Herr des Chaos
halten. Behüter hatten die Vorbereitungen der Horde verfolgt, wollten zweifellos gesehen werden, aber niemand hatte sich der Horde genähert. Eine weniger erfreuliche Überraschung war die Entdeckung von Olvers Grauem im Hof hinter dem Stall, während Olver selbst in seine Decken gerollt in einer Ecke lag.
»Ihr braucht jemanden, der Euch den Rücken freihält«, belehrte er Mat düster. »Man kann ihr nicht trauen.« Er brauchte Aviendhas Namen nicht zu erwähnen.
Olver hatte kein Interesse daran, mit den Kindern im Dorf zu spielen, so daß Mat den Jungen ertragen mußte, während er ihm in Salidar überallhin nachging, sein Bestes tat, den schwebenden Gang eines Behüters nachzuahmen und ständig nach Aviendha Ausschau hielt, die noch immer nirgends zu sehen war, genauso wenig wie Elayne und Nynaeve. Und die Amyrlin war noch immer beschäftigt. Thom und Juilin waren ebenfalls beschäftigt. Vanin gelang es, einiges aufzuschnappen, aber es war nichts dabei, was Mat glücklich gemacht hätte. Wenn Nynaeve sowohl Siuan als auch Leane wirklich geheilt hatte, wäre sie jetzt unerträglicher denn je. Sie hatte schon immer viel von sich gehalten, und wenn sie vollbracht hatte, was nicht vollbracht werden konnte, wäre ihr Kopf wohl größer als eine Wassermelone. Aber das war noch das wenigste. Die Erwähnung Logains und der Roten Ajah machte Mat Sorgen. Das klang wie etwas, was keine Aes Sedai verzeihen würde. Wenn Gareth Bryne ihr Heer anführte, ging es nicht um Bauernpöbel und das Leerfegen der Straßen mit wenigen Behütern zur Verstärkung. Wenn man dazu noch bedachte, daß Vanin gesehen hatte, wie Lebensmittel eingewickelt und für unterwegs in Fässer verpackt wurden, dann klang das nach Schwierigkeiten. Die schlimmsten Schwierigkeiten, die er sich vorstellen konnte, fast so schlimm, wie einen der Verlorenen gegenüber am Tisch sitzen zu haben, wenn ein Dutzend Trollocs zur Tür hereinkommt. Nichts von alledem machte sie zu geringeren Narren. Es machte sie zu sehr gefährlichen Narren. Wenn Thom jemals aus seinem Versteck käme, könnte er einer seiner Geschichten vielleicht auch einmal ein ›Wie‹ entnehmen.
Abends sprach Myrelle ihn erneut an, ob er ein Behüter werden wolle, und wurde ein wenig ärgerlich, als er ihr sagte, ihres sei bereits das fünfte Angebot, das er seit Sonnenaufgang abgelehnt habe. Er war sich nicht sicher, ob sie ihm glaubte. Sie stürmte so beleidigt davon, wie er es noch nie zuvor bei einer Aes Sedai erlebt hatte. Aber es stimmte. Das allererste Angebot war, als er noch zu frühstücken versucht hatte, von jener Delana gekommen, für die Halima arbeitete, eine stämmige, hellhaarige Frau mit wässerigen blauen Augen, die ihn heftig bedrängte. An diesem Abend hielt er sich vom Tanzboden fern und legte sich mit Musik und Lachen in den Ohren schlafen. Aber beides klang jetzt bitter.
Es war spät am Nachmittag seines zweiten Tages in Salidar, als ein Mädchen in einem weißen Gewand erschien, hübsch, mit Sommersprossen und sehr um frostige Würde bemüht, was ihr beinahe gelang. »Ihr werdet sofort vor der Amyrlin erscheinen.« Punktum, und kein Wort mehr. Mat bedeutete ihr, sie solle vorausgehen. Es schien angemessen, und offenbar gefiel es ihr.
Alle waren sie in dem Raum in der Kleinen Burg: Egwene und Nynaeve und Elayne und Aviendha, obwohl er zweimal hinsehen mußte, um die Aielfrau in einem Blauen Gewand aus edlem Stoff mit Spitzenkragen und Manschetten zu erkennen. Zumindest versuchten weder Aviendha noch Elayne einander zu erwürgen, aber sie zeigten beide versteinerte Gesichter, worin sie sich von Egwene und Nynaeve nicht unterschieden. Alle vier Gesichter waren vollkommen ausdruckslos, und aller Augen waren auf ihn gerichtet. Es gelang ihm, den Mund zu halten, während Egwene seine Möglichkeiten aufzählte, wie sie diese sah, während sie mit einer gestreiften Stola um die Schultern hinter dem Tisch saß.
»Solltest du glauben, daß du nichts von alledem zustande bringen kannst«, beendete sie ihre Rede, »dann erinnere dich, daß ich dich jederzeit auf dein Pferd binden und zur Horde zurückbringen lassen kann. In Salidar ist kein Platz für Faulpelze und Drückeberger. Das werde ich nicht dulden. Du hast die Wahl: Entweder gehst du mit Elayne und Nynaeve nach Ebou Dar, oder du gehst fort und siehst zu, wen du mit deinen Flaggen und Bannern beeindrucken kannst.«
Wodurch ihm tatsächlich überhaupt keine Wahlmöglichkeit blieb. Als er dies sagte, veränderte sich
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