Herr des Chaos
herabhängen und sie es tun ließ. »Min wird kommen, wenn sie kommt. Sorilea wird bei den Zelten mit ihr fertig sein, wenn sie mit ihr fertig ist.« Plötzlich spähte sie wachsam zu ihm hoch. »Was wollt Ihr von ihr? Ihr wollt Euch doch wohl kaum ins Gesäß kneifen lassen, wenn die Aes Sedai hier sind.« An diesem Nachmittag wurde ihm kein verstecktes Lächeln gewährt. »Mein Lord Drache.«
Es fiel ihm sehr schwer, nicht die Stirn zu runzeln. Alles verlief so gut ... und jetzt das. Sorilea wußte, daß er Min heute dringender brauchte als bei jeder anderen Anhörung. Man durfte die Gelegenheit, daß Min Coiren und zwei weitere Mitglieder der Abordnung Elaidas mit ihrer Fähigkeit betrachtete, nicht ungenutzt lassen. Sorilea hatte versprochen, sie zurückzuschicken. Er trat wieder fort, aber Sulin folgte ihm und machte sich weiterhin an seinen Knöpfen zu schaffen. »Sulin, ich möchte, daß Ihr zu Sorileas Zelt geht. Sucht Min und bringt sie her. Keine Fragen, Sulin. Tut es einfach.«
Sie brachte ein Lächeln zustande, knirschte aber gleichzeitig mit den Zähnen - ein bemerkenswerter Anblick. »Wie mein Lord Drache befiehlt.« Sie breitete ihre rotweißen Röcke bei einem gekonnten Hofknicks weit aus und beugte den Kopf halbwegs bis zum Boden.
»Wie lange noch?« fragte er, als sie sich zum Gehen wandte. Es war nicht nötig zu erklären, was er meinte. Ihr Zögern zeigte ihm, daß sie verstand.
Schließlich antwortete sie ruhig und bestimmt und ohne zu murren. »Bis meine Schmach der ihren entspricht.« Sie sah ihm einen Moment unverwandt in die Augen, die alte Sulin, wenn auch mit längerem Haar, aber die Maske wurde auch genauso schnell wieder aufgesetzt. »Wenn mein Lord Drache mich entschuldigt - ich muß mich beeilen, wenn ich seinen Befehl befolgen will.« Sulin raffte ihre Rocke bis zu den Knien und lief aus dem Raum. Rand schüttelte den Kopf und schloß den letzten Knopf selbst.
Er hatte ein gutes Gefühl, außer was Min betraf natürlich. Sorilea hatte es versprochen. Min hatte es versprochen. Wenn er erst Coirens unausweichliche Fragen darüber abgewehrt hätte, ob er beschlossen hatte, mit ihr nach Tar Valon zurückzukehren, würde er Min bitten, sich hinsetzen und dann... Er war sich noch im unklaren, was dann geschehen sollte. Aber Alanna war schon wieder eine Tagesreise näher gekommen. Nur noch kurze Zeit, in der er Coiren zuhören mußte, und er würde eine Stunde lang mit seinem Schwert üben.
Demandred, höhnte Lews Therin. Er wollte Ilyena! Der Gedanke an Ilyena ließ ihn, wie üblich, entfernt jammern und klagen, Ilyena! Oh, Licht! Ilyena!
Rand nahm das Drachenszepter mit in den Vorraum. Während er sich fragte, wer Coiren hierher begleiten würde, setzte er sich auf den hohen Stuhl auf dem Podest, um nicht auf- und abschreiten zu müssen. Nicht wegen der Aes Sedai. Wegen Min. Sie wußte, daß er sie brauchte. Sie wußte es.
Schließlich öffnete sich eine der Türen gerade weit genug, daß eine Frau hindurchschlüpfen konnte, aber es war Chiad, nicht Min. »Die Aes Sedai sind hier, Car'a'carn.« Sie sprach den Titel schleppend aus, da sie sich wegen des Häuptlings der Häuptlinge noch immer nicht sicher war und auch nicht so recht wußte, wie sie ihn als Sohn einer Tochter des Speers ansehen sollte.
Rand nickte, richtete sich gerade auf und stellte das Drachenszepter senkrecht auf seinem Knie auf. »Schickt sie herein.« Er würde mit Min ein ernstes Wort reden müssen. Ihre ganze Zeit den Weisen Frauen zu widmen!
Coiren schwebte wie ein rundlicher, eingebildeter Schwan herein, gefolgt von Galina und einer weiteren schwarzhaarigen, hartäugigen Frau mit einem Aes-Sedai-Gesicht. Sie waren heute alle in Grau-Schattierungen gekleidet, vermutlich, weil man darauf den Staub nicht sah. Zu seiner Überraschung kamen hinter den Aes Sedai Dienerinnen mit leichten, über ihren Rücken hängenden Staubmänteln herein, ein volles Dutzend, die sich mit dem Gewicht zweier messingbeschlagener Kisten abmühten. Einige der jungen Frauen sahen ihn an, aber die meisten hielten die Köpfe gesenkt, weil sie sich mit ihrer Last abmühten oder vielleicht auch aus Angst.
Rand schürzte beinahe die Lippen, bevor er es verhindern konnte. Sie glaubten tatsächlich, sie könnten ihn kaufen.
»Schade, daß Eure Grüne Schwester heute nicht hier ist«, bemerkte Galina.
Sein Blick peitschte von den Dienerinnen zu ihr. Alle drei Aes Sedai sahen ihn angespannt an. Wie konnte sie von Alanna wissen?
Aber es war
Weitere Kostenlose Bücher