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Herr des Chaos

Herr des Chaos

Titel: Herr des Chaos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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zurückgelassen, nur ein paar Augenblicke lang, und doch hatte sie sich befreit und war entkommen. Wie sie das fertiggebracht hatte, war eines der ersten Dinge gewesen, zu denen Nynaeve sie verhört hatte, sobald sie wieder eingefangen gewesen war. Allerdings hatte sie ihr beinahe den Hals umdrehen müssen, um die Antwort aus ihr herauszubringen. Wie es schien, war eine abgenabelte Abschirmung durchaus zu durchbrechen, wenn die abgeschirmte Frau ein wenig Zeit und Geduld aufbrachte. Elayne behauptete zwar, das könne gegen einen A'dam nichts nützen, da es zum einen keinen Knoten gab, den man lösen konnte, und zum anderen sei Moghedien durch das Halsband nicht in der Lage, Saidar ohne Erlaubnis auch nur zu berühren, aber Nynaeve wollte lieber kein Risiko eingehen.
    »Schreibe langsam und sorgfältig ab«, warnte Elayne. »Ich habe bereits für Delana aus Büchern kopiert. Sie haßt Kleckse oder Schreibfehler. Falls nötig, läßt sie dich dasselbe fünfzigmal abschreiben, nur um eine saubere Seite zu bekommen.«
    Nynaeve blickte finster vor sich hin. Ihre Handschrift mochte vielleicht nicht so sauber und gleichmäßig wie die Elaynes aussehen, aber sie war schließlich keine dumme Landpomeranze, die gerade erst gelernt hatte, welches Ende der Feder man in die Tinte taucht. Die jüngere Frau nahm keine Notiz von ihr und schlüpfte mit einem leichten Lächeln aus dem Zimmer. Möglicherweise hatte sie ihr nur helfen wollen, indem sie sie vorwarnte. Falls den Aes Sedai jemals klar wurde, wie sehr Nynaeve das Abschreiben haßte, würden sie es ihr als Strafe andauernd auferlegen.
    »Vielleicht solltet Ihr euch zu Rand begeben«, sagte Moghedien plötzlich. Sie saß irgendwie anders als sonst da, aufrechter. Ihre dunklen Augen blickten unverwandt in die Nynaeves. Warum?
    »Worauf wollt Ihr hinaus?« wollte Nynaeve wissen.
    »Ihr solltet mit Elayne nach Caemlyn zu Rand gehen. Sie kann Königin werden, und Ihr...« Moghediens Lächeln wirkte überhaupt nicht angenehm. »Früher oder später werden sie Euch festnageln und herauszufinden versuchen, wieso Ihr solch wundervolle Entdeckungen macht und doch wie ein kleines Mädchen ins Zittern kommt, das Süßigkeiten stibitzt hat, sobald Ihr für sie die Macht lenken sollt.«
    »Ich zittere nicht...!« Sie würde sich nicht rechtfertigen, jedenfalls nicht dieser Frau gegenüber. Warum benahm sich Moghedien auf einmal so herausfordernd? »Denkt nur daran: Was sie auch mit mir anstellen - sollten sie die Wahrheit herausbekommen, werden sie Euren Kopf auf jeden Fall auf den Hackblock legen, noch bevor die Woche vorüber ist.«
    »Das würde für Euch aber eine verlängerte Leidenszeit bedeuten. Semirhage hat einmal einen Mann dazu gebracht, fünf Jahre lang jede wache Stunde mit Schreien zu verbringen. Sie hat dabei sogar noch seinen Verstand bewahrt, aber zum Schluß konnte selbst sie seinen Herzschlag nicht mehr länger aufrechterhalten. Ich bezweifle wohl, daß diese Kinder hier auch nur ein Zehntel von Semirhages Geschick besitzen, aber Ihr hättet eine Gelegenheit, am eigenen Leib herauszufinden, was sie fertigbringen.«
    Wie konnte die Frau so etwas sagen? Für gewöhnlich kroch sie beinahe vor Angst, aber das hatte sie nun abgelegt wie die alte Haut einer Schlange. Jetzt hätten sie genausogut zwei gleichgestellte Frauen sein können, die etwas beiläufig Interessantes miteinander zu besprechen hatten. Nein, noch schlimmer: Moghediens Haltung machte deutlich, daß es für sie nur von vorübergehendem Interesse war, doch für Nynaeve von größter Bedeutung! Nynaeve wünschte sich in diesem Moment, sie trüge das Armband. Das hätte sie beruhigt. Moghediens wahre Gefühle konnten überhaupt nicht so kühl und gelassen wie ihr Gesicht und ihre Stimme sein.
    Dann stockte Nynaeve der Atem. Das Armband. Natürlich! Das Armband befand sich nicht im Zimmer. In ihrem Magen ballte sich ein Klumpen Eis zusammen. Mit einem Mal schien ihr der Schweiß doppelt so stark über das Gesicht zu rinnen. Logisch wäre wohl, daß es überhaupt keinen Unterschied machte, ob sich das Armband im Zimmer befand oder nicht. Elayne hatte es angelegt - Bitte, Licht, gebe, daß sie es nicht abgelegt hat! - und die andere Hälfte des A'dam lag fest um Moghediens Hals. Aber mit Logik hatte das alles nichts zu tun. Nynaeve war noch nie mit der Frau allein gewesen, wenn sich das Armband nicht gleichzeitig im Raum befand. Oder besser: die wenigen Ausnahmen hätten jeweils fast zu einer Katastrophe geführt.

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