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Herrin der Falken

Titel: Herrin der Falken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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Hunger des Falken vermischten sich so in ihr, daß sie kaum noch wußte, was was war. Diesen Hunger spürend, streckte sie den Streifen Rabbithornfleisch aus. Aber jetzt stieß der Gestank sie ebenso ab wie den Falken. Sie meinte, sich übergeben zu müssen.
    Trotzdem mußt du essen und neue Kraft gewinnen, preciosa. Wieder und wieder schickte sie den Gedanken aus und nahm den Hunger des Falkenweibchens, ihr schwächer werdendes Toben wahr. Preciosa, das ist dein Name, so will ich dich nennen, und ich möchte, daß du frißt und stark wirst, Preciosa, damit wir zusammen jagen können. Aber zuerst mußt du mir vertrauen und fressen…Ich möchte, daß du frißt, weil ich dich liebe und dies mit dir teilen möchte. Aber zuerst mußt du lernen, von meiner Hand zu fressen… friß, Preciosa, meine Schöne, mein Liebling, willst du das hier nicht fressen? Ich möchte nicht, daß du stirbst…
    Stunden mußten vorübergeschlichen sein, so kam es ihr vor, während sie dastand, eingespannt in den endlosen Kampf mit dem schwächer werdenden Falken. Jedes Mal waren die Tobsuchtsanfälle kürzer. Das Hungergefühl quälte den Falken so sehr, daß sich Romillys eigener Körper vor Schmerz verkrampfte. Seine Augen waren so grell, so von Entsetzen gefüllt wie zuvor, und aus diesen Augen flutete das alles mit wachsender Verzweiflung in Romilly ein.
    Ganz bestimmt wurde der Falke schwächer. Wenn er nicht bald kröpfte, nach all diesem Toben, mußte er sterben. Er hatte keine Nahrung zu sich genommen, seit er vor vier Tagen gefangen worden war. Würde er sich wehren, bis er starb? Vielleicht hatte ihr Vater recht gehabt, vielleicht besaß keine Frau die Kraft für dieses…
    Romilly dachte an den Moment, als sie sich selbst mit den Augen des Falken gesehen hatte. Und sie, Romilly MacAran, war nicht einmal mehr eine Erinnerung gewesen, dafür aber etwas anderes als menschlich. Furcht und Verzweiflung überwältigten sie. Das Bild bedrängte sie, wie sie sich den Handschuh abriß, wie sie resignierend ihre Handarbeit ergriff, sich für immer von Mauern einschließen ließ. Eine Gefangene, mehr eine Gefangene als der gefesselte Falke, der wenigstens hin und wieder Gelegenheit bekommen würde, zu fliegen und die Ekstase der Freiheit in den Lüften zu empfinden…
    Nein. Lieber wollte sie sterben, als in solcher Gefangenschaft leben… 
    Es muß einen Weg geben, wenn ich ihn nur finden könnte! Sie würde nicht aufgeben, niemals eingestehen, daß der Falke sie geschlagen hatte. Sie war Romilly MacAran, geboren mit der MacAran-Gabe, und sie war stärker als jeder Falke. Sie würde den Falken nicht sterben lassen… nein, es war nicht mehr »der Falke«, es war Preciosa, die sie liebte, und sie würde um ihr Leben kämpfen, bis sie beide zusammen tot umfielen. Noch einmal langte sie hinaus, glitt furchtlos hinein in das Vogelgehirn, sich diesmal ihrer selbst als einer jetzt vertrauten Tortur in Preciosas Verstand und des übelkeiterregenden, ranzigen Geruchs des Fleisches auf dem Handschuh voll bewußt… Schon glaubte sie, Preciosa werde von neuem mit den Flügeln schlagen. Aber diesmal beugte der Vogel den Kopf auf den Handschuh mit dem Fleisch.
    Romilly hielt den Atem an. Ja, ja, friß und gewinne neue Kraft… und dann meinte sie, von dem schrecklich fauligen Gestank des Fleisches erbrechen zu müssen.
    Jetzt will sie fressen, sie würde mir vertrauen, aber sie kann das nicht mehr zu sich nehmen. Vielleicht, wenn sie es genommen hätte, bevor sie so schwach wurde, aber jetzt… sie ist kein Aasfresser…
    Romilly geriet in Verzweiflung. Sie hatte das frischeste Fleisch mitgebracht, das in der Küche aufzutreiben war, und nun war es nicht frisch genug. Der Falke begann, ihr zu vertrauen, hätte vielleicht Atzung vom Handschuh angenommen, wenn sie etwas gehabt hätte, das sich ohne Ekel schlucken ließ… Eine Ratte raschelte im Stroh, und Romilly ertappte sich dabei, daß sie aus den Augen des Vogels mit echtem Hunger nach dem kleinen Tier blickte…
    Der Morgen war nahe. Im Garten draußen zirpte ein verschlafener Geistervogel, und es gurrte aus dem Schlag der halb erwachten Tauben, die manchmal für besondere Gäste oder für Kranke gebraten wurden. Romilly war schon unterwegs, bevor sich der Gedanke deutlich formuliert hatte. Sie hörte sich selbst sagen: Der Geflügelwärter wird sehr böse auf mich sein, ich darf mich nicht ohne Erlaubnis an den Tauben vergreifen.
    Aber der Hunger, der durch ihren Geist, durch den Vogelgeist

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