Herren des Wetens
ungewöhnlichen Hu-
mor.«
»Boruner, Onkel«, verbesserte ihn Ce'Nedra.
»Was sagtest du, Liebes?«
»Du bist jetzt ein Boruner, Onkel, kein Anadiler – und du solltest dich wie einer benehmen.«
»Launenhaft? Mürrisch? Meinst du das? Weißt du, das liegt mir nicht.«
»Ce'Nedra könnte Euch darin Unterricht erteilen, wenn Ihr möchtet«, schlug Garion vor und blickte seine Frau liebevoll schmun-zelnd an.
»Wa-as?« rief Ce'Nedra empört, und ihre Stimme überschlug sich.
»Ja, ich glaube, das könnte sie«, entgegnete Varana lächelnd. »Sie war darin immer recht gut.«
Ce'Nedra seufzte abgrundtief und betrachtete die beiden grinsen-den Monarchen. Dann setzte sie eine betont tragische Miene auf.
»Was kann ein armes kleines Mädchen tun?« fragte sie mit zitternder Stimme. »Sowohl mein Gemahl wie auch mein Bruder behandeln mich abscheulich.«
Varana blinzelte. »Weißt du, daran hatte ich überhaupt noch nicht gedacht! Du bist ja jetzt tatsächlich meine Schwester, nicht wahr?«
»Vielleicht bist du gar nicht so klug, wie ich dachte, Bruder«
schnurrte sie. »Ich weiß, daß Garion nicht sonderlich klug ist, aber von dir habe ich mehr erwartet!«
Garion und Varana wechselten zerknirschte Blicke.
»Möchten die Herren noch mehr hören?« fragte Ce’Nedra mit la-chenden Augen und selbstzufriedenem Lächeln.
Da erklang ein leises Klopfen an der Tür.
»Ja?« rief Varana.
»Lord Morin möchte Euch sprechen, Eure Majestät«, erklärte der Wachmann vor der Tür.
»Bittet ihn einzutreten.«
Der kaiserliche Hausmeier trat leise ein. Sein Gesicht war gezeichnet von der Trauer um den Freund, dem er so lange und treu gedient hatte, trotzdem kam er seinen Pflichten wie immer ohne Aufhebens nach und mit dem Geschick, für das er bekannt war.
»Ja, Morin?« Varana blickte ihn fragend an.
»Eine – eh – Dame möchte Euch sprechen, Eure Majestät. Sie ist etwas – eh – berüchtigt, deshalb hielt ich es für besser, Euch erst privat darauf vorzubereiten.«
»Berüchtigt?«
»Es ist die Kurtisane Bethra, Eure Majestät«, sagte Morin mit leicht verlegenem Blick auf Ce'Nedra. »Aufgrund ihrer – eh – gesell-schaftlichen Tätigkeiten, erfährt sie sehr viel Nützliches, und sie war Ran Borune lange Jahre eine gute Freundin. Sie unterrichtete ihn bisweilen über die Absichten gewisser ihm nicht wohlgesinnter Edler. Er hat für eine Möglichkeit gesorgt, daß sie den Palast unbemerkt betreten konnte, damit sie sich – unter anderem – zu unterhalten vermochten.«
»Dieser schlaue alte Fuchs!«
»Ich habe nie gehört, daß ihre Informationen nicht stimmten, Eure Majestät«, fuhr Morin fort. »Sie sagt, sie müsse Euch etwas sehr Wichtiges mitteilen.«
»Dann bringt sie doch rasch zu uns, Morin«, forderte Varana ihn auf. »Mit deiner Erlaubnis, teure Schwester«, fügte er hinzu.
»Selbstverständlich.« Ce'Nedras Augen leuchteten vor Neugier.
Morin kam mit der Frau zurück. Sie trug einen hellen Kapuzenumhang, und als sie einen glatten, wohlgerundeten Arm hob, um die Kapuze zurückzuschlagen, zuckte Garion unwillkürlich zusammen. Er kannte sie! Als er mit Tante Pol und den anderen auf ihrer Verfolgung von Zedar dem Abtrünnigen und dem gestohlenen Auge Aldurs durch Tol Honeth gekommen waren, hatte diese Frau Silk mit ein paar Scherzworten angesprochen. Und nun, als sie den Umhang öffnete und mit fast sinnlicher Bewegung über die makellosen Schultern gleiten ließ, stellte er fest, daß sie sich in den nahezu zehn Jahren, seit er sie zuletzt sah, überhaupt nicht verändert hatte.
Nicht ein Silberfaden durchzog ihr glänzendes, blauschwarzes Haar.
Ihr bezaubernd schönes Gesicht war so glatt wie das eines jungen Mädchens, und ihre Augen unter schweren Lidern drückten eine betörende Verruchtheit aus. Sie trug ein Gewand aus blassestem Lavendel und auf eine Weise geschnitten, daß es die prächtige üppige Figur eher hervorhob denn verhüllte. Es war die Art von Figur, die für jeden Mann, dem sie begegnete, eine Herausforderung sein mußte. Garion starrte sie offen an, bis Ce'Nedras grüne Augen sich achathart in seine bohrten und er rasch den Blick abwandte.
»Eure Majestät«, sagte Bethra in kehligem Alt und machte einen graziösen Knicks vor dem neuen Kaiser. »Ich wollte eigentlich eine geziemende Weile warten, ehe ich mich Euch vorstellte, doch ich erfuhr einiges, das Ihr besser sogleich erfahren solltet.«
»Ich weiß Eure Freundschaft zu schätzen, Lady Bethra«, bedankte
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