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Herr des Chaos

Herr des Chaos

Titel: Herr des Chaos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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Emara wird sich gleich übergeben, und das besser draußen. Die Nachttöpfe dürften alle kaputt sein,« Dem Geruch nach hatte sie recht. Tonscherben scharrten über den Boden in dem Versuch, unter dem umgestürzten Bert hervorzurutschen.
    Nynaeve steckte ärgerlich die Arme durch die Aussparungen im Umhang. Mittlerweile konnte sie die Wahre Quelle fühlen, ein warmes Glühen knapp außerhalb ihres Gesichtsfeldes, aber sie mißachtete das absichtlich. Sie war jahrelang ohne die Macht ausgekommen, also würde sie auch jetzt ohne sie auskommen. Sie zog sich Emaras freien Arm über die Schulter und half dabei, die stöhnende Frau in Richtung des Ausgangs zur Straße zu fuhren. Sie schafften es beinahe.
    Als sie schließlich draußen waren und sie Emaras Gesicht abgewischt hatten, waren alle anderen bereits in Bademänteln oder welcher Kleidung auch immer vor dem Haus versammelt und drückten sich ängstlich aneinander. Der immer noch volle Mond, der an einem klaren Himmel hing, tauchte sie in einen hellen Schein. Aus den anderen Häusern rannten ebenfalls kreischende und schreiende Bewohner. Eine Latte in einem Zaun fing an zu wackeln, dann eine weitere. Plötzlich flog ein Eimer sich überschlagend die Straße entlang. Ein mit Feuerholz beladener Karren rollte mit einem Mal vorwärts. Die beiden Deichseln zogen seichte Furchen durch den harten Lehmboden. Von einem Haus weiter unten an der Straße erhob sich eine Rauchwolke und Stimmen begannen, nach Wasser zu rufen.
    Eine dunkle Gestalt, die auf der Straße lag, zog Nynaeve an. Es war einer der Nachtwächter, nach der flackernden Laterne zu urteilen, die neben seiner ausgestreckten Hand lag. Sie sah, wie seine leblosen Augen im Mondschein glitzerten, sah das Blut, das sein Gesicht überströmt hatte und die klaffende Wunde an der Seite seines Kopfes, wo ihn etwas wie ein Axthieb getroffen hatte. Sie fühlte trotzdem nach seinem Hals, ob noch ein Pulsschlag zu spüren sei. Am liebsten hätte sie vor Zorn laut aufgeheult. Menschen sollten am Ende eines langen Lebens in ihren Betten sterben, von der Familie und Freunden umringt. Alles andere war Verschwendung von Leben. Reine verfluchte Verschwendung!
    »Also habt Ihr heute nacht Saidar gefunden, Nynaeve. Gut.«
    Nynaeve fuhr zusammen und blickte zu Anaiya hoch. Ihr wurde bewußt, daß sie tatsächlich Saidar in sich aufgenommen hatte. Und selbst dann war sie noch nutzlos. Sie erhob sich, klopfte sich innerlich er» schöpft den Staub von den Knien und bemühte sich, den toten Mann nicht mehr anzusehen. Wäre sie schneller gewesen, hätte das einen Unterschied gemacht?
    Das Glühen der Macht umgab Anaiya, aber nicht nur sie: Das Licht umfaßte auch noch zwei weitere vollständig bekleidete Aes Sedai, eine Aufgenommene in einem Bademantel und drei Novizinnen im Nachthemd. Eine dieser drei war Nicola. Nynaeve bemerkte nun andere dieser glühenden Gruppen, viele Dutzende sogar, die sich auf den Straßen bewegten. Manche schienen nur aus Aes Sedai zu bestehen, doch die meisten waren gemischt.
    »Öffnet Euch der Verknüpfung«, fuhr Anaiya fort. »Und Ihr, Elayne, und... Was stimmt mit Emara und Ronelle nicht?« Als sie erfuhr, den beiden sei lediglich schlecht, knurrte sie leise etwas vor sich hin und befahl ihnen dann, eine Gruppe zum Verknüpfen zu finden, sobald sie wieder klar im Kopf seien. Schnell erwählte sie vier weitere Aufgenommene aus dem Gedränge um Elayne. »Sammael - falls er es ist und keiner der anderen - wird erfahren, daß wir keineswegs hilflos sind. Nun macht schnell. Berührt die Quelle, aber verhaltet an dem Berührungspunkt Ihr seid offen und gebt dem Strom nach.«
    »Das stammt nicht von einem der Verlorenen«, fing Nynaeve an, doch die mütterliche Aes Sedai schnitt ihr energisch das Wort ab: »Widersprecht nicht, Kind, öffnet Euch nur. Wir haben einen Angriff erwartet, wenn auch nicht gerade so wie jetzt, und uns darauf vorbereitet. Schnell, Kind. Wir haben keine Zeit für müßiges Geschwätz.«
    Nynaeve klappte den Mund zu und bemühte sich, zu jener Schwelle zurückzukehren, an der man Saidar gerade berühren und sich der Macht hingeben konnte. Es war nicht leicht. Zweimal spürte sie, wie die Macht nicht nur in sie einströmte, sondern durch sie hindurch in Anaiya, und zweimal brach der Strom ab und zuckte zur Quelle zurück. Anaiya verzog ärgerlich den Mund und sah Nynaeve an, als glaube sie, die jüngere Frau habe das mit Absicht getan. Beim dritten Mal fühlte sie sich, als habe sie

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