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Herrengedeck

Herrengedeck

Titel: Herrengedeck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Tamm
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könnte ich Trost brauchen, statt einer Tracht Prügel.«
    Andy grinst und legt dann seine Füße samt Schuhen auf meinen Sofatisch - genauer gesagt, auf den Teller mit den Chips, der auf dem Tisch steht. Dann grinst er so bibermäßig wie der Komiker Thomas Hermanns. »Das war ein Wi-itz, Stefan. Entspann dich.«
    »Echt lustig, Andy. Wie wäre es denn, wenn du mir stattdessen sagst, was ich tun soll.«
    »Kommt drauf an, was du willst.«
    »Wie?«
    »Na ja - willst du zurück in den Käfig? Oder raus in den Dschungel? Sprich: Willst du Katja zurück? Oder bist du bereit für etwas Neues?«
    Wundert mich nicht, dass Andy die Sache so sieht. Er hat mir erst neulich mal wieder seine Einstellung zum Thema Beziehungen dargelegt. Er hätte nichts gegen eine solide Partnerschaft, findet aber, dass sie nicht länger als vierundzwanzig Stunden dauern sollte. Warum auch? Für die Ordnung in seiner Wohnung hätte er eine Putzfrau, für gelegentliche Streitigkeiten seine Mutter, für tiefsinnige Gespräche seine Freunde. Und nur für das bisschen Sex sich eine Kugel ans Bein binden? Niemals.
    Hinzu kommt, dass er und Katja ein ähnliches Verhältnis haben wie die Taliban und die US-Armee. Er fand sie spaßbefreit, und sie meinte, dass er mich immer nur zu Aktionen verleiten würde, die vielleicht mit achtzehn oder zwanzig cool
wären, aber nicht als erwachsener Mann. Als Beispiel diente ihr dieser eigentlich superlustige Tag, an dem Andy mit einem gemieteten BMW Z4 vorfuhr, mir einen Nadelstreifenanzug in die Hand drückte und mich dazu anstiftete, einen Geschäftsmann im Im-und Export zu spielen. Er wollte irgendwelchen russischen Halbweltstypen eine Tonne illegalen Kaviar abkaufen, was allerdings nicht so ganz funktionierte. Der Kaviar entpuppte sich als gefärbter Heringsrogen, der Z4 wurde von den Russen als Präsent einbehalten, und ich bekam einen mächtigen Schwinger auf die Nase. Was nicht so lustig war, weil ich erstens drei Wochen einen Nasenverband tragen musste, und Katja sich außerdem weigerte, mich auch nur für zehn Sekunden zu bemitleiden. Weil ich ja selber schuld wäre. Nicht an dem Schwinger. Aber an meinen Freunden.
    Umso überraschter bin ich, dass Andy auf einmal ziemlich nachdenklich ist. Er legt die Stirn in Falten und sagt mit grüblerischer Stimme: »Ich sehe schon, Alter, du bist wirklich traurig, dass Katja weg ist. Und dir wäre es tatsächlich lieber, wenn sie wieder zurückkäme, was?«
    »Ob mir das lieber wäre? Verdammt, ich würde mir einen Arm abhacken, damit es passiert.«
    »Musst du nicht, Alter. Geht auch einfacher«, sagt Andy lächelnd.
    Und dann erklärt er mir mit einer sachlichen Stimme, als würde er ein Referat über die Verwendung von Karbonfaserstoffen im modernen Flugzeugbau halten, was ich anstellen muss, um Katja zurückzugewinnen. »Du musst dir nur die Natur der Frauen vor Augen führen, Stefan. Und die sieht nun einmal so aus: Frauen wollen Dinge, hinter denen auch
andere Frauen her sind. Denk an Schmuck, Handtaschen, Klamotten. Hat die eine etwas, was die andere nicht hat, wird diese andere alles dransetzen, es auch zu ergattern. Klar soweit?«
    »Absolut.«
    »In Bezug auf Männer ticken Frauen ganz genauso. Wenn du deine Katja also wiederbekommen willst, musst du ihr das Gefühl geben, dass eine andere das hat, was sie nicht hat. Soll heißen: Du musst Katja hölleeifersüchtig machen. Und zwar so, dass sie endlich wieder checkt, was sie eigentlich an dir hat. Daraufhin wird sie diesen Raimund zum Mond schießen und augenblicklich wieder an deiner Tür kratzen.«
    Okay, ich fühle mich zwar wie ein Schiffbrüchiger - aber vielleicht ist das, was Andy da sagt, mehr als ein Strohhalm. Zum Beispiel eine komplette Rettungsinsel mit Funkgerät, Außenbordmotor und einer Kabinenstewardess, die einem Gesellschaft leistet, bis man von der Küstenwache aufgefischt wird.
    Mit einer zum Leben erwachten Stimme frage ich: »Und wie soll ich das machen? Soll ich mir ein Escort-Girl mieten und damit vor ihr hin und her stolzieren?«
    »So einfach ist es nicht«, sagt Andy kopfschüttelnd. »Du musst es schon ernst meinen, Alter. Du musst dich verknallen! Und zwar so richtig. Du musst dir eine Frau suchen, mit der du dir ebenfalls vorstellen kannst, noch in zwanzig Jahren auf dem Sofa zu sitzen.«
    »Moment mal? Ich soll nicht einfach eine heiße Affäre anfangen? Sondern mich verlieben? So richtig mit Gefühlen und so?«
    Andy nickt. »Exakt. Weil es sonst nicht funktioniert.

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