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Herr Tourette und ich

Herr Tourette und ich

Titel: Herr Tourette und ich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pelle Sandstrak
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ich im Hintergrund monoton und automatisch laufen höre, ist die Propagandainfo von Radio O, dazu einzelne Songs von den Sex Pistols und Public Enemy, die die politische Botschaft würzen sollen. Innerhalb von zwanzig Minuten bin ich im Büro, der Tresor ist dunkelgrün und klein, kaum einen halben Meter hoch, und er hat einen alten, aber recht sicheren Schließmechanismus. Ich rechne mal ganz kühl damit, dass sie ihn in irgendeinem Second-Hand-Laden gekauft haben, was ihn zu einer leichten Beute macht.

    Ich bin extrem konzentriert, diese Art von Konzentration, die ich von früher kenne. Es ist, als würde die extreme Konzentration, die verlangt, dass Kopf und Körper zusammenarbeiten, die Zwänge und Tics dämpfen. Ich öffne die Ledertasche, nehme den Bic-Stift, den Nagel, den rostigen Hammer und ein paar Handschuhe heraus. Über die Schuhe habe ich schon Plastiktüten gezogen, so dass niemand meine Fußabdrücke wird erkennen können. Die Handschuhe sind vielleicht übertrieben, aber ich ziehe sie trotzdem an, weniger wegen der Fingerabdrücke, sondern vor allem, um nicht von all den Bazillen auf Türen und Wänden und Wasserhähnen und Schränken angesteckt zu werden. Außerdem erleichtern sie die Arbeit mit dem Tresor.

    Zum ersten Mal seit einer ganzen Weile spüre ich wieder, dass meine Tics sich in der Bauchregion bemerkbar machen. Ich murmele und zucke. Befühle den Schließmechanismus, drehe das Kombinationsschloss vier, fünf Mal vor und zurück, bis ich auf einen Widerstand im Kreis stoße. Jetzt drehe ich es sehr langsam und vorsichtig und sehr behutsam wieder zurück, lege das eine Ohr direkt an das Schloss, drehe weiter vor, vorsichtig zurück, vorsichtig vor, langsam zurück, vorsichtig, langsam … klick. Ich habe den Klickpunkt gefunden, den Punkt, an dem das Rad des Schlosses steht. Der schwierigste Teil ist geschafft.

    Ich hole den Bic-Stift heraus und markiere auf dem Tresor, wo das Rad klickt. Dann klebe ich das Rad fest, so dass es seine Position nicht verändern kann. Ich hole dann das kleine Plastikröhrchen mit der Tinte drin aus dem Stift, schneide das Röhrchen in der Mitte durch und mache die Kugelschreiberspitze ab. Das Plastikröhrchen drücke ich dicht an die Unterseite des Kombinationsschlosses und schiebe es zwischen dem Rad und der Tür des Tresors hindurch. Dann puste ich so viel Tinte wie möglich hinein und lasse die Tinte fünf Minuten lang in das Schloss eindringen. Dann hole ich den dünnen Nagel raus und lasse ihn langsam in die Tinte gleiten, bis ich den ersten Zahn des Rades auf dessen Unterseite finde. Ich warte fünf Minuten. Finde den zweiten Zahn. Ich warte fünf Minuten. Und finde den dritten Zahn. Ich halte den Nagel mit der linken Hand fest, während ich mit der rechten Hand den Hammer packe. Ich ziele auf den Kopf des Nagels und weiß, dass ich nur einen Versuch habe, ich kann nicht daneben schlagen, denn dann wird das Rad aus seiner Position gedreht sein und ich müsste alles von vorn machen, und das würde Stress, schlechte Konzentration und Panik verursachen. Ich habe noch knapp eine Stunde, bis der Wachdienst um halb sechs kommt. Also nehme ich jetzt den rostigen Hammer in die linke Hand, den Nagel zwischen rechten Daumen und Zeigefinger. Ich weiß, dass es weh tun wird, und ich weiß auch, je stärker der Schmerz ist, desto besser ist der Schlag selbst. Langsam habe ich es eilig, ich muss den Schlag ausführen, ehe die Tinte trocknet und der Nagel zum zweiten Zahn zurückgleitet. Es tut furchtbar weh, als würde der Hammer den Daumen in zwei Teile spalten, aber der Nagel sitzt immer noch im Zahnrad, das wirklich in zwei Teile gespalten ist. Ich horche. Die Sex Pistols und die Propaganda quäken im Hintergrund, ansonsten ist nichts zu hören. Ich mache den Tresor sehr vorsichtig auf und nehme den ersten Umschlag raus, den ich sehe. Zucken im Bauch . Ich reiße den Umschlag auf und finde Geldscheine. Morgen ist Zahltag. Eintausend … fünftausend … dreizehntausend Kronen liegen in dem Umschlag. Ich nehme viertausend Odinkronen aus dem Bündel und lege sie neben mich auf den Fußboden. Noch neuntausend übrig. Ich betrachte die Scheine, die noch im Umschlag sind. Ich habe kein einziges Dankeschön zu hören bekommen, nicht einmal einen Kommentar, sie haben nicht einmal meine Gegenwart kommentiert. Zucken im Bauch . Ich spreche mir selbst einen Bonus von zweitausend zu. Plus eintausend Urlaubsgeld. Den Rest darf der Sender behalten, und so lege ich

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