorschläge der Regie-
    rung geschrieben. Statt ihn aber irgendwo aufzugeben, von
    wo aus er an seine Adresse gelangt wäre, ist er selbst nach
    der Hauptstadt der Vereinigten Staaten gekommen, um den
    Brief persönlich, und wie aus der offiziellen Meldung her-
    vorging, im Polizeiamt selbst einzuliefern.
    Hatte der Mann darauf gerechnet, daß dieser neue Be-
    weis seiner Existenz in beiden Welten einiges Aufsehen ma-
    chen werde, so sollte er sich wirklich nicht getäuscht haben.
    — 143 —
    Am genannten Tag »wollten« – wie der landläufige Aus-
    druck lautet – Millionen von Lesern, die ihre Zeitung auf-
    merksam durchstudierten, bezüglich dessen, was sie lasen,
    »ihren Augen gar nicht trauen«.
    Die Schrift des Briefs, die ich wiederholt prüfte, bestand
    aus Wörtern, die von einer etwas schwerfällig geführten Fe-
    der herrührten. Jeder Graphologe hätte aus den Zeilen ein
    ungezügeltes Temperament und einen verschlossenen Cha-
    rakter erkannt.
    Da entfuhr mir unwillkürlich ein Schrei, den zum Glück
    niemand gehört haben konnte. Wie kam es, daß ich nicht
    weit eher die große Ähnlichkeit der Handschrift in diesem
    Brief mit der in dem Schreiben erkannt hatte, das mir aus
    Morganton zugegangen war?
    Und waren dann – ein noch entscheidenderes Zusam-
    mentreffen – die Anfangsbuchstaben, deren der Schreiber
    sich als Unterschrift bediente, diese Buchstaben nicht die
    ersten der drei Wörter »Herr der Welt«? Und wo war die-
    ser Brief geschrieben? . . . An Bord der ›Terror‹ . . . das war
    offenbar der Name des dreifältigen Apparats, der von dem
    rätselhaften Kapitän geführt und gesteuert wurde.
    Auch die Zeilen rührten von seiner Hand her, wie die
    des ersten Briefs, die Zeilen mit der an mich gerichteten
    Drohung, wenn ich es wagte, mein Unternehmen bezüglich
    des Great Eyrie zu wiederholen.
    Ich erhob mich, entnahm meinem Schreibtisch den Brief
    vom 13. Juni und verglich ihn mit dem Faksimile in den
    — 144 —
    Zeitungen. Da blieb kein Zweifel übrig: dieselben eigen-
    tümlichen Schriftzüge von derselben Hand!
    Da begann es in meinem Gehirn zu arbeiten; ich suchte
    die Bedeutung der nur mir bekannten Übereinstimmung
    zu durchschauen, die Übereinstimmung in der Handschrift
    der beiden Briefe, deren Verfasser nur der Befehlshaber je-
    ner ›Terror‹ (Schrecken) – ein allzu passender Name – sein
    konnte.
    Dann fragte ich mich, ob es, gestützt auf diese Überein-
    stimmung, nicht möglich wäre, weitere Nachforschungen
    unter weniger ungewissen Umständen anzustellen, und ob
    wir unsere Polizisten nicht auf eine deutlichere Spur wei-
    sen könnten, die schließlich doch vielleicht zum Ziel führte.
    Welcher Zusammenhang bestand aber zwischen der ›Ter-
    ror‹ und dem Great Eyrie? Welche Beziehung zwischen den
    Erscheinungen in den Blue Ridge Mountains und dem nicht
    minder erstaunlichen Auftauchen des fantastischen Appa-
    rats?
    Ich tat nun, was Einsicht und Pflicht mir geboten, und
    begab mich mit dem Brief in der Tasche zum Polizeiamt.
    Als meine Frage, ob sich Mr. Ward in seinem Amtszim-
    mer befinde, bejaht wurde, stürmte ich dahin, klopfte an die
    Tür wohl etwas kräftiger, als das hier Sitte war, und stürzte
    auf den Ruf »Herein!« halb außer Atem in das Zimmer.
    Mr. Ward hatte gerade den von den Zeitungen getreu
    wiedergegebenen Brief vor sich liegen, doch nicht das Fak-
    simile, sondern die im Briefkasten des Polizeiamts vorge-
    fundene Urschrift selbst.
    — 145 —
    »Nun, haben Sie etwas Neues zu melden, Strock?«
    »Urteilen Sie selbst, Herr Direktor!«
    Ich hatte den

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