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Herrchenglück: Vom Chaos auf acht Pfoten

Herrchenglück: Vom Chaos auf acht Pfoten

Titel: Herrchenglück: Vom Chaos auf acht Pfoten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Frey Dodillet
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aufgebrachten Herrn und einen sensatio nell unaufgeregten Weimaraner aus unserer Leine wickle, entschuldige ich mich pausenlos und demütig. Was für ein Durcheinander! Normalerweise bin ich der Radfahrer und Luna der Weimaraner, und normalerweise regen wir uns beide wahnsinnig über diese mental unterbelichteten Pfeifen auf, die ihre Hunde nicht bei sich behalten können.
    Jetzt gehöre ich selber dazu!
    »Ich finde, Wiki wird immer besser«, sagt Marie, als wir nach ihrer letzten Krausestunde nach Hause laufen. »Viele Sa chen haben wir schon gut im Griff. Jetzt fehlt nur noch, dass er nicht mehr beißt, wenn man ihm etwas wegnehmen will. Was macht dein Beutetermin?«
    »Ich bin bei einer Spezialistin angemeldet.«

    Die zehnte Stunde gehört Wiki und mir.
    Und Birgit.
    Birgit hat einen Hundeplatz am Rand der Voreifel. Mit Schweinen, Schafen, Ponys, Kaninchen und zwei Ziegen böcken namens Günni und Hänschen. Gelegentlich sind auch Hunde da. Wenn Birgit mit denen fertig ist, sind sie Vegetarier und können ohne Probleme in einer gemischten Viehherde abgelegt und fünf Minuten später abgerufen werden.
    »Günni nach Günther Bloch und Hänschen nach Hans Schlegel«, sagt sie, als wir uns die Hände schütteln.
    Wiki verschwendet keine Sekunde für ein höfliches Grüß Gott . Er rauscht auf den Platz, baut sich vor dem Kaninchenstall auf und will alle umbringen.
    »Aha«, sagt Birgit. »Ich ahne, worum es geht.«
    Nach einer halbstündigen Aufzählung sämtlicher Vorfälle – auch des allerneuesten, wo Monsieur eine Flasche Hustensaft vom Tisch holt, knackt, schlürft und Scherben kaut – liegt die Krausestirn in tiefen Falten.
    »Der Hund braucht zu Hause einen Platz, wo ihr ihn hinschicken könnt«, beschließt sie. »Mit welchem Kommando auch immer. Da muss er drauf, da muss er bleiben, da hat er Ruhe. Wenn er auf der Decke liegt, wird er nicht angesprochen, nicht gelobt, gestreichelt oder gefüttert. Von der Decke wird er auch nicht abgerufen, sondern kommentarlos abgeholt.«
    »Und wenn er von selber wieder runtergeht?«
    »Nichts sagen. Ihn mit dem Körper einfach wieder zurückdrängen.«
    »Das klappt nie.«
    Birgit legt eine orangefarbene Decke auf den Rasen und holt Wiki an der Leine zu sich. Sie wirft ein Stückchen Fleisch wurst auf die Decke. Wiki hopst sofort hin.
    »Welches Kommando wollt ihr nehmen?«, fragt sie mich.
    »Decke!«, sage ich.
    Es folgt ein Wurststückchen nach dem anderen, verbunden mit der Aufforderung Decke. Wiki schmeckt die Übung. Als Birgit ihn von der Decke holt und anschließend wieder zu rückschickt, hüpft er ohne Wurst drauf. Das bloße Kommando genügt.
    »Schlaues Kerlchen«, sagt Birgit.
    Sie läuft im Kreis um die Decke herum. Wiki folgt ihr mit seinem Blick. Als er genug hat und wieder zu den Kaninchen will, geht sie einen Schritt auf ihn zu. Wiki setzt sich zurück auf die Decke. Sie umkreist ihn zweimal, lässt die Leine fallen und geht weg. Monsieur sitzt wie eine Eins.
    »Jetzt du«, sagt sie.
    Ich bezweifle stark, dass er das auch bei mir macht. Für Wiki ist Birgit neu und beeindruckend, ich hingegen bin alt und verarschbar. Zu meiner großen Überraschung setzt er sich auf die Decke und bleibt auch dort, als ich nach zweimaligem Umkreisen die Leine fallen lasse und weggehe. Birgit winkt mich zu sich. Aus einer Entfernung von zehn Metern beobach ten wir unseren Kandidaten, wie er sich neugierig umschaut, ein bisschen auf seinem Platz vibriert und sich schließlich seufzend hinlegt, den Kopf auf den Pfoten, geduldig der Dinge harrend, die da kommen mögen.
    »So!«, sagt Birgit. »Und jetzt setzen wir ihn vor den Karnickelstall.«
    Ich fasse es nicht!
    Gerade mal fünfundvierzig Minuten nach seinem Auftritt als Kaninchenkiller sitzt Wiki fünfzehn Meter von uns entfernt auf einem orangefarbenen Stück Stoff vor seinen potenziellen Opfern und traut sich nicht zu ihnen. Und zwar nicht, weil ich ihm den Hintern versohlt oder ihn vorsichtshalber erschossen habe, nein, einfach nur, weil ich Decke! gesagt habe.
    »Das übt ihr zu Hause weiter«, sagt die heilige Birgit, während sie ganz nebenbei noch Brot vermehrt, Wasser in Wein verwandelt und das Meer teilt. »Es ist wichtig, dass man nicht immer nur Nähe einfordert, sondern auch mal Distanz. Außer dem tut Wiki die Decke gut. Da kann er sich runterfahren. Über sein aggressives Beuteverteidigen muss ich nachdenken. Vorläufig kommt erst mal ein Hausleinchen an den Knaben, damit ihr nicht ans Halsband packen

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