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Herr Lehmann: Herr Lehmann

Titel: Herr Lehmann: Herr Lehmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven Regner
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nuächtern geworden war und zu aller Erstaunen eine Runde ausgab, dazu uäberreden konnte, an ihm selbst zu demonstrieren, wie Herr Lehmann mit dem Ohr seines Gegners verfahren war. Beeindruckt sahen Jörgen und Marko zu, wie Erwin einen um Gnade winselnden Karl im Entengang am Tresen vorbeifuähr-te.
    „Das ist groß, Herr Lehmann, ganz groß." „Das muß ich mir merken. Wir sollten es als Kreuzberger Schraube patentieren lassen."
    Herrn Lehmann war nicht wohl dabei. Zum einen war es nur seinem besten Freund Karl zu danken, daß er einigermaßen unbeschadet aus der Sache herausgekommen war, und zum anderen haßte er es, sich zu prögeln, er schaute auch nicht gerne anderen dabei zu, es sah häaßlich aus, es war peinlich, und vor allem gab es dabei nichts zu gewinnen. Daß man ihn dazu gezwungen hatte, denn so sah er die Sache, warf einen dunklen Schatten auf seine Existenz. So einen uäblen Mist wie diesen kannte er bisher nur aus den Erzäahlungen anderer, die in härteren Kneipen als dem Einfall arbeiteten. Im Einfall waren die Schizos immer einfach zu vertreiben gewesen, sie kamen meist nur tagsöber, vor allem gegen Ende des Winters, wenn sowieso alle auf der Wiener Straße mit den Nerven am Ende waren. Daß es dabei körperlich wurde, kam nur selten vor, und wenn, dann war es nicht schlimm, man schubste sie hinaus und das war's dann. Aber so, wenn sie jetzt schon anfingen, sich zu pruägeln .. .Vielleicht hatte Katrin, die schöne Köchin, am Ende doch recht gehabt, vielleicht war es doch nicht das Wahre, fuär immer hinter einem Kneipentresen zu stehen. Das wurde dann aber bedeuten, daß er sein Leben ändern mußte. Ünd das wollte er nicht, ihm gefiel sein Leben, er stand gerne hinter dem Tresen, es gab nichts, was er lieber tat. Er versuchte sich kurz einmal vorzustellen, wie es wäre, wieder in seinem gelernten Beruf zu arbeiten, als Speditionskaufmann. Das war so absurd, daß er lachen mußte.
    Schau an, er lacht wieder" , sagte sein bester Freund Karl zu Erwin und klopfte Herrn Lehmann auf die Schulter. Sie saßen mittlerweile zu dritt an einem Tisch ganz hinten im Dunkeln. Herr Lehmann ist der rustikalste Mensch auf der ganzen Welt. Egal, was los ist, gib ihm ein Bier, und er ist wieder obenauf."
    „Oben auf, unten auf", sagte Erwin launig, „ist doch egal. Ich hol ihm noch ein Bier."
    Nichts da!" rief Karl bedeutend und stand auf. Er schwankte leicht, hielt sich aber noch ganz gut fur einen, der seit 36 Stunden nicht geschlafen hatte. „Ich bin dran. Es gibt was zu feiern."
    Er ging zum Tresen. Erwin schob sein Gesicht an Herrn Lehmanns Ohr. Zwar lief im Abfall nicht die Bumm-Bumm-Musik, die Erwin Acid House nannte, sondern irgendein Rockmusikkram, aber auch der war laut.
    „Wer ist eigentlich dieser Kerl mit dem Weizenbier?" schrie Erwin. „Schau nicht hin, der am Tresen, der seit ein paar Wochen bei uns rumhangt."
    Heißt Rainer" , sagte Herr Lehmann.
    Woher weißt du das?"
    „Hat er mir vorhin gesagt. Und hur auf, mir ins Ohr zu schreien, das nervt."
    „Der Typ ist komisch."
    „Klar ist der komisch, die Welt ist voll von komischen Leuten." Gerade kam sein bester Freund Karl mit Bier, Brandy und einer Tuäte Kartoffelchips wieder. Karl" , fragte Herr Lehmann, weißt du noch . . . "
    Hier" , unterbrach ihn sein bester Freund Karl und ließ die Kartoffelchips auf den Tisch fallen. „Schon aufessen. Denkt an die Elektrolyte. Der Elektrolytmangel ist der groäßte Feind des Trinkers. Von der Dehydrierung einmal abgesehen." Er nahm einen großen Schluck Bier. „Morgen fruh werdet ihr mir dankbar sein."
    Karl" , nahm Herr Lehmann seine Frage wieder auf, weißt du noch, der Typ, der damals jeden Abend im Treibsand saß und Weizenbier trank, eins nach dem anderen, wie hieß der noch mal?"
    Du meinst Schneider-Juärgen. Was soll mit dem sein?"
    Schneider-Juärgen" , gab Herr Lehmann an Erwin weiter. Der war auch so einer. Was ist aus dem eigentlich geworden?" wandte er sich an Karl.
    Ist gestorben", sagte Erwin, ohne den Blick von dem Mann am Tresen zu nehmen.
    Wieso das denn?"
    „Weiß auch nichts Genaues", fugte Erwin hinzu. „Ist ja auch egal. Jedenfalls stimmt mit dem was nicht."
    Wie jetzt", rief Karl von der anderen Seite, was ist mit SchneiderJörgen? Was stimmt mit dem nicht?"
    Der ist tot", sagte Herr Lehmann.
    „Ihr mußt Kartoffelchips essen", rief Karl, der schon nicht mehr zuhorte, und steckte sich eine Faustvoll davon in den Mund.
    „Was soll denn mit dem schon sein", sagte Herr

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