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Herr des Lichts

Herr des Lichts

Titel: Herr des Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roger Zelazny
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über die Schwelle. Er fand sich in einem reich geschmückten Heiligtum wieder. Ein leuchtender Bildschirm hing über dem Altar/Schaltpult, eingefaßt von den Schlingen einer bronzenen Naga, die den eigenen Schwanz zwischen den Zähnen hielt.
    Der Priester verbeugte sich dreimal.
    »Heil, o Herrscher des Alls, der Ihr von den vier Rängen der Götter den höchsten innehabt und der Ihr von den achtzehn Herren des Paradieses der Mächtigste seid. eEin Lotos entspringt Eurem Nabel, der Schlag Eurer Hände bringt die Meere zum Schäumen, mit drei Schritten.«
    »Ich anerkenne die Wahrheit deiner Worte«, erwiderte Brahma. »Ich segne dich und erhöre dich. Du kannst uns jetzt verlassen.«
    »?«
    »Du hast richtig gehört. Zweifellos hat Sam dich doch für ein Privatgespräch bezahlt, oder?«
    »Herr.!«
    »Genug! Geh!«
    Der Priester verneigte sich hastig und verschwand, die Regalwand hinter sich zuziehend.
    Brahma betrachtete Sam, der dunkle Reithosen, einen azurblauen Khamis, den blaugrünen Turban von Urath und eine leere Scheide an einer Gürtelkette aus schwarzem Eisen trug.
    Sam wiederum musterte den anderen, der vor einem schwarzen Hintergrund stand. Über einem leichten Kettenpanzer trug Brahma einen Federmantel, der am Hals von einer Spange aus Feueropal zusammengehalten wurde. Er hatte eine Purpurkrone aufgesetzt, die mit funkelnden Amethysten übersät war, und in seiner rechten Hand hielt er ein Zepter, in den die neun glückbringenden Edelsteine eingefaßt waren. Seine Augen waren zwei dunkle Flecken auf seinem dunklen Gesicht. Das leise Zirpen einer Vina umschwebte ihn.
    »Sam?« fragte er. Sam nickte.
    »Ich versuche deine wahre Identität zu erraten, Brahma-Herr. Ich muß gestehen, es gelingt mir nicht.«
    »So und nicht anders soll es sein«, sagte Brahma, »bei einem Gott, der immer war, der ist und der immer sein wird.«
    »Schöne Gewänder, die du trägst«, sagte Sam anerkennend. »Sie kleiden dich gut.«
    »Danke. Ich kann es kaum glauben, daß du noch lebst. Ich habe nachgerechnet. Du hast dir ein halbes Jahrhundert lang keinen neuen Körper mehr genommen. Das war ein beträchtliches Risiko.«
    Sam zuckte die Achseln. »Das Leben ist voller Risiken, Zufälle und Ungewißheiten. «
    »Allerdings«, sagte Brahma. »Bitte hol dir doch einen Stuhl und setz dich. Mach es dir bequem.«
    Sam befolgte den Rat. Als er wieder aufblickte, saß Brahma auf einem hohen Thron, aus rotem Marmor gehauen, mit einem ebenso rot lodernden Sonnenschirm darüber.
    »Das sieht etwas unbequem aus«, kommentierte der Fürst.
    »Schaumgummipolster«, entgegnete lächelnd der Gott. »Du kannst rauchen, wenn du willst.«
    »Danke.« Sam zog seine Pfeife aus einem kleinen Sack am Gürtel, quetschte Tabak hinein, stopfte sie sorgfältig und zündete sie sich an.
    »Was hast du die ganze Zeit getrieben, seitdem du den himmlischen Hühnerstall verlassen hast?« fragte der Gott.
    »Meine eigenen Gärten kultiviert«, sagte Sam.
    »Wir hätten dich hier oben nötig gebrauchen können«, sagte Brahma, »in unserer Hydroponik-Abteilung. Übrigens, vielleicht können wir dich noch gebrauchen. Erzähl mir mehr über dein Leben unter den Menschen.«
    »Tigerjagden, Grenzstreitigkeiten mit Nachbarreichen, die Aufrechterhaltung der Haremsmoral, ein bißchen botanische Forschung - und mehr in der Art - der Stoff, aus dem das Leben besteht«, sagte Sam. »Jetzt lassen meine Kräfte nach, und ich wünsche mir meine Jugend zurück. Aber, wie ich gehört habe,
    muß mein Gehirn erst gefiltert werden, bevor ich einen jungen Körper erhalten kann. Entspricht das den Tatsachen?«
    »Es ist so üblich«, sagte Brahma.
    »Und aus welchem Grund, wenn ich fragen darf?«
    »Damit das Schlechte vergeht und das Gute besteht«, sagte lächelnd der Gott.
    »Und nehmen wir an, ich wäre schlecht«, fragte Sam, »auf welche Weise würde ich >vergehend«
    »Du würdest deine karmische Bürde in einer geringeren Gestalt abarbeiten müssen.«
    »Hast du irgendwelche Schaubilder und Zahlen bei der Hand, die zeigen, was vergeht und was bestehen bleibt?«
    »Denk nicht schlecht von meiner Allwissenheit«, sagte Brahma und verdeckte mit seinem Zepter ein Gähnen, »wenn ich gestehe, daß ich diese Diagramme im Augenblick vergessen habe.«
    Sam schmunzelte. »Ihr braucht also einen Gärtner für die Himmlische Stadt?«
    »Ja«, sagte Brahma. »Willst du dich um den Posten bewerben?«
    »Ich weiß nicht«, sagte Sam. »Vielleicht.«
    »Vielleicht auch nicht?«

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