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Herrentier

Herrentier

Titel: Herrentier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Joseph
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übrig.«
    »Sehr kumpelig hast du dich ja nun auch nicht gerade benommen«, sagte Gregor.
    »Ich weiß«, sagte Bernd. »Und dafür wollte ich mich bei dir entschuldigen. Dass ich dich abgehört habe, hatte nichts mit dir zu tun. Du warst nur selber so dicht dran an der Sache. Das war, wie sagt man, ein Kollateralschaden.«
    »Fast wäre ein Totalschaden draus geworden. Einen Moment hing es an einem Faden, ob ich meinen Job aufgeben muss.«
    »Ich bin meinen losgeworden«, sagte Bernd. »Ich habe einen Fehler gemacht, und ich habe dafür bezahlt.«
    »Du hast definitiv mehr als einen Fehler gemacht. Du hast Leute hintergangen, Kollegen, mich. Weißt du, was das für ein Gefühl ist, wenn du merkst: Du bist beobachtet worden, deine ganze Privatsphäre? Du traust dich nicht mehr ans Telefon, du fühlst dich völlig ausgeliefert.« Gregor war immer lauter geworden.
    »Beruhige dich bitte wieder«, sagte Bernd. »Ich weiß, dass es falsch war. Und es ging mir nie darum, euer Privatleben auszuhorchen. Es hat sich einfach so ergeben. Bei der Armee war ich unter anderem in einem Nachrichtenregiment. Funktechnik, Fernmelder. Viel später kamen dann die Mobiltelefone, überall Sicherheitslücken. Es war so einfach, fremde Leitungen anzuzapfen. Mit dem Polizeifunk hat alles angefangen. Exklusivstorys. Genau das, was die Redaktionen haben wollten. Die haben mir die Bilder aus den Händen gerissen. Irgendwann wurde es wie eine Sucht, ich wollte immer mehr wissen, immer näher heran. Ich musste die Geschichten erkennen, wenn sie erst in der Entstehung waren. Telefone, E-Mails, alles.« Bernd ließ sich auf einen der beiden Sessel fallen.
    »Was machst du jetzt?«, fragte Gregor nach einer Pause.
    »Ich bin in einer Immobilienfirma untergekommen.  ImmoEvent,  vielleicht kennst du die. Spezialisiert auf Edles, Loftwohnungen, Penthouse-Wohnungen. Ich kann dir einen Prospekt hierlassen …«
    »Nein danke, ich bin mit unserer Wohnung zufrieden.«
    »Entschuldige, deswegen bin ich auch nicht hergekommen«, sagte Bernd. »Sondern wegen einer Sache, die du vielleicht wissen solltest. Ich habe ja meine Technik nicht weggeworfen, nachdem mir die Polizei den ganzen Kram wiedergegeben hat. Und manchmal, ganz selten, sehe ich nach, was meine ehemaligen Kollegen so treiben. Dabei bin ich gerade fündig geworden. Die  Ostsee-News  machen morgen mit einer großen Sache auf. Senator Wittekindt wird demontiert.«
    Gregor sprang auf. »Wittekindt! Und aus welchem Grund?«
    »Eine sehr pikante Geschichte. Er hat eine private Rechnung auf Stadtkosten beglichen.«
    »Dafür muss man ja nicht gleich demontiert werden«, Gregor setzte sich wieder hin.
    »Es war eine Bordellrechnung. Aus dem Puff am Knochenberg. Mehrere Frauen, ein großes Gelage, Champagner. In der Abrechnung hieß das  Bewirtungskosten .«
    »Ich wusste gar nicht, dass man Prostituierte per Rechnung bezahlen kann.«
    »In bestimmten honorigen Kreisen ist das schon möglich«, sagte Bernd. »Und wie du siehst, gibt es auch Gelegenheiten, wo ein Kreditkartenbeleg ganz effektiv eingesetzt werden kann. Außerdem kommt noch dazu, dass Wittekindt vor Jahren als Abteilungsleiter im Bauamt dabei war, als es um die Genehmigungen für dieses Stundenhotel in Marienehe ging.«
    »Aber diese Gebäude müssen ja auch irgendwie genehmigt werden, mit Bauantrag und allem. Und verboten ist das ganze Geschäft doch nicht.«
    »Egal«, sagte Bernd. »Jetzt werden ihm private Untreue und eine berufliche Verstrickung mit dem Rotlicht-Milieu nachgesagt. Ob da was dran ist oder nicht: Der Mann ist ruiniert.«
    »Da hast du Recht. Warum erzählst du mir das alles?«
    »Die  News  haben mich rausgeschmissen. Ich kann nicht mehr in meinem Beruf arbeiten. Ich gönne denen diese Exklusivstory nicht, allein schon, weil ich Wittekindt für einen integren Mann halte. Außerdem hast du etwas gut bei mir.«

    Gregor schloss sein Fahrrad vor dem  Haus des Bauwesens  an. Die Hände taten ihm weh, denn der Radweg entlang der Hamburger Straße war derart holprig, dass man noch eine halbe Stunde nach dem Absteigen ein Vibrieren in den Armen spürte. Anders kann sich ein Arbeiter mit einem Presslufthammer auch nicht fühlen, dachte Gregor. Höchste Zeit, dass diese Radwege saniert werden.
    Er hätte das gern mit dem Bausenator besprochen. Aber dafür würde jetzt wohl keine Zeit mehr bleiben. Gregors Stimmung hatte sich aufgehellt. Die Bewegung hatte ein wenig die Gedanken an den Streit mit Madeleine verdrängt.

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