Herrin Der Stürme - 2
mein Reich in Ordnung zu bringen, Cousin. Aber ich hege keinen Zweifel, daß es nicht lange dauern wird, bis sie dich nach Thendara rufen. Mit dem Tod deines Bruders bist du der Erbe von Elhalyn.« Mit plötzlicher Vorsicht blickte er Allart an. Dom Mikhail war sich bewußt geworden, daß er es nicht mehr mit einem einfachen Verwandten und Freund zu tun hatte, sondern mit einem künftigen Herrscher, mit dem er bereits in wenigen Tagen behutsamen, von Taktik bestimmten diplomatischen Umgang pflegen mußte. Allart würde möglicherweise noch vor dem Mittsommertag auf dem Thron von Thendara sitzen.
Allart hatte den Eindruck, daß jedes Wort, das Dom Mikhail sprach, mit plötzlicher Vorsicht geäußert wurde.
»Ich hoffe, wir werden immer Freunde sein, Cousin.«
Allart erwiderte aufrichtig: »Ich hoffe wirklich, daß zwischen Thendara und Elhalyn immer Freundschaft bestehen wird.« Aber er fragte sich: Kann ich überhaupt je wieder wirkliche Freundschaft und einfache persönliche Beziehungen erfahren? Der Gedanke deprimierte ihn. Dom Mikhail ergriff wieder das Wort: »Es wird uns ein halbes Jahr kosten, die Trümmer des Turms wegzuräumen, und vielleicht doppelt soviel Zeit, ihn wieder aufzubauen, wenn wir mit normalen Methoden vorgehen. Was meinst du, Donal – sollten wir nach einer Matrix-Mannschaft, vielleicht der von Tramontana, schicken und sie bitten, den Schutt wegzuräumen?«
Donal nickte. »Wir müssen an die Leute denken, die wegen der Truppen ihre Heime verließen. Die Frühjahrssaat hat sich schon verzögert, und wenn wir noch länger warten, wird zur Erntezeit Hunger herrschen.« Dom Mikhail meinte zustimmend: »So ist es. Und sie können den Turm neu entwerfen und ihn mit Matrix-Hilfe wieder aufrichten. Das wäre zwar teuer und würde lange dauern, aber es würde der Burg zum Stolze gereichen. Wenn eure Kinder hier regieren, wirst du dir einen Aussichtspunkt wünschen, von dem aus du das ganze Umland übersehen kannst. Obwohl es sehr lange dauern wird, bis wieder jemand wagen wird, gegen die Festung Aldaran vorzugehen.«
»Möge dieser Tag weit entfernt sein«, sagte Donal. »Ich hoffe, du wirst noch viele Jahre auf diesem Hohen Stuhl sitzen, Vater.« Er stand auf und verbeugte sich. »Mit Eurer Erlaubnis, Sir«, sagte er und ging zur Frauentafel, wo Renata saß.
»Komm, Renata und sprich mit ihm. Dann wird er die Wahrheit wissen, und wenn Dorilys sich später zu uns gesellt, wird zwischen uns allen Aufrichtigkeit herrschen.«
Renata lächelte und ergriff die angebotene Hand. Ein Teil von ihr fühlte sich nackt und entblößt. Aber ihr war klar, daß dies der Preis war, den sie für ihre Liebe zahlen mußte. Sie hätte fortgehen und zu ihrer Familie zurückkehren können, als Donal eine andere heiratete. Eine konventionell erzogene Frau hätte das getan. Sie aber hatte sich entschieden, seine Barragana zu werden. Sie schämte sich dessen nicht. Warum sollte sie zögern, die wenigen Schritte zwischen der Frauentafel und dem Platz auf der Empore zurückzulegen und an Donals Seite zu sitzen?
Allart sah gespannt zu und fragte sich, was geschehen würde, wenn Renata und Dorilys sich gegenüberstanden. Nein … Dorilys war nicht hier, sie war nicht in die Halle gekommen. Aber sein Laran zeigte ihm verzerrte, unscharfe Bilder von Dorilys’ Gesicht und einer fassungslosen Renata. Er wollte zuerst aufstehen, doch dann machte sich verzweifelt klar, daß er nichts tun konnte. Er konnte nirgendwo anknüpfen, noch war nichts geschehen. Aber der Lärm und die Verwirrung in der Halle, die seine Gabe ihm offenbarten, lähmten ihn. Bestürzt blickte er umher – und sah nur die tatsächliche vorhandene große Halle, hörte nur den vergnügten Lärm der vielen Menschen, die laut aßen und tranken. Renata sagte: »Ich habe Dorilys sehr gem. Um nichts in der Welt würde ich sie beleidigen wollen. Ich bin immer noch der Meinung, daß wir ihr nichts sagen sollten, bevor wir sicher sind, daß sie die Schwellenkrankheit überwunden hat.«
»Aber wenn sie es selbst herausfindet, wird sie wütend sein, und das mit Recht«, gab Donal zu bedenken, während er Renata zur Empore führte. »Wir sollten es Vater sagen, auch wenn es nicht nötig ist, daß Dorilys es sofort erfährt.«
»Was willst du Vater sagen, das ich nicht wissen soll, mein Gatte?« Die helle, kindliche Stimme zerbrach die Stille wie klirrendes Glas. Dorilys, in ein blaues Festtagsgewand gekleidet, das Haar tief im Nacken in Locken gelegt und kindlicher denn je
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