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Herrin der Falken

Titel: Herrin der Falken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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keinen Vorwurf gemacht, chiya; das war ein unglücklicher Zufall, sonst nichts. Denn nun haben wir hier mitten in den Bergen nur noch ein Pferd, und ich hatte gehofft, Serrais morgen abend zu erreichen.«
    »Dahin gehen wir? Und warum?«
    »Ich habe es dir nicht gesagt, weil wir hätten verfolgt werden können. Was du nicht wußtest, konntest du nicht verraten.«
    Also vertraut Jandria mir nicht. Recht hat sie; anscheinend bin ich nicht vertrauenswürdig. Mein armes Pferd hat es er
    fahren müssen… Trotzdem protestierte sie: »Ich würde dich
    nie verraten.« 
    Sanft antwortete Jandria: »Daran habe ich auch nicht gedacht,
    Liebes. Ich meinte nur – was du nicht wußtest, konnte dir auch nicht durch Folter entrissen oder deinen Gedanken durch eine Leronis mit einem dieser Sternensteine entnommen werden. Man hätte schnell festgestellt, daß du nichts wußtest. Aber nun würdest du es in ein oder zwei Tagen sowieso erfahren.«
    Sie kniete sich neben Romilly und löste die Sattelriemen. »Du kannst auf einem der Pack-Chervines reiten, und wir laden dem anderen beide Packen auf. Dann kommen wir zwar langsamer voran, aber daran ist nichts zu ändern.«
    Sie begann, das ihr am nächsten stehende Chervine abzuladen, sah Romilly stocksteif dastehen und rief: »Komm schon und hilf mir!«
    Romillys Blick hing an dem toten Pferd. Schon krochen Insekten auf das verklumpte Blut um das zerschmetterte Bein zu. »Können wir es nicht begraben?«
    Jandria schüttelte den Kopf. »Keine Zeit, keine Werkzeuge. Laß es zur Nahrung für die wilden Tiere liegen.« Romilly sah schockiert auf, und Jandria setzte freundlich hinzu: »Liebes Kind, ich weiß, was dein Pferd dir bedeutet hat.«
    Nein, das weißt du nicht, dachte Romilly grimmig, das würdest du nie begreifen!
    »Meinst du, ihm kommt es auch nur ein bißchen darauf an, ob seinen Körper die wilden Tiere fressen oder ob es eine Bestattung wie ein Hastur-Lord erhält? Es ist ja nicht mehr in seinem Körper.«
    Romilly nahm sich zusammen. »Das weiß ich. Es klingt vernünftig, wie du das sagst, aber –«, sie brach ab und würgte das Schluchzen hinunter. Jandria legte ihr liebevoll die Hand auf den Arm.
    »In diesem Wald leben Tiere, die von totem Fleisch als Nahrung abhängen. Sollen sie hungern, Romy? Das ist nur Sentimentalität. Du fühlst keinen Schmerz, wenn dein Falke seine Beute tötet.«
    Romilly mit ihren aufgewühlten Empfindungen faßte es so auf, als werfe Jandria ihr ihre Unaufmerksamkeit vor. Sie hatte mit ihrem Falken das Schlagen der Beute geteilt und so ihr Pferd in den Tod geführt! Deshalb riß sie sich von Jandria los und stellte bitter fest: »Mir bleibt ja keine andere Wahl, oder? A ves ordres, mestra.«. Sie zerrte an der Last des anderen Chervines. Schmerzend, anklagend stieg die Erinnerung an die Kundschaftervögel in ihr auf, für die sie nach Aas ausgespäht hatte. Jetzt fiel ihr Pferd den Kyorebni zur Beute, und vielleicht war das so, wie es sein sollte. Trotzdem ertrug sie es nicht, das zu sehen, denn ihre Nachlässigkeit hatte dem treuen Geschöpf das Leben gekostet.
    Trostsuchend blickte sie zum Himmel auf, doch Preciosa war nirgendwo zu sehen.
    Vielleicht hat auch sie mich verlassen,..
    Gegen Abend veränderte sich das Land. Die grünen Felder wichen sandigen Hochebenen, und die Wege waren aus hartgebackenem Lehm. Die Chervines, Geschöpfe des Waldes und der Berge, trotteten langsam dahin. Kleine Rinnsale von Schweiß zogen senkrechte Linien durch ihr dickes Fell. Romilly wischte sich die Stirn mit dem Ärmel, zog den warmen Mantel aus und band ihn als Bündel an ihren Sattel. Die Sonne mußte hier stärker sein, und sie flammte in wolkenloser Heftigkeit von einem klaren, blassen Himmel. Es wurde dämmerig, als Jandria nach vorn zeigte.
    »Da liegt Serrais. Heute nacht werden wir im Haus der Schwesternschaft schlafen und vielleicht zehn Tage dort bleiben. Ich freue mich darauf, wieder einmal in einem richtigen Bett zu liegen – du nicht?«
    Romilly stimmte ihr zu, aber insgeheim war sie traurig, daß die lange Reise ihr Ende fand. Sie hatte Jandria liebgewonnen, und der Gedanke, mit einem Haus voller fremder Frauen leben zu müssen, schreckte sie. In einer regulären Niederlassung der Schwesternschaft würde sie wohl auch wieder an dem fürchterlichen Unterricht im Fechten und im waffenlosen Kampf teilnehmen müssen.
    Nun, sie hatte sich der Schwesternschaft aus freien Stücken verpflichtet, jetzt mußte sie an dem Platz im Leben, an den die

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