Herr des Chaos
die Königin von Andor.« Zumindest bald. »Ich weiß nicht, welche Gerüchte Ihr meint, aber kümmert Euch besser darum, die Dinge in Cairhien in Ordnung zu bringen, und überlaßt mir die Aes Sedai. Elayne wird Euch dankbar dafür sein, was Ihr hier leistet.« Min schnaubte verächtlich.
»Sie ist eine gute Wahl«, sagte Berelain nachdenklich. »Ich glaube, die Cairhiener werden sie anerkennen und vielleicht sogar auch die Aufständischen in den Bergen.« Das war erfreulich zu hören. Berelain konnte Strömungen im Land gut beurteilen, vielleicht genauso gut wie jede Cairhienerin. Sie atmete tief ein, woraufhin Lews Therin sein Gebrumm unterbrach. »Was die Aes Sedai betrifft - ein Gerücht besagt, sie wären gekommen, um Euch zur Weißen Burg zu geleiten.«
»Und ich sagte, überlaßt die Aes Sedai mir.« Es war nicht so, daß er Berelain mißtraute. Er traute ihr durchaus zu, Cairhien zu regieren, bis Elayne den Sonnenthron einnahm. Er traute ihr sogar zu, selbst keinerlei Ehrgeiz hinsichtlich des Throns zu hegen. Aber er wußte auch: Je weniger Leute sich der Tatsache bewußt waren, daß er Pläne mit den Aes Sedai hatte, desto geringer war die Gefahr, daß Coiren erführe, daß er über ihr Gold und ihre Edelsteine hinausdachte.
Sobald sich die Türen hinter Berelain geschlossen hatten, schnaubte Min erneut. »Ich frage mich, warum sie sich die Mühe macht, überhaupt irgendwelche Kleider zu tragen. Nun, sie wird früher oder später eine Abfuhr erleiden. Ich habe nichts gesehen, was dir irgendwie von Nutzen sein könnte. Nur einen Mann in Weiß, der sie jäh zu Fall bringen wird. Einige Frauen besitzen überhaupt kein Schamgefühl!«
An eben jenem Nachmittag bat sie ihn um Geld, um einen ganzen Raum voller Näherinnen zu bestellen, da sie Caemlyn nur mit dem verlassen hatte, was sie auf dem Leibe trug, und sie begannen, mit Seide und Brokat einen unendlichen Strom von Umhängen und Hosen in allen Farben zu fertigen. Einige der Blusen schienen recht tief ausgeschnitten, selbst unter einem Umhang. Und bei einigen der Hosen war Rand sich nicht sicher, wie sie jemals hineingelangen sollte. Min übte auch jeden Tag das Messerwerfen. Einmal sah er, wie Nandera und Enaila ihr die Kampftechnik mit Händen und Füßen zeigten, die sich erheblich von der unterschied, die Männer ausübten. Die Töchter des Speers mochten es nicht, wenn er zusah, und weigerten sich weiterzumachen, bevor er nicht gegangen wäre. Vielleicht hätte Perrin das alles begriffen, aber Rand entschied zum tausendsten Mal, daß er die Frauen nicht verstand und auch niemals verstehen würde.
Rhuarc kam jeden Tag in Rands Räume oder Rand ging ins Studierzimmer, das Rhuarc sich mit Berelain teilte. Rand war erfreut zu sehen, daß sie fleißig an Berichten über die Verschiffung von Korn, die Wiederansiedlung von Flüchtlingen und die Instandsetzung der im Zweiten Aiel-Krieg entstandenen Schäden arbeiteten. Rhuarc behauptete, beschlossen zu haben, das Ji'e'toh-Spielen der Cairhiener zu ignorieren, obwohl er noch immer jedesmal vor sich hin grollte, wenn er eine cairhienische Frau mit einem Schwert oder ganz in Weiß gekleidete junge Männer und Frauen sah. Die Aufrühr er in den Bergen schienen noch immer abzuwarten, wobei ihre Anzahl im Steigen begriffen war, aber sie kümmerten Rhuarc ebenfalls nicht. Ihn kümmerten die Shaido und die Frage, wie viele Speere sich noch immer jeden Tag auf Tear zubewegten. Kundschafter, die zurückkehrten, berichteten, daß sich die Shaido in Brudermörders Dolch rührten. Es waren keinerlei Anzeichen erkennbar, in welche Richtung oder zu welcher Stunde sie sich fortzubewegen gedachten. Rhuarc berichtete von den Aiel, die noch immer der Trostlosigkeit frönten und ihre Speere niederstießen, von denjenigen, die sich noch immer weigerten, das Gai'shain -Weiß abzulegen, wenn ihre Zeit vorüber war, und selbst von jenen Verstreuten, die weiterhin nach Norden eilten, um sich den Shaido anzuschließen. Es war ein Zeichen seines Unbehagens. Überraschenderweise war Serana bei den Zelten und sogar in der Stadt selbst gewesen, aber am Tag nach Rands Ankunft wieder abgereist. Rhuarc erwähnte es nur nebenbei.
»Wäre es nicht besser gewesen, sie zu ergreifen?« fragte Rand. »Rhuarc, ich weiß, daß sie eine Weise Frau sein soll, aber meiner Meinung nach kann sie keine sein. Ich wäre nicht überrascht, wenn die Shaido ohne sie vernünftig würden.«
»Das bezweifle ich«, erwiderte Rhuarc trocken. Er saß an der
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