Herr des Chaos
beinahe freundlich, aber oh, dieser stechende, stechende, stechende Geruch in seiner Nase.
»Es war nicht so, wie es aussah«, erklärte er, sobald sich die Tür hinter ihnen geschlossen hatte. Sie schwieg. Sie wölbte nur fragend die Augenbrauen. »Nun, es war... Berelain hat mir die Wange getätschelt... « Sie lächelte noch immer, aber ihre Augenbrauen senkten sich jetzt finster, und Perrin roch zusätzlich scharfen Zorn. »Sie hat es einfach getan. Ich habe sie nicht dazu ermutigt, Faile. Sie hat es einfach getan.« Er wünschte, Faile würde etwas sagen, aber sie sah ihn nur an. Er dachte, daß sie wohl auf etwas wartete, aber worauf? Der Atem stockte ihm in der Kehle. »Faile, es tut mir leid.« Der Zorn wurde messerscharf spürbar.
»Ich verstehe«, sagte sie tonlos und verließ den Raum.
Er hatte sich also vollkommen mißverständlich ausgedrückt, und er konnte nicht verstehen, wieso. Er hatte sich entschuldigt, obwohl er nicht einmal etwas getan hatte, wofür er sich hätte entschuldigen müssen.
An diesem Nachmittag belauschte er Bain und Chiad, die darüber berieten, ob sie Faile helfen sollten, ihn - ausgerechnet! - zu schlagen. Er wußte nicht, ob Faile es vorgeschlagen hatte - sie war zornig, aber war sie so zornig? -, doch er vermutete, daß die beiden wollten, daß er ihr Gespräch hörte, was ihn wiederum zornig machte. Faile besprach Angelegenheiten, die nur sie beide etwas angingen, offensichtlich mit den anderen Frauen, was ihn noch zorniger machte. Über welche anderen Bereiche ihrer Ehe plauderte sie beim Tee noch? An diesem Abend zog Faile unter seinen erstaunten Blicken trotz der Hitze ein dickes, wollenes Nachtgewand an. Als er sie fast schüchtern auf die Wange zu küssen versuchte, murmelte sie, daß sie einen anstrengenden Tag gehabt habe, und drehte ihm den Rücken zu. Sie roch wütend, ausgesprochen wütend.
Er konnte bei diesem Geruch nicht schlafen, und je länger er neben ihr lag und in der Dunkelheit die Decke anstarrte, desto zorniger wurde auch er. Warum tat sie das? Konnte sie nicht erkennen, daß er sie liebte? Hatte er ihr nicht immer wieder gezeigt, daß er sie, mehr als alles andere auf der Welt, für immer behalten wollte? Konnte man ihm einen Vorwurf daraus machen, daß eine törichte junge Frau der Hafer stach und sie schäkern wollte? Er sollte sie auf den Kopf stellen und ihr das Hinterteil verbleuen, bis sie wieder zur Vernunft kam. Nur hatte er das schon einmal getan, als sie glaubte, sie könne ihn mit der Faust schlagen, wann immer sie etwas durchsetzen wollte. Auf lange Sicht hatte es ihn mehr geschmerzt als sie. Ihm gefiel nicht einmal der Gedanke daran, daß Faile Schmerzen zugefügt wurden. Er wollte Frieden mit ihr. Mit ihr und nur mit ihr.
Im ersten in den Fenstern widergespiegelten Dämmerlicht ihres sechsten Tages in Cairhien traf er eine Entscheidung. Berelain hatte im Stein mit einem Dutzend Männern geschäkert, von denen er wußte. Was auch immer sie dazu veranlaßt hatte, ihn als ihre Beute zu erwählen, so würde sie sich doch auf jemand anderen verlegen, wenn er eine Weile unerreichbar wäre. Und wenn Berelain erst ein anderes Opfer erwählt hätte, käme Faile wieder zur Vernunft. Es schien ganz einfach.
Er kleidete sich so bald wie möglich an und machte sich auf die Suche nach Loial, frühstückte mit ihm und begleitete ihn in die Königliche Bibliothek. Als er diese schlanke Aes Sedai sah und Loial ihm sagte, sie käme jeden Tag hierher - Loial war in Gegenwart von Aes Sedai zwar schüchtern, aber es störte ihn auch nicht, wenn fünfzig von ihnen um ihn waren -, spürte Perrin Gaul auf und fragte ihn, ob er mit ihm auf die Jagd gehen wolle. Es gab natürlich nicht allzu viel Wild oder Hasen in den Bergen nahe der Stadt, und die wenigen Tiere litten genauso unter der Dürre wie die Menschen, und doch hätte Perrins Nase die Fährte jedes Tieres aufnehmen können. Er legte nicht ein einziges Mal einen Pfeil ein, aber er beharrte darauf, draußen zu bleiben, bis Gaul ihn fragte, ob er im Licht des Halbmonds Fledermäuse jagen wolle. Perrin vergaß manchmal, daß andere Menschen nachts nicht so gut sehen konnten wie er. Am nächsten Tag jagte er ebenfalls bis in die Dunkelheit, wie auch jeden weiteren Tag.
Sein einfacher Plan schien jedoch fehlzuschlagen. Als er in der ersten Nacht in den Sonnenpalast zurückkehrte, den nicht gespannten Bogen über der Schulter und angenehm müde vom vielen Umherwandern, trug ein nur zufälliger Luftzug
Weitere Kostenlose Bücher