Herrin der Falken
ihre Hände kalt und steif gegen die seinen, sie nur eben berührend, wie der Tanz es erforderte. Es war eine Erleichterung für sie, als die nächste Runde sie wieder an ihren ursprünglichen Platz und zu Alderic brachte. Die Musik ging in einen Paartanz über. Romilly sah, daß Dom Garris entschlossen auf sie zukam. Sie faßte Alderics Ärmel und flüsterte: »Wollt Ihr mich zum Tanz auffordern, Dom Alderic?«
»Aber sicher«, antwortete er lächelnd und führte sie davon. Garris starrte ihnen nach. Eine Weile später erwiderte Romilly Alderics Lächeln und sagte: »Ihr seid durchaus kein Stampftänzer.“
»Nein?« Er lachte. »Ich habe lange nicht mehr getanzt, außer mit den Mönchen.«
»Ihr tanzt im Kloster?«
»Zuweilen. Um uns aufzuwärmen. Und bei manchen Gottesdiensten findet ein sakraler Tanz statt. Einige der Studenten, die keine Brüder werden wollen, gehen zum Fest auch ins Dorf und tanzen dort, aber ich –« Romilly kam es vor, als zögere er kurz, »– ich hatte wenig Muße dazu.«
»Spannt man Euch bei Euren Studien völlig ein? Domna Luciella meint, Darren sehe dünn und blaß aus – bekommt Ihr genug zu essen und warme Kleidung?«
Alderic nickte. »Ich bin an ein hartes Leben gewöhnt«, sagte er und verstummte, während Romilly die Bewegung und die Musik genoß. Als der Tanz zu Ende war, bemerkte er: »Ihr tragt meine Blumen – ich hoffe, sie haben Euch gefallen?«
»Sehr«, antwortete sie, und dann schwieg sie verschüchtert. Hatte er die Dorilys im Sinne des Angebots, das Mallina vermutete, in ihren Korb gesteckt, oder war es nur die Unkenntnis eines Fremden von den hiesigen Bräuchen? Danach hätte sie ihn gern gefragt, nur schämte sie sich zu sehr. Und wieder war es, als habe er ihre Gedanken gelesen. Er sagte plötzlich: »Darren erzählte es mir. Ich hatte nichts Unschickliches im Sinn, glaubt mir, Mistress Romilly. In meiner Heimat – ich bin Tiefländer – ist Dorilys, die Sternblume, das Geschenk des Lords Hastur an die Gesegnete Cassilda. Ich wollte Euch zu Ehren des Tages ein höfliches Kompliment machen, mehr nicht.«
Romilly lächelte zu ihm hoch. »Ich glaube nicht, daß Euch irgend jemand unschickliche Andeutungen zutrauen würde, Dom Alderic.«
»Ich bin Eures Bruders Freund; Ihr braucht mich nicht mit Dom anzureden. Schließlich waren wir zusammen auf der Beize.«
»Ebenso wenig braucht Ihr mich mit Damisela anzureden«,
entgegnete Romilly. »Meine Brüder und meine Schwester nennen mich Romy.«
»Gut; benehmen wir uns wie Verwandte, so wie ich zu Darren stehe. Möchtest du ein Glas Wein, Romy?« Sie waren in die Nähe des Tisches mit den Erfrischungen gekommen. Romilly schüttelte den Kopf und erklärte ehrlich: »Ich darf in Gesellschaft keinen Wein trinken.«
»Dann Shallan?« Alderic goß ihr von dem süßen Fruchtgetränk ein. Romilly trank durstig. Sie merkte, daß sich ihr Haar nach dem wilden Tanz zu lösen drohte. Doch sie hatte keine Lust, sich zu den kichernden Mädchen in die Ecke zurückzuziehen und es neu aufzustecken.
»Du gehst gern auf die Beize?« erkundigte sie sich. »Ja; die Frauen unserer Familie richten Kundschaftervögel ab. Hast du je einen aufgelassen, Romy?«
Sie schüttelte den Kopf. Diese großen, wilden Vögel hatte sie zwar schon gesehen, aber sie sagte: »Ich wußte nicht, daß es möglich ist, sie zu zähmen! Sie können ja ein Rabbithorn schlagen! Ich glaube nicht, daß mir die Jagd mit einem Kundschaftervogel Vergnügen bereiten würde.«
»Sie werden nicht des Vergnügens wegen verwendet«, erwiderte Alderic, »sondern für den Krieg oder die Feuerwache ausgebildet. Das geschieht mit Laran. Ein Kundschaftervogel kann im Flug Eindringlinge in ein friedliches Land ausspionieren, oder Räuber, oder einen Waldbrand. Aber die Arbeit mit ihnen ist kein Zeitvertreib. Es stimmt, daß die Vögel wild und nicht leicht zu behandeln sind. Trotzdem glaube ich, du brächtest es fertig, Romilly, wenn dein Laran geschult wäre.“
»Das ist es nicht und wird es wahrscheinlich nie sein, und den Grund wird Darren dir genannt haben. Kundschaftervögel!“
Ein kleiner Schauder lief ihr, halb angenehm, bei dem Gedanken an den Umgang mit den großen, wilden Raubvögeln das Rückgrat hinunter. »Es kann nicht viel schwerer sein, ein Banshee zu trainieren!«
Alderic lachte vor sich hin. »Auch davon habe ich hinten in den Bergen schon gehört. Und Banshee-Vögel sind sehr dumm. Der Umgang mit ihnen erfordert wenig Geschick.
Weitere Kostenlose Bücher