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Herr Tourette und ich

Herr Tourette und ich

Titel: Herr Tourette und ich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pelle Sandstrak
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sechstausend in den Tresor zurück. Schnell räume ich hinter mir auf, lege den rostigen Hammer und den Nagel in die Ledertasche, wische so viel Tinte wie möglich weg und stelle das Schloss so gut es geht wieder ein. Dann hole ich einen gelben Klebezettel und schreibe mit großen Buchstaben:

    » DANKE FÜR DAS GELD . GRUSS , HARALD BLAUBART «

    Den Zettel lege ich gut sichtbar in den Tresor und schließe die Tür. Um aus dem Zimmer und in die Redaktion zu kommen, bin ich gezwungen, zwanzig Minuten zu ritualisieren. Ich lege viertausend Kronen in das Fach von Harald Blaubart, nehme die inzwischen schon recht verschlissene Serviette und bedecke das Geld wie mit einer Daunendecke. Dann verlasse ich den Sender und marschiere den ganzen Weg nach Hause zum Auto. Es ist nach sechs, die Nachtschicht ist vorüber, ich schlafe sofort ein.

    Ich bin zufrieden. Meiner Meinung nach habe ich es verdient, für den Rest des Nachmittags hier auf dem Rücksitz zu liegen und faul zu sein. Außerdem ist es klüger, sich nicht draußen blicken zu lassen, denn die Stadt ist klein und man begegnet nur allzu leicht Leuten, die man nicht treffen will.

    Ich zähle das Geld in der Ledertasche und zähle auch noch mal die Odinpillen durch. Ich habe sie gern in meiner Nähe, sie bieten mir Sicherheit, falls ich mal zusammenbrechen sollte oder unrettbar in einem Ritual feststecke. Das ist mein Horrorszenario – vor einer Tür oder einem Waschbecken oder irgendwo in einem Zimmer festzusitzen, vor Verwirrung zu sterben und vor Frustration einzugehen. Dieses Horrorszenario taucht mehrmals am Tag auf, aber ich weiß, dass Odin mich zumindest davor bewahren wird, unterzugehen. Und das hilft. Es hilft mir, klarer zu sehen und positiver zu denken.

    Gegen acht Uhr abends hinke ich in die Stadt. Unten am Hauptbahnhof bekomme ich einen »Fahrplan für das Ausland«. Auf dem Weg zur U-Bahn sehe ich die obdachlosen Männer verwirrt über die Bahnsteige stolpern. Sie stören mich, ihre Gegenwart stört mich, sie sind immer im Weg, ich sehe weg, obwohl sie mich rufen, als wüssten sie, wer ich bin, aber die Verrückten rufen ja hinter jedem her. Ich haue ab, ehe die U-Bahn kommt, und gehe stattdessen zu Fuß nach Hause. Gegen zwölf Uhr liege ich wieder gemütlich auf dem Rücksitz des Chryslers. Ich schalte meine Taschenlampe ein und studiere die Fahrpläne. Ich habe es schön und kuschelig, nage an einem frischen Rippchen, trinke Orangensaft und höre Radio. Und ich denke zum hundertsten Mal an diesem Tag, dass ich mich, wenn alles schiefgeht, immer noch als Einbrecher verdingen kann, so wie Gene Hackman in The Pretender – von den Reichen nehmen und den Armen geben, den ekelhaften, drogensüchtigen Obdachlosen unten am Hauptbahnhof.

Der Nachmittagexpress

    Ich wache plötzlich auf, rühre mich nicht, versuche nicht zu atmen – hat jemand an die Türklinke gefasst, steht jemand drüben bei der U-Bahn, was war das für ein Geräusch in der Fabrik? Ich bedecke den Körper mit allem, was ich finden kann. Sollte jemand zufällig ins Auto sehen, dann würde er schnell weitergehen – er wird nur einen Haufen Zeitungen, ein paar Saftkartons, ein halb gegessenes Rippchen und eine Krücke sehen. Niemand würde vermuten, dass sich unter dem Müllhaufen ein Mann ausruht, der dreitausend Kronen am Abend verdient. Mit diesem Gedanken im Hinterkopf kann ich besser und länger schlafen. Gegen zehn Uhr wache ich davon auf, dass die Sonne mir ins Gesicht scheint – einen besseren Wecker gibt es nicht.

    Ich bleibe liegen und denke an den kommenden Tag.

    Erst nehme ich ein eiliges Frühstück ein, ein halbes Päckchen Knäckebrot und einen Liter Saft. Dann fange ich an, Dinge in die Ledertasche zu packen. Ich will nicht zu viel mitnehmen, ein paar zusätzliche Plastiktüten, ein paar Bücher, ein ziemlich abgenutztes Handtuch, eine neue Zahnbürste, die Schere, ein paar Bic-Stifte, Knäckebrot, die Dose mit Erdnussbutter und der Radiowecker müssen reichen. Ich tue die Odinpillen aus der Serviette in die Plastiktüte mit Papas alten Tabletten. Da fällt mir ein, dass meine Kleider immer noch in dem Zimmer sind, das ich miete oder gemietet hatte. In dem ganzen Stress habe ich vergessen, die Pappkiste mitzunehmen – Hosen, Schallplatten, Plattenspieler, Handtücher, Unterwäsche. Ich sollte noch einmal hingehen und die Sachen holen, denn ein paar zusätzliche Kleider wären gut. Jetzt laufe ich seit mehreren Monaten in denselben Sachen herum, ein sauberes Hemd

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