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Herr Lehmann: Herr Lehmann

Titel: Herr Lehmann: Herr Lehmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven Regner
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der Sommer vorbei war. Ihm sollte es recht sein. Er mochte den Sommer zwar gerne, es war die schoänste Jahreszeit in Berlin und er hatte nie verstanden, warum die Leute ausgerechnet im Sommer in den Ürlaub fuhren, aber andererseits hatte der Sommer auch immer so etwas Forderndes, im Sommer wurde Herr Lehmann immer von dem Geföhl bedrängt, er muäßte aus dem schoänen Wetter etwas machen, etwas mit Freunden unternehmen oder so, Grillen, Ausfluäge machen, an Badeseen fahren . . . - alles Aktivitäten, auf die Herr Lehmann keinen großen Wert legte, die auch bei seinen Freunden nicht in hohem Kurs standen, deren theoretische Möglichkeit ihm aber das Geföhl gab, etwas zu verpassen, die Zeit des schonen Wetters nicht richtig auszunutzen, geradezu zu verplempern. Den Rest des Jahres war es einfacher. Wenn draußen alles naß und grau war, oder besser noch kalt und schmutzigweiß, dann konnte er ohne Problem den Tag mit einem Buch im Bett vertroädeln und darauf warten, daß es wieder dunkel und Zeit zum Arbeiten wurde. Eigentlich ist es Ünsinn, so zu denken, dachte er jetzt, waährend er in den Regen hinaussah. Es ist derselbe Quatsch wie mit dem Lebensinhalt, dachte Herr Lehmann, man denkt, man muäßte etwas aus dem Sommer machen, dann hat man schon verloren, man sollte sich einfach nur an ihm erfreuen und kein schlechtes Gewissen dabei bekommen, dachte er. Naja, jetzt ist es erst einmal vorbei, dachte er etwas traurig, wäahrend draußen an der Haltestelle ein schwankender, hellscheinender Doppeldeckerbus einfuhr. Es stieg nur eine Person aus, aber Herr Lehmann erkannte sie gleich an ihrer Statur und ihrem Gang. Sie hatte keine Regenkleidung an, sondern nur Jeans und ein T-Shirt, und sie stellte sich erst einmal in der Bushaltestelle unter.
    Er ging an die offene Kneipentuär und rief: Katrin!"
    Sie reagierte nicht, obwohl er uäbertrieben winkte. Vielleicht war sie es doch nicht. „Hallo! Hallo!" rief Herr Lehmann noch einmal so laut er konnte.
    Dann kam sie angelaufen. Sie war es wirklich. Sie stellte sich zu ihm in
    den Eingang der Kneipe.
    „Scheiße", sagte sie, „jetzt hab ich nasse Fuße."
    Willst du was trinken? Ich arbeite hier" , sagte Herr Lehmann. Ich muß auch wieder rein" , fuägte er hinzu, denn so nah bei ihr zu stehen, daß er ihre nassen Haare riechen konnte, machte ihn nerväs.
    Ich wollte eigentlich nach Hause" , sagte sie. Außerdem habe ich nasse Haare. Und nasse Fuße."
    „Ja", sagte Herr Lehmann. „Dagegen sollte man etwas tun. Unbedingt."
    Sie laächelte und beruährte kurz seinen Arm. Du bist ein komischer Kauz" , sagte sie rätselhaft. „Und hier arbeitest du?" Sie standen immer noch im Eingang, und waährend sie das sagte, schaute sie in das Einfall hinein.
    „Ja, das ist das Einfall."
    „Das wußte ich nicht. Bin ich schon oft dran vorbeigekommen, ich wohne hier um die Ecke. Steht gar nicht dran."
    Ach so" , sagte Herr Lehmann, der das noch gar nicht bemerkt hatte, obwohl er seit Jahren hier arbeitete. „Das sollte man Erwin mal sagen."
    „Ja", sagte sie zägernd, „ich glaube, ich geh dann erst mal nach Hause. Ich wohne hier näamlich um die Ecke", wiederholte sie.
    Ah ja, ach so" , sagte Herr Lehmann.
    „Ich zieh mich lieber erst mal um."
    Ja, genau" , sagte Herr Lehmann.
    „Vielleicht komm ich dann noch mal rein. Wie spät ist es denn jetzt uberhaupt?"
    „Weiß nicht", sagte Herr Lehmann, „elf, halb zwälf, keine Ahnung."
    So späat schon?"
    Ja, ja, sicher" , sagte Herr Lehmann. Wir haben aber mindestens bis zwei offen, meistens bis drei oder vier."
    „Ja, aber das wird dann, also das wäre mir dann auch zu spat."
    Ja klar, logisch", sagte Herr Lehmann. Sie standen immer noch im Eingang, manchmal draängelte sich jemand zwischen ihnen durch, und sie versuchten dabei, den Blickkontakt nicht abreißen zu lassen. Aber es ist ja erst elf, halb zwoälf . . . "
    „Ja, ich muß mich erst mal umziehen. Außerdem habe ich nasse Haare."
    Also" , nahm Herr Lehmann all seinen Mut zusammen, wäahrend sie sein T-Shirt betrachtete, also ich faände das nett, wenn du noch mal vorbeikommst."
    „Echt?" fragte sie kokett und lächelte ihn an.
    „Ja klar", sagte Herr Lehmann, „dann geb ich dir einen aus. Das T-Shirt ist nicht von mir", stellte er klar, weil sie immer noch draufguckte, „das hab ich von Erwin bekommen. Bin vorhin auch naß geworden."
    „Ja, das kam plätzlich", sagte sie, und Herr Lehmann hoffte, daß sie deshalb so sinnlos daherredete, weil sie sich nicht

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