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Herr Lehmann: Herr Lehmann

Titel: Herr Lehmann: Herr Lehmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven Regner
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Tischen, manche kamen herein, andere standen mit ihrem Bier in der Faust auf der Straße herum oder setzten sich in die Bushaltestelle. Herr
    Lehmann mußte erst einige Leute bedienen, die geduldig am Tresen warteten. Es waren gut erzogene Kunden, die ins Einfall kamen. Erwin nickte duäster und tat gar nichts.
    „Die sollen da mal aus der Bushaltestelle gehen", rief er plotzlich und sprang von dem Barhocker auf, auf dem er gesessen hatte. „Da krieg ich nur wieder Arger mit dem KOB."
    Vielleicht wollen sie ja Bus fahren" , schlug Herr Lehmann vor, wäahrend er Flaschen entkorkte und Geld kassierte.
    Sag das mal der BVG" , rief Erwin, die haben sich schon beschwert, sagt der KOB. Was meinst du, wie schnell die einem den Laden zumachen."
    Mein Gott, Erwin, jetzt bleib mal locker", sagte Herr Lehmann. Du regst dich viel zu sehr auf. Wahrscheinlich arbeitest du zuviel", baute er ihm eine goldene Bracke zu einem anderen Thema. Aber ohne Erwin.
    Die machen wieder Razzien, in Schäoneberg haben sie das Loch zugemacht, wegen Drogen."
    „Schäneberg", sagte Herr Lehmann abwiegelnd. „In Kreuzberg wird doch hächstens gekifft."
    Und das ganze Speed", schrie Erwin gegen die Bumm-bumm-Musik, die Herr Lehmann nach und nach immer lauter machte, an, was meinst du, was die in Kreuzberg fuär Speed nehmen, von Koks mal ganz zu schweigen, was meinst du, was die hier bei den Leuten alles finden, wenn da mal 'ne Razzia ist."
    Der Laden fullte sich immer mehr mit Leuten, die nach Getränken verlangten, und sogar Erwin hatte das jetzt gemerkt und arbeitete mit. Was ihn aber, zu Herrn Lehmanns Bedauern, nicht daran hinderte, weiter seinen Kram zu reden, wenn auch in fragmentarischer Form.
    Und dann die ganzen Junkies . . . Und dieses neue Zeug, Ecstasy . . . Und diese ganzen Designerdrogen . . . "
    Herr Lehmann hoärte nicht mehr hin. Seiner Meinung nach war Erwins einziges Problem, daß er jeden Montag den Spiegel las und das, was er da las, viel zu ernst nahm. Draußen deutete alles auf ein Gewitter hin. Die Leute sind komisch drauf, irgendwie hektisch, dachte Herr Lehmann. Von der nahegelegenen Feuerwache kamen Sirenengeheul und Blaulichtreflexe heräber, und es kam ein Wind auf, der Staub und Mull durch die Straße wirbelte und an der Markise ruättelte.
    „Erwin", unterbrach er seinen Chef, der immer noch von Drogen faselte und davon, daß man ihm bald alle Kneipen dichtmachen wuärde. Erwin, ich hol mal eben die Markise rein."
    Ja, ja", rief Erwin, der sich gerade seinen ersten Spezialbrandy, wie er es nannte, eingeschenkt hatte, „gute Idee. Du bist eine Perle, Herr Lehmann!" Er hob das Glas und prostete Herrn Lehmann zu.
    Herr Lehmann holte die lange Kurbel aus der Köche und ging nach draußen. Waährend er an der Markise kurbelte, fielen die ersten Regentropfen, und die Leute, denen er gerade in diesem Moment das Dach öber dem Kopf nahm, protestierten fröhlich. Dann kam es wie aus Eimern herunter und alles störmte in die Kneipe hinein, außer Herrn Lehmann, der weiter die Markise einkurbelte, und den Leuten, die sich in der Bushaltestelle draängelten und ihn johlend anfeuerten. Als Herr Lehmann endlich fertig war und in die Kneipe zuräckkam, war er klatschnaß, und Erwin war sehr besorgt.
    Mensch Kerle, so kannst du nicht weiterarbeiten. Du bist ja ganz durchgeweicht. Ich hol dir mal ein T-Shirt von oben." Praktischerweise wohnte Erwin seit seiner Scheidung von Frau und Kind direkt öber dem Einfall, weshalb dies auch der einzige Laden war, in dem er noch selber arbeitete. Der Spezialbrandy hatte ihm gutgetan, er sah jetzt viel entspannter aus. „Nimm erst mal einen von dem hier." Er schwenkte die Spezialbrandyflasche, auf der sein Name vermerkt war.
    Herr Lehmann lehnte den Schnaps dankend ab, wollte aber das T-Shirt haben, denn sich wegen Erwins Markise zu erkaälten, ging in seinen Augen zu weit. Die Kneipe war jetzt knöppelvoll, die Leute drängelten sich aneinander vorbei und umeinander herum, und es roch nach Schweiß und nassen Kleidern. Die Stimmung war gut, das allen gemeinsame Erlebnis, vor dem Regen geflöchtet zu sein, bekam ihr blendend, und es wurde gesoffen, was das Zeug hielt. Herr Lehmann hatte nichts dagegen. Er stand gerne hinter dem Tresen, wenn der Laden voll war. Er mochte die Hektik und das schnelle Arbeiten, es ist besser als herumzuhaängen, dachte er einmal mehr, waährend die Leute sich auf der anderen Seite des Tresens drängelten, manche rufend, andere bloß flehentlich guckend, manche

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