Herren des Wetens
für klug, wenn sie von diesem Besuch erfahren.«
»Ich möchte Euch für Eure Information danken, Bethra«, sagte Varana. »Gestattet, daß ich Euch für Eure Mühe entschädige.«
»Das war nie nötig, Eure Majestät«, erwiderte sie mit feinem Lä-
cheln. »Nicht Information ist es, was ich verkaufe. Ich gehe jetzt –
außer natürlich, Ihr wollt Euch geschäftlich mit mir unterhalten.« Sie hielt inne, sich ihren Umhang wieder über die Schultern zu legen, und bedachte ihn mit einem sehr direkten Blick.
»Ah – jetzt ist vielleicht nicht die richtige Zeit dafür, Bethra.« Varanas Ton klang leicht bedauernd, und er warf einen verstohlenen Blick auf Ce'Nedra.
»Dann vielleicht ein andermal.« Sie machte einen Knicks und verließ leise das Gemach. Der leichte Moschusgeruch ihres Parfüms blieb eine Weile in der Luft haften.
Ce'Nedras Gesicht war immer noch tiefrot und von Zorn gezeichnet. Heftig drehte sie sich zu Garion und Varana um. »Daß mir keiner von euch wagt, auch nur einen Ton zu sagen!« fauchte sie.
Der traurige Besuch in Tol Honeth endete ein paar Tage später.
Garion und Ce'Nedra kehrten mit dem Schiff zur Insel der Stürme zurück. Obgleich Ce'Nedra sich äußerlich ihre Trauer kaum anmerken ließ, wußte Garion doch, wie tief der Tod ihres Vaters sie schmerzte. Weil er sie liebte und empfänglich für ihre Gefühle war, behandelte er sie die nächsten Monate mit besonderer Zärtlichkeit und Zuvorkommenheit.
Im Herbst des Jahres trafen die alornischen Könige und Königin Porenn, die Regentin von Drasnien, zur traditionellen Versammlung des alornischen Rates in Riva ein. Diese Zusammenkunft war nicht von der Dringlichkeit manch früherer. Torak war tot, die Angarakaner waren in ihren Krieg verstrickt, und auf dem rivanischen Thron saß wieder ein König. Das Ganze war mehr ein gesellschaftliches Ereignis, obgleich die Könige, um den Schein zu wahren, zu Sitzungen in der blauen Ratskammer hoch oben im Südturm der Zitadelle zusammenkamen. Sie unterhielten sich gemessen über das Patt im Krieg im südlichen Cthol Murgos, und über die Schwierigkeiten, die Varana mit der Familie der Vordue in Nordtolnedra hatte.
Durch den gescheiterten Anschlag der Honeths gewarnt, hatten die Vordues es mit Sezession versucht. Kurz nach Varanas Krönung als Ran Borune XXIV. erklärten sie, daß ihr Großherzogtum nicht mehr Teil von Tolnedra sei, sondern ein unabhängiges Königreich –
als hätten sie noch nicht entschieden, wer von ihnen den Thron besteigen sollte.
»Varana wird seine Legionen gegen sie einsetzen müssen«, meinte König Anheg und wischte sich mit dem Ärmel den Bierschaum vom Mund. »Denn tut er es nicht, werden auch die anderen Familien abfallen, und Tolnedra wird platzen wie eine Seifenblase.«
»So einfach ist es nicht, Anheg«, warf Königin Porenn ein und drehte sich vom Fenster um, durch das sie den Betrieb im Hafen tief unten beobachtet hatte. Die Königin von Drasnien trug immer noch tiefe Trauer, und ihr schwarzes Gewand betonte ihre blonde Lieb-lichkeit. »Die Legionen werden gern gegen ausländische Feinde kämpfen, aber Varana kann nicht von ihnen verlangen, daß sie gegen ihre eigenen Landsleute zu Felde ziehen.«
Anheg zuckte die Schultern. »Er könnte Legionen aus dem Süden einsetzen, das sind alles Boruner, Anadiler oder Raniten. Ihnen würde es nichts ausmachen, die Vordues zu überrennen.«
»Doch dann würden die nördlichen Legionen sich gegen sie erheben. Und wenn erst die Legionen untereinander kämpfen, bricht das Reich wirklich auseinander.«
»Ich gebe zu, daran hatte ich nicht gedacht«, gestand Anheg.
»Wißt Ihr, Porenn, Ihr seid außerordentlich intelligent – für eine Frau.«
»Und Ihr seid außerordentlich einsichtig – für einen Mann«, antwortete sie mit süßem Lächeln.
»Ein Punkt für sie«, sagte König Cho-Hag ruhig.
»Zählt jemand mit?« fragte Garion milde.
»Man hält sich auf dem laufenden, so gut es geht«, antwortete das Oberhaupt der Clanhäuptlinge von Algarien mit unbewegtem Gesicht.
Erst mehrere Tage später erfuhr Riva von Varanas neuartiger Lö-
sung des Vordue-Problems. Ein drasnisches Schiff lief eines Morgens im Hafen ein, und ein Agent des drasnischen Sicherheitsdiensts brachte Königin Porenn einen Stoß Berichte. Nachdem sie sie gelesen hatte, betrat sie die Ratskammer mit zufriedenem Lächeln.
»Ich glaube, wir können beruhigt sein, was Varanas Fähigkeiten betrifft, meine Herren«, sagte sie zu den
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