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Herren des Wetens

Herren des Wetens

Titel: Herren des Wetens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Eddings
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das tolnedrische Gesetz, irgendwo im Reich Zauberei auszuüben, aber wir wollen dieses eine Mal wenigstens darüber hin-wegsehen.«
    »Vielen Dank, Ran Borune«, sagte Garion trocken. »Ich weiß deine Großmut zu würdigen.«
    Nachdem der Kaiser mit viel Genuß etwa den halben Korb geleert hatte, lächelte er und seufzte zufrieden. »Jetzt fühle ich mich viel besser. Ce'Vanne brachte mir auch immer Kirschen, in so einem ähnlichen Körbchen.«
    »Meine Mutter«, erklärte Ce'Nedra Garion.
    Ran Borunes Augen verschleierten sich. »Sie fehlt mir«, gestand er leise. »Es war unmöglich, mit ihr auszukommen, trotzdem vermisse ich sie von Tag zu Tag mehr.«
    »Ich kann mich kaum an sie erinnern«, sagte Ce'Nedra leise.
    »Dafür ich mich um so besser«, entgegnete ihr Vater. »Ich gäbe freudig mein ganzes Reich, wenn ich sie nur ein einziges Mal noch wiedersehen dürfte.«
    Ce'Nedra nahm seine abgemagerte Hand in ihre und blickte Garion flehend an. »Könntest du?« fragte sie mit Tränen in den Augen.
    »Ich bin nicht sicher«, antwortete er sichtlich verwirrt. »Ich weiß, wie man es macht, aber ich kannte deine Mutter nicht, also müßte ich…« Er überlegte, wie es sich bewerkstelligen ließe. »Tante Pol könnte es bestimmt, aber…« Er trat ans Bett. »Versuchen wir es.« Er nahm Ce'Nedras freie Hand und mit der andern Ran Borunes, so daß sie eine geschlossene Kette bildeten.
    Es erwies sich als ungemein schwierig. Ran Borunes Gedächtnis war von Alter und Krankheit getrübt, und Ce'Nedras Erinnerung an ihre Mutter mehr als verschwommen. Garion konzentrierte sich und setzte seine ganze Willenskraft ein. Schweißtropfen perlten auf seiner Stirn, als er sich bemühte, diese flüchtigen Erinnerungs-bruchstücke zu einem Ganzen zusammenzufügen.
    Das Licht, das durch die dünnen Fenstervorhänge fiel, verdunkelte sich, als hätte sich eine Wolke vor die Sonne geschoben. Dann war ein fernes Klingeln wie von Goldglöckchen zu hören, und plötzlich füllte sich das Gemach mit einer Art Waldduft – es roch ganz leicht nach Moos und frischen Blättern und grünenden Bäumen. Das Licht verdunkelte sich noch ein bißchen mehr, das Klingeln wurde lauter und der Duft stärker.
    Und dann bildete sich ein nebelhaftes Leuchten in der Luft am Fuß von des sterbenden Kaisers Bett. Heller wurde das Leuchten, und schon stand sie da. Ce'Vanne war etwas größer als ihre Tochter gewesen, aber ansonsten… Garion verstand nun, weshalb Ran Borune schon immer so vernarrt in seine Tochter gewesen war. Ce -
    Vannes Haar war vom selben schimmernden Rotbraun, ihre Haut vom gleichen goldenen Sonnenbraun, und die Augen waren von genau demselben Grün. Das Gesicht war eigenwillig, doch die Augen leuchteten voll Liebe.
    Die Erscheinung wandelte stumm um das Bett und strich im Vorbeigehen zärtlich über Ce'Nedras Wange. Garion sah nun, woher das sanfte Klingeln kam: Ce'Vanne trug die goldenen Bucheckern-ohrringe, auf die ihre Tochter so stolz war, und die beiden winzigen Klöppeln im Innern verursachten bei jeder Kopfbewegung dieses leise musikalische Klingeln. Unwillkürlich erinnerte sich Garion, daß diese Ohrgehänge auf dem Toilettentisch Ce'Nedras in Riva lagen.
    Ce'Vanne streckte die Hand nach ihrem Gemahl aus. Ran Borunes Gesicht erfüllte freudiges Staunen, und in seinen Augen glänzten Tränen. »Ce'Vanne!« sagte er mit zittrigem Wispern und versuchte, sich aus den Kissen aufzurichten. Er löste die bebende Hand aus Garions und langte nach ihrer. Einen Augenblick schienen sich ihre Hände zu berühren, dann seufzte Ran Borune tief und zufrieden. Er sank auf die Kissen zurück und starb.
    Ce'Nedra hielt noch lange die Hand ihres Vaters, während der Hauch von Waldluft und das goldene Klingeln aus dem Gemach schwanden und das Sonnenlicht durch das Fenster zurückkehrte.
    Schließlich legte sie die dünne Hand ihres Vaters sanft zurück auf die Bettdecke und schaute sich abwesend um. »Hier muß natürlich gelüftet werden. Und vielleicht würden Schnittblumen die Luft ver-bessern.« Sie glättete die Decke an der Bettseite und blickte den Leichnam ihres Vaters ernst an. Dann drehte sie sich um. »O Garion!« schluchzte sie plötzlich und warf sich in seine Arme.
    Garion drückte sie an sich, strich ihr übers Haar und spürte ihren zitternden, zierlichen Körper gegen seinen. Doch er ließ den Blick nicht von dem stillen, friedlichen Gesicht des Kaisers von Tolnedra.
    Vielleicht war es ein Trick des Lichtes, aber es hatte den

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