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Herr der Welt

Herr der Welt

Titel: Herr der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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vorliegenden Angelegenheit ru-
    fen würde. Dann wäre ich mit meinen zwei Gehilfen binnen
    einer Stunde aufgebrochen, darauf konnte Mr. Ward sich
    verlassen.
    Die Erregung der Geister war nur mehr und mehr ge-
    stiegen, seitdem der Kapitän der ›Terror‹ das Angebot der
    amerikanischen Regierung kurzweg abgelehnt hatte. Man
    empfand es im Weißen Haus wie im Ministerium, daß die
    Volksstimme jetzt verlangte, zu handeln. Ja gewiß, doch in
    welcher Weise? Wie sollte man den »Herrn der Welt« fin-
    den, und wenn er irgendwo auftauchte, wie sich seiner be-
    mächtigen? Bei ihm hatte man jederzeit mit ganz unerklär-
    lichen Dingen zu rechnen. Daß seine Maschine eine ans
    Wunderbare grenzende Geschwindigkeit entwickelte, darü-
    ber bestand ja kein Zweifel. Doch wie hatte er in den, jeder
    Verbindung mit der Außenwelt entbehrenden Kirdallsee
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    eindringen, wie aus diesem wieder herauskommen kön-
    nen? . . . Ferner hatte man ihn in der letzten Zeit einmal
    vom Oberen See gemeldet, ohne daß er, ich wiederhole es,
    auf der 800 Meilen langen Strecke, die beide Seen voneinan-
    der trennt, irgendwo gesehen worden wäre. Wahrlich, eine
    Angelegenheit ohnegleichen . . . lauter unerklärliche Dinge!
    Doch das war nur eine weitere Mahnung, der Sache auf den
    Grund zu gehen. Da die Millionen von Dollars nichts er-
    reicht hatten, hieß es nun Gewalt, zu gebrauchen. Der Er-
    finder und seine Erfindung waren für Geld nicht feil, und
    wir wissen ja, in welch hochmütige und drohende Ausdrü-
    cke er seine Ablehnung gekleidet hatte. Nun gut, so wurde
    er eben als ein Verbrecher betrachtet, demgegenüber alle
    Mittel erlaubt waren, die ihn daran hinderten, Unheil anzu-
    richten. Das verlangte die Sorge für die Sicherheit nicht nur
    in Amerika, sondern auch in der ganzen Welt. Die Vermu-
    tung, daß er bei einem Unfall umgekommen wäre, konnte
    seit seinem berühmten Brief vom 15. Juli nicht mehr auf-
    rechterhalten werden. Er lebte, lebte wie früher, und sein
    Leben bildete eine öffentliche, eine jeden Augenblick dro-
    hende Gefahr.
    Von dieser Erwägung geleitet, erließ die Regierung fol-
    gende Bekanntmachung:
    »Da der Kommandant der ›Terror‹ sich weigert, wegen
    der Überlassung seines Geheimnisses an die Bundesregie-
    rung selbst um den Preis der ihm dafür angebotenen Mil-
    lionen in Verhandlungen einzutreten, da ferner der Ge-
    brauch, den er von seiner Maschine macht, eine Gefahr
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    bildet, gegen die sich zu schützen unmöglich ist, wird der
    genannte Kommandant hiermit für vogelfrei erklärt. Alle
    Maßnahmen, die dazu führen können, seinen Apparat und
    ihn selbst unschädlich zu machen, werden hiermit im vor-
    aus gebilligt.«
    Das war der Krieg bis aufs Messer gegen diesen »Herrn
    der Welt«, der die Macht zu haben glaubte, einer ganzen
    Nation, der amerikanischen Nation Trotz zu bieten.
    Von diesem Tag an wurden auch ansehnliche Belohnun-
    gen für jeden ausgesetzt, der den Aufenthaltsort des gefähr-
    lichen Mannes entdecken würde, für jeden, der sich seiner
    bemächtigen, und für jeden, der das Land von ihm befreien
    würde.
    So war die Sachlage in der zweiten Hälfte des Juli. Bei ge-
    nauer Überlegung konnte man freilich zu keinem anderen
    Schluß kommen, als daß darin nur durch einen glücklichen
    Zufall eine Änderung eintreten könnte. Zunächst gehörte
    dazu doch, daß der »außer dem Gesetz Stehende« irgendwo
    wieder erschien, daß er bemerkt und gemeldet wurde, und
    daß die Umstände seine Verhaftung ermöglichten. Als Au-
    tomobil auf dem Land, als Schiff auf dem Wasser oder gar
    als Unterseeboot konnte der Apparat unmöglich angehal-
    ten werden. Nein, man mußte ihn überraschen können, ehe
    er, dank seiner unerreichten Geschwindigkeit, Gelegenheit
    fand zu entweichen.
    In Erwartung des von Ward kommenden Befehls hielt
    ich mich stets zum Aufbruch fertig. Dieser Befehl kam aber
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    nicht, und zwar aus dem guten Grund, daß der, auf den er
    sich bezog, jetzt unsichtbar blieb.
    So kam das Ende des Monats heran. Die Zeitungen hör-
    ten nicht auf, ihre Leser mit der Angelegenheit in Atem zu
    halten. Zuweilen trafen neue Nachrichten ein, die die Neu-
    gier der Volksmenge noch mehr anstachelten, auch auf
    mancherlei Fährten wurde von verschiedenen Seiten hin-
    gewiesen . . . alles erwies sich als unbegründet. Telegramme
    kreuzten und widersprachen einander im ganzen Bundes-
    gebiet. Das erklärt sich ja mit den großen Belohnungen,
    die, wenn auch in

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