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Herr Mozart wacht auf: Roman (German Edition)

Herr Mozart wacht auf: Roman (German Edition)

Titel: Herr Mozart wacht auf: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Baronsky
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Baugrube drang, die den Gehweg verstellte; zwängte sich zwischen geparkten Fuhrwerken hindurch, um die Straßenseite zu wechseln. Energisch griff er nach einer Musik, einem Kanon, den er einst in einerLaune ersonnen hatte, doch er klang schal und hohl, laute Fanfaren schnitten hinein, wie gebannt starrte Wolfgang in blendende Lichter. Er hörte ein Kreischen, fuhr zurück, ein bleierner Schlag, etwas prallte gegen seinen Arm, seinen Kopf, riss ihn herum, er stürzte, dachte an Anju und versank im Schwarz.
     
    Das Nächste, was er wahrnahm, war ein dumpfer Schmerz an seiner Schläfe, er fühlte feuchtkalten, harten Boden unter sich, und wie von fern drang eine fluchende Männerstimme zu ihm durch. Er blinzelte, sah bleigrauen Himmel und richtete sich vorsichtig auf. Fuhrwerke dröhnten hupend an ihm vorüber.
    »Heh! Hörst mich? Kannst aufstehen?«
    Wolfgang entdeckte das Gesicht eines Mannes, eine steile Stirnfalte unter einer blauen Mütze.
    »Lasst mich, ich mag nimmermehr.«
    »Blödsinn. Los, komm, runter von der Straße.«
    Wolfgang ergriff die dargebotene Hand, sein Arm schmerzte beim Aufstehen.
    »Beim nächsten Mal bringst dich woanders um, aber nicht mehr bei meiner Tour. Menschenskinder!«
    Mühsam stieg Wolfgang hinter dem Mann in ein großes Fuhrwerk ein, suchte nach der Bezeichnung, fand sie nicht, sah sich von Menschen umgeben, alle starrten ihn an, als er hineinhumpelte und sich in einen Sitz drücken ließ. Eine Frau jammerte laut. Etwas Warmes verklebte sein Auge, und Wolfgang merkte, dass Blut auf seine Jacke tropfte.
    Omnibus.
    Seine Kleider klebten durchnässt auf seinen Schultern. Die Frau heulte noch immer, nach und nach stiegen Leute aus, der Mann mit der Mütze sprach aufgeregt in ein Siemens hinein.
    Selbstmörder.
    »Aber ich …« Doch Wolfgang unterließ es, zu widersprechen, was machte das für einen Unterschied?
    Bald darauf blitzten blaue Rhythmen über die nassglänzende Straße, Männer in grellroten Jacken kamen, hoben Wolfgang aus dem Omnibus und legten ihn auf eine Pritsche, schoben ihn in einen großen Wagen, die Wände voller Kästen, Schläuche und Geräte.
    »Hören Sie mich? Können Sie Ihren Arm bewegen?«
    Wolfgang hob zur Antwort die Hand.
    »Wie heißen Sie? Wissen Sie, welcher Tag heute ist?« Einer beugte sich über ihn, fasste ihm ans Auge, marterte es mit grellem Licht, ein anderer quetschte ein dickes Polster um seinen Hals. Wolfgang schloss die Augen, schwieg, wandte den Kopf zur Seite.
    »Wir bringen Sie jetzt ins Spital, sollen wir jemanden informieren?«
    Nein, keine Doktoren, er wollte sich wehren, als man ihn mit Bändern auf seiner Trage festschnürte, endlich gab er auf und spürte das Dröhnen des Fahrzeugs am ganzen Körper. »Sie sind mir alle genommen«, antwortete er schließlich, doch er war nicht sicher, ob ihn überhaupt noch jemand hörte.
     
    Man legte eine Decke über seinen Leib, als er aus dem Wagen gefahren wurde, das helle Licht eines gläsernen Portals lenkte seinen Blick, der Grellbekittelte schob ihn hindurch, durch lange, helle Flure, eine neue Pritsche, er lag, raues Papier unter seinen Händen, weiße Kittel, ein Kommen und Gehen. Auf der Wunde an seinem Kopf klebte ein Verband. Eine kam und wickelte ihm ein Band um den Arm, wie eine Würgeschlange zog es sich fester, bis es piepste und Wolfgang erschrocken aufschrie.
    »Hört auf, so lasst mich, warum tut Ihr mir das an?«
    »Beruhigen Sie sich doch.«
    »Was ist hier los?«
    »Er will seinen Namen nicht sagen, Herr Doktor, und ich glaub, irgendwas stimmt mit seiner Krankenversicherung nicht.«
    Ein weißer Kittel beugte sich über ihn. »Hm, hauchen Sie mich mal an.«
    »Mit den Doctoren will ich nichts zu schaffen haben und kann ohnedem keine Konsultationen nicht bezahlen.«
    »Das kriegen wir schon hin, Schwester, die Polizei ist ja auch gleich da, Blutentnahme unter Aufsicht und dann das Übliche.«
    Wolfgang sah den Weißbekittelten kopfschüttelnd den Raum verlassen, wand sich, setzte sich auf und rührte mit den Füßen nach seinen Schuhen, fand sie nicht.
     
    Der Arzt kehrte zurück, hinter ihm ein Mann in blauer Jacke. Wieder wurde Wolfgang ein Band um den Arm gelegt, geduldig hielt er stille, erst ein stechender Schmerz ließ ihn zusammenfahren. Er schrie auf, als er sah, wie Blut aus seinem Arm in ein Röhrchen schoss. »Kein Aderlass mehr, hört’s auf, ich will nimmer. Ihr habt’s schuld an meinem Tod!«
    Fluchend hielt der Arzt dem Blauen das blutgefüllte Röhrchen

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