Herren des Wetens
Gleichgewicht. Er spürte, wie sich ihre Lippen spannten, als sie verschmitzt grinste, und das mitten im Kuß. Und dann, ohne Vorwarnung, hob sie die Beine und ihr Gewicht zog ihn unter.
Wasser spuckend und fluchend kam er hoch.
»Macht das nicht Spaß?« fragte sie kichernd.
»Nicht wirklich«, brummelte er. »Ertrinken ist nicht mein Lieb-lingssport.«
Sie achtete nicht darauf. »Nun, da du ohnehin ganz naß bist, kannst du genausogut mit mir schwimmen.«
Sie schwammen etwa eine Viertelstunde, dann wateten sie bibbernd und mit blauen Lippen ans Ufer.
»Mach ein Feuer, Garion.« Ce'Nedras Zähne klapperten vor Kälte.
»Ich habe keinen Zunder dabei«, entgegnete er. »Auch keinen Feuerstein.«
»Dann tu es doch auf die andere Weise.«
»Welche?« fragte er erstaunt.
»Du weißt schon.« Sie tat geheimnisvoll.
»Oh! Daran hatte ich gar nicht gedacht.«
»Beeil dich, Garion. Mich friert.«
Er sammelte Reisig, säuberte ein Fleckchen vom Moos, häufte das Reisig auf und richtete seinen Willen darauf. Zuerst kräuselte ein Rauchfähnchen empor, dann züngelte eine helle Flamme. In wenigen Minuten prasselte ein molliges Feuer neben dem moosigen Erdbuckel, auf dem Ce'Nedra sich fröstelnd zusammenkauerte.
»Oh, so ist es viel besser!« Sie streckte die Hände über das Feuer.
»Es ist gut, dich in der Nähe zu haben, du bist recht nützlich.«
»Danke, meine Lady. Würde meine Lady vielleicht in Erwägung ziehen, in ihr Gewand zu schlüpfen?«
»Nicht, ehe ich trocken bin. Ich mag trockene Kleidung nicht über nasse Haut ziehen.«
»Dann wollen wir hoffen, daß niemand hierherkommt. Wir sind nicht gerade empfangsfähig, weißt du?«
»Sei nicht so spießig, Garion.«
Er zuckte die Schultern.
»Warum setzt du dich nicht neben mich?« forderte sie ihn auf.
»Hier ist es viel wärmer.«
Ihm fiel kein Grund ein, es nicht zu tun, also ließ er sich neben ihr auf dem warmen Moos nieder.
»Siehst du?« Sie schlang die Arme um seinen Hals. »Ist das nicht viel besser?« Dann küßte sie ihn, daß ihm der Atem im Hals stockte und das Herz hämmerte.
Als sie ihn kurz freigab, ließ er den Blick nervös über die Lichtung schweifen. Eine schwache Bewegung am Teichufer lenkte sein Auge auf sich. Verlegen hüstelte er.
»Was hast du?« fragte Ce'Nedra ihn.
»Ich glaube, der Schmetterling beobachtet uns.« Er errötete leicht.
»Das macht nichts.« Sie lächelte, legte die Arme wieder um seinen Hals und küßte ihn aufs neue.
Die Welt schien erstaunlich ruhig zu sein, während der Frühling in diesem Jahr allmählich dem Sommer wich. Die Sezession der Vordues verlief unter den Ausschreitungen der gerüsteten mimbratischen ›Briganten‹ im Sand. Die Vordues kapitulierten schließlich und baten mit fast ungeheuchelter Untertänigkeit um Wiederauf-nahme ins Reich. Wenngleich sie sich keineswegs über Varanas Steuereintreiber freuten, rannten alle auf die Straße um seine zu-rückkehrenden Legionen jubelnd zu begrüßen.
Neuigkeiten über Cthol Murgos waren vage, doch hatte es den Anschein, als herrsche im fernen Süden weiterhin ein Patt – Kal Zakaths Malloreaner hielten nach wie vor das Flachland, und Urgits Murgos hatten sich fest in den Bergen verschanzt.
Die regelmäßigen Berichte, die Garion vom drasnischen Geheimdienst erhielt, besagten, daß sich der wiederauferstehende Bärenkult nach wie vor auf die ländlichen Gegenden beschränkte.
Garion genoß diese krisenlose Zeit. Da es nichts wirklich Dringendes zu tun gab, schlief er lange und blieb manchmal genießerisch bis zwei oder gar drei Stunden nach Sonnenaufgang im Bett.
An einem solchen Morgen gegen Mittsommer träumte er etwas Wundervolles. Ce'Nedra und er sprangen vom Heuboden auf Fal-dors Hof in das darunter aufgehäufte weiche Heu. Er wurde jedoch ziemlich unsanft aus diesem schönen Traum gerissen, als seine Frau plötzlich aus dem Bett sprang, ins Nebengemach rannte und sich heftig und lautstark übergab.
»Ce'Nedra!« rief er, sprang ebenfalls aus dem Bett und sah nach ihr. »Was machst du denn?«
»Ich übergebe mich«, antwortete sie und hob das bleiche Gesicht von der Waschschüssel, die sie auf den Knien hielt.
»Ist dir übel?«
»Nein, ich tue es nur zum Spaß«, antwortete sie sarkastisch.
»Ich hole einen Arzt.« Er griff nach seinem Morgenrock.
»Nicht nötig.«
»Aber dir ist übel!«
»Natürlich, aber ich brauche keinen Arzt.«
»Das ist doch Unsinn, Ce'Nedra. Wenn du dich nicht wohl fühlst, brauchst du einen
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