Herr des Chaos
wartete.
Es war Benji Dalfors stahlstaubfarbener Wallach, und als er näher kam, konnte Gawyn Benji gebeugt sitzen und sich an die Mähne des Wallachs klammern sehen. Das Pferd war schon fast vorüber, als Gawyn die Zügel zu fassen bekam.
Benji wandte den Kopf, ohne sich aufzurichten, und sah Gawyn aus glasigen Augen an. Um seinen Mund war Blut zu sehen, und er hatte einen Arm fest auf den Bauch gedrückt, als wollte er sich zusammenhalten. »Aiel«, murmelte er. »Tausende. Ich glaube, von allen Seiten.« Plötzlich lächelte er. »Es ist kalt heute, nicht...« Blut schoß aus seinem Mund, und er fiel auf die Straße und starrte ausdruckslos in die Sonne.
Gawyn riß seinen Hengst herum und galoppierte auf die Wagen zu. Um Benji konnte er sich später kümmern, wenn dann noch irgend jemand von ihnen lebte.
Galina ritt ihm mit flatterndem Staubmantel entgegen, die dunklen Augen zornerfüllt. Sie war ständig zornig, seit al'Thor zu entkommen versucht hatte. »Was glaubt Ihr, wer Ihr seid, daß Ihr die Wagen anhalten laßt?« herrschte sie ihn an.
»Tausende von Aiel schließen zu uns auf, Aes Sedai.« Er schaffte es, einen höflichen Tonfall beizubehalten. Die Wagen hatten schließlich angehalten, und die Jünglinge formierten sich, aber die Wagenlenker spielten ungeduldig mit den Zügeln, die Diener sahen sich um, während sie sich Luft zufächelten, und die Aes Sedai berieten sich mit den Behütern.
Galina schürzte verächtlich die Lippen. »Ihr Narr. Das sind zweifellos die Shaido. Sevanna sagte, sie würden uns begleiten. Aber wenn Ihr es nicht glaubt, dann nehmt Eure Jünglinge und seht selbst nach. Diese Wagen werden weiter auf Tar Valon zuhalten. Es wird Zeit, daß Ihr lernt, daß ich hier die Befehle gebe, nicht... «
»Und wenn es nicht Eure friedlichen Aiel sind?« Es war nicht das erste Mal während der letzten paar Tage, daß sie vorgeschlagen hatte, er solle selbst einen Spähtrupp übernehmen. Er vermutete, daß er, wenn er es täte, Aiel auffinden würde - und zwar keine friedlichen Aiel. »Wer auch immer sie sind - sie haben einen meiner Männer getötet.« Mindestens einen, denn sechs Kundschafter waren noch draußen. »Vielleicht solltet Ihr die Möglichkeit erwägen, daß dies al'Thors Aiel sein könnten, die gekommen sind, um ihn zu retten. Wenn sie uns angreifen, wird es zu spät sein.«
Erst da erkannte er, daß er schrie, aber Galinas Zorn wich tatsächlich. Sie blickte die Straße zu der Stelle hinauf, wo Benji lag, und nickte dann zögernd. »Vielleicht wäre es nicht unklug, dieses eine Mal vorsichtig zu sein.«
Rand rang nach Atem. Die Luft in seiner Brust fühlte sich dicht und heiß an. Glücklicherweise konnte er es nicht mehr riechen. Sie übergössen ihn jede Nacht mit einem Eimer Wasser, aber das war wohl kaum einem Bad gleichzusetzen, und nachdem sie jeden Morgen den Deckel über ihm geschlossen und ihn verriegelt hatten, griff der durch einen weiteren der prallen Sonne ausgesetzten Tag hinzugefügte Gestank seine Nase erneut an. Es kostete ihn Mühe, das Nichts zu halten. Er bestand nur noch aus Striemen. Es gab von den Schultern bis zu den Knien keinen Fingerbreit Haut, der nicht brannte, noch bevor Schweiß daran geriet, und jene zehntausend Flammen flackerten an den Grenzen des Nichts und versuchten es zu vereinnahmen. Die erst halbwegs verheilte Wunde an seiner Seite pochte dumpf, aber die Leere um ihn herum erzitterte bei jedem Pochen. Alanna. Er konnte Alanna spüren. Nahe... Nein... Er durfte keine Zeit damit verschwenden, an sie zu denken. Selbst wenn sie ihnen gefolgt war, könnten sechs Aes Sedai ihn doch nicht befreien. Wenn sie nicht entschieden, sich Galina anzuschließen. Kein Vertrauen. Er würde niemals wieder irgendeiner Aes Sedai vertrauen. Vielleicht bildete er es sich ohnehin nur ein. Manchmal bildete er sich hier drinnen Dinge ein wie kühle Brisen und daß er umhergehen könnte. Manchmal verlor er den Bezug zu allem anderen und stellte sich vor, vollkommen frei herumzulaufen. Einfach zu gehen.
Er rang nach Atem und ertastete sich dann erneut seinen Weg über die eisglatte Barriere, die ihn von der Quelle abschnitt. Wieder und wieder tastete er sich zu jenen sechs nachgiebigen Stellen.
Nachgiebig. Er konnte nicht aufhören. Das Tasten war wichtig.
Dunkel, stöhnte Lews Therin tief in seinem Kopf. Nicht mehr dunkel. Nicht mehr. Wieder und immer wieder. Aber nicht allzu schlimm. Rand ignorierte ihn.
Plötzlich keuchte er. Die Kiste bewegte sich,
Weitere Kostenlose Bücher