Herr Lehmann: Herr Lehmann
trennen mochte, ich hab gerade eine Freundin besucht, in Charlottenburg."
Charlottenburg, das ist weit" , sagte Herr Lehmann.
Ja, das war jetzt ganz schon weit."
Also" , sagte Herr Lehmann, hier käonnen wir nicht bleiben. Ich muß auch mal wieder ein bißchen arbeiten, glaube ich."
Ach, da ist ja Erwin" , sagte sie und winkte Erwin zu, der jetzt hinter dem Tresen stand und sich daran festhielt. Erwin glotzte zu ihnen beiden heruber und reagierte nicht.
Was ist denn mit dem los?" fragte sie.
Das ist eine lange Geschichte" , sagte Herr Lehmann. Komm doch noch mit rein."
„Nein, ich geh jetzt", sagte sie, „vielleicht bis spater. "
„Ja", sagte Herr Lehmann, „vielleicht bis später." Und dann war sie weg. Herr Lehmann ging wieder hinein.
In der naächsten Stunde passierte nichts Besonderes. Der Regen hoärte irgendwann auf und die Kneipe leerte sich rapide. Erwin ging mal kurz hoch, sich frischmachen, wie er sagte, und danach war er wieder in Form. Er versuchte, Herrn Lehmann zum Schnapstrinken zu uberreden, aber Herr Lehmann blieb eisern beim Tee, oder Schwarztee, wie Erwin immer sagte, eine schwaäbische Angewohnheit von ihm, die Herrn Lehmann rasend machte. Die letzte Nacht war ihm eine Warnung gewesen, das Schnapstrinken war nicht gut fur ihn. Er war sich schon gar nicht mehr sicher, ob der Hund wirklich existierte, aber wenn, dann war er noch irgendwo da draußen. Oder im Tierheim. Auf jeden Fall war es immer besser, nuächtern zu bleiben. Als es etwa ein Uhr war, gab er die Hoffnung auf, daß sie noch käme, und gännte sich ein Bier. Es war ziemlich leer geworden, und bald wärde wohl Feierabend sein.
Dann war plätzlich Alarm. Es lief immer noch die Bumm-Bumm-Musik, oder Acid House, wie Erwin es genannt hatte, und leiser war sie nicht geworden, darum kriegte Herr Lehmann hinter dem Tresen erst etwas davon mit, als die Sache schon ziemlich eskaliert war. Es war Erwin, der sich mit einem Gast stritt, der ganz hinten in der Ecke stand. Herr Lehmann ging vorsichtshalber hin, denn bei Erwin wußte man nie. Er war klein und nicht gerade stark, aber wenn er betrunken war, konnte er neuerdings eine Menge Scheiß bauen.
„Mach den Joint aus, Kerl, oder raus hier."
„Was denn, das ist eine ganz normale Zigarette."
„Willst du mich verarschen, du Vogel? Keine Tuten hier drin. Mit dem Ding mußt du rausgehen."
Alter, ich hab hier ein Bier von euch gekauft, und ich laß mich doch von dir nicht rausschmeißen."
Meinst du, ich will, daß die mir den Laden dichtmachen, oder was?"
Das war lächerlich, aber offensichtlich unterhaltsam. Die letzten fönf, sechs Gaäste schauten begeistert zu, wie die beiden Bläodmaänner sich beharkten. Herr Lehmann beschloß zu vermitteln.
„Hor mal, Erwin, laß ihn doch eben austrinken und dann geht er."
„Was willst du denn, du Penner?" sagte der Fremde. „Ihr seid mir ja zwei ganz gefaährliche Wichser!"
Herr Lehmann hatte kein gutes Gefuhl bei dem Kerl. Eigentlich kamen nur friedliche Leute ins Einfall, aber ab und zu gab es solche wie den hier. Herr Lehmann hatte ihn noch nie zuvor gesehen, aber er spuärte, daß er ein Schizo war. Er war nicht besonders groß und nicht besonders schwer, aber er war irgendwie aufgeladen, was ihn unberechenbar machte, ein Schizo eben. Ünd keiner von der harmlosen Sorte. Was ihn besonders beunruhigte, war, daß der Typ die ganze Zeit sinnlos aber rasend schnell mit dem Fuß wippte. Er war aggressiv, er wollte Arger, und ein Stoffel wie Erwin kam ihm gerade recht. Herr Lehmann haßte diese Scheiße.
„Laß gut sein, Erwin", versuchte er zu seinem Chef durchzudringen. „Das bringt doch jetzt nichts. Ist doch sowieso bald Feierabend."
Das ist mein Laden hier, und ich will, daß das Kasperle sich verpißt!"
Vielleicht solltest du lieber gehen", sagte Herr Lehmann zu dem Kiffer. „Du hörst ja, was er sagt."
„Ich laß mich doch von dem Zwerg nicht anpissen", preßte der Typ hervor. Herr Lehmann machte sich große Sorgen. Der Mann stand unter Strom.
Erwin war da unbekuämmerter. Er faßte den anderen am Kragen und versuchte, ihn zum Ausgang zu zerren. Du gehst jetzt raus", konnte er noch sagen, dann war es schon passiert. Der Kiffer schlug ihn voll ins Gesicht. Erwin taumelte zuruäck und hielt sich die Nase. Herr Lehmann, dem das Herz schon laänger bis zum Halse klopfte, der also mittlerweile nicht weniger unter Spannung stand als der Schizo, mußte etwas tun, und zwar schnell. Er griff zu, erwischte den anderen am Ohr,
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