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Herr Mozart wacht auf: Roman (German Edition)

Herr Mozart wacht auf: Roman (German Edition)

Titel: Herr Mozart wacht auf: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Baronsky
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sprang auf und reichte Liebermann die Hand. »Nun, indem das Rätsel wohl zu Ihrer Zufriedenheit gelöset ist, darf ich darauf hoffen, die Adressen zu erfahren?«
    Liebermann sah ihn verständnislos an. »Rätsel? Adressen?
Sie
sprechen in Rätseln, mein Lieber.«
    Wolfgang zog vorsorglich die Mundwinkel in die Breite und suchte vergeblich nach einem Schmunzeln in Liebermanns Miene. Wie alt mochte er sein? Sein Haar war schlohweiß, sicher hatte er sein Siebzigstes längstens überschritten. Sollte es verwundern, wenn er etwas vergaß, das ihm am Vortage eingefallen war? Wolfgang zog die Zahlenkarte aus seiner Hosentasche, faltete sie auseinander und hielt sie mit einem fürsorglichen Lächeln vor Liebermanns Brille. »Nun, gewiss entsinnen Sie sich, lieber Liebermann, mein lieber Mann, haha, auf jene Scolarinnen, welche Sie mir anzuvertrauen gedachten?«
    Liebermann griff nach dem Papier, warf einen knappen Blick darauf, dann zu Wolfgang. »Ja, haben Sie denn nicht angerufen?«
    Angerufen. Wolfgang kramte in seinem Gedächtnis nach diesem Wort, doch es kam nichts zum Vorschein, das hätte passen können. Angerufen. Hatte Piotr dieses Wort schon benutzt? Gedanken, Worte und Töne purzelten durch sein Hirnkastl wie durch ein unaufgeräumtes Tiroir. »Ähm. Nun …« Er wagte Liebermann nicht anzusehen, schickte stattdessen seinen Blick über die Klaviatur und schob den Zeigefinger in die Furche zwischen Fis und Gis. »Ange rufen , tja, also …«
    »Ach herrje, Ihr Künstler.« Liebermann erhob sich mit einem Seufzer, schüttelte leicht den Kopf. »So einenschüchternen Eindruck machen Sie eigentlich gar nicht, Herr Mustermann.« Er winkte Wolfgang mit der Hand, ihm ins Kontor zu folgen, griff dort nach einem kleinen schwarzen Gegenstand und tippte darauf herum. Es musste sich um ein Musikinstrument handeln, denn es gab leise piepsende Töne von sich, die jedoch mehr für ein Kinderspielzeug denn zum Musikmachen getaugt hätten. Schließlich hielt Liebermann sich das Instrument ans Ohr.
    »Liebermann, grüß Gott. Wie geht es Ihnen?«
    »Vortrefflich«, antwortete Wolfgang verwundert, doch der Alte sah ihn nicht an, sein Blick ruhte auf einem Punkt irgendwo oberhalb der Türlaibung.
    »Ich hätte einen Klavierlehrer für Sie. Besteht noch Bedarf?«
    Wolfgang straffte den Rücken. »Ich kann gewiss Zeugnis davon ablegen, dass meine Fertigkeiten auf dem Klavier von einer Weise sind, dass es dermalen nicht viele gibt, die mir etwas vorzumachen imstande wären!«
    Liebermann wedelte grimmig mit der Hand in Wolfgangs Richtung. »Am besten, Sie besprechen das direkt mit ihm, er steht gerade hier neben mir. Einen Moment, bitte.«
    Wolfgang nahm zögernd das schwarze Ding entgegen, hielt es argwöhnisch zwischen Daumen und Zeigefinger. Das Instrument hatte fünf mal drei Tasten mit Zahlen darauf, in einem grün leuchtenden Viereck waren eckige Zeichen vermerkt, darüber schließlich stand das Wort Siemens geschrieben. Wolfgang fühlte über die Tasten, drückte vorsichtig die Fünf, bis es piepste, dann die Vier. Sie piepste im gleichen tumben Es. Enttäuscht reichte Wolfgang es an Liebermann zurück.
    Der zog die Brauen zusammen, begann zu flüstern. »Jetzt reden Sie schon mit ihr, sie hat noch keinen gefressen.«
    »Hallo?« Eine blecherne Stimme tönte leise aus dem Piepsgerät. »Hallo!«
    »Hallo«, antwortete Wolfgang und hielt das Ding näher an sein Ohr.
    »Mit wem spreche ich denn?« Die Blechstimme klang ungeduldig.
    Wolfgang nahm es vom Ohr, sah verwundert darauf. »Es spricht«, wandte er sich an Liebermann.
    »Hallo! Herr Liebermann!«
    »Nein, der Mustermann. Der Mustermann bin ich. Wenn auch gewiss ein lieber Mann, haha!«
    »Wer? Mustermann?«
    Ein Mechanikum, das antwortete! Wolfgang presste es fest an sein Ohr. Das begann Spaß zu machen. »Muster mann , ganz recht. Wolfgang Mustermann. Compositeur aus Wien. Und was bist du für eines?«
    Liebermann schlug sich die Hand an die Stirn und sah Wolfgang entgeistert an. Wolfgang schluckte. Vielleicht war es gewünscht, dass man zu einem solchen Apparat auch höflich war. »Ich ersuche untertänigst um Vergebung, wehrte, ähm, Dame.«
    »Auerbach.« Die Stimme klang nun bissiger. »Ich bin nicht sicher, ob Sie für meine Klavierstunden in Frage kommen. Geben Sie mir den Herrn Liebermann wieder.«
    Irgendetwas war schiefgelaufen. Wolfgang reichte Liebermann das Gerät, versuchte sich an einem Grinsen, während Liebermann beschwichtigend auf den Apparat einsprach

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