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Herrin der Stürme

Herrin der Stürme

Titel: Herrin der Stürme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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Jahre in Nevarsin damit verbracht, zu lernen, wie man es nicht tat –, senkte er die selbstauferlegten Barrieren und griff mit seinem Laran hinaus …
Einen Moment lang – zeitlos, ewig, wahrscheinlich nicht viel länger als eine halbe Sekunde, aber in seinen aufschreienden Sinnen scheinbar eine Million Jahre – stürzte die ganze Zeit auf ihn ein, Vergangenheit und Gegenwart, alle Handlungen seiner Vorfahren, die in diesen Augenblick mündeten. Er sah eine Frau am See von Hali entlanggehen, eine Frau von vergehender Schönheit mit den farblosen grauen Augen und dem Mondscheinhaar einer Chieri. Er fing Erinnerungen an Wälder und Berggipfel ein, sah andere Planeten und Sterne, eine Welt mit gelber Sonne und einem einzigen bleichen Mond am Himmel. Er blickte in die schwarze Nacht des Alls, starb im Schnee, im All, im Feuer. Tausend Tode wurden in einen einzigen Moment gepreßt. Er sah sich selbst sterben, zusammengekrümmt in der Haltung des Fötus und sich in sich selbst jenseits allen Denkens zurückziehend, wie er es im Alter von vierzehn Jahren beinahe getan hätte. In einem einzigen schrillenden Moment lebte er hunderttausend Leben und erlebte seinen Körper, wie er in Krämpfen des Entsetzens zuckte und starb … Er hörte sich in wildem Schmerz aufschreien und wußte, daß er wahnsinnig war, daß er nie zurückkehren würde … Einen Moment lang kämpfte er, um die Tore zuzuschlagen, die er geöffnet hatte und wußte, daß es zu spät war …
Und dann war er wieder der Allart, der wußte, daß er nur dieses einzige Leben hatte. Die anderen waren unwiderruflich vergangen, mußten es sein. Aber in diesem einzigen Leben (wie eng es doch wirkte nach diesen Jahrhunderten des Sekundenbruchteil-Bewußtseins) waren vor ihm immer noch hundert neue Möglichkeiten ausgebreitet, die sich mit jeder Bewegung unendlich vervielfachten, während andere für immer erloschen. Jetzt konnte er sehen, wie jede Bewegung, die er seit seiner Kindheit gemacht hatte, entweder Möglichkeiten eröffnet oder andere Wege für alle Zeit verschlossen hatte. Er hätte den Weg des Stolzes voll Stärke und in Waffen nehmen, hätte sich bemühen können, DamonRafael beim Schwertkampf und im Gefecht auszustechen, seines Vaters meistbenötigter Sohn zu werden … Er hätte es irgendwie in die Wege leiten können, Damon-Rafael in der Kindheit sterben zu lassen und selbst seines Vaters Erbe zu werden … Er hätte, für immer enterbt, in den sicheren und geschützten Mauern von Nevarsin bleiben können … Er hätte in die neuentdeckte Welt der Sinne eintauchen können, in die unendliche Verlockung, die die Arme einer Riyachiya boten … Er hätte in seinem gedemütigten Stolz das Leben seines Vaters ersticken können … Durch die andrängenden Vergangenheiten konnte Allart langsam die Unvermeidlichkeit der Entscheidungen sehen, die ihn zu diesem Augenblick, zu diesem Scheideweg geführt hatten … Jetzt war er hier, an diesem kritischen Augenblick, wohin seine vergangenen Entscheidungen, ob willentlich oder unwillentlich, geführt hatten. Jetzt mußten seine zukünftigen Entscheidungen im vollen Wissen dessen, was sie hervorrufen konnten, getroffen werden. In diesem überlasteten Augenblick völliger Bewußtheit akzeptierte er die Verantwortung dessen, was gewesen war und sein würde, und begann vorsichtig vorwärtszuschauen.
Dorilys’ Worte zuckten durch seinen Kopf: »Es ist wie der Lauf des Wassers. Wenn ich Steine hineinwerfe, würde es um sie herumfließen. Aber ich könnte es nicht dazu bringen, aus dem Flußbett zu springen oder bergauf zu fließen …«
Langsam begann er mit der merkwürdig ausgedehnten Wahrnehmungsfähigkeit zu sehen, was vor ihm lag. Die wahrscheinlichste Entwicklung unmittelbar vor ihm, fächerten sich die anderen an den Rändern seines Bewußtseins zu den wildesten Möglichkeiten auf. Direkt vor sich sah er die Möglichkeiten, daß Donal akzeptierte; sich widersetzte; daß er Renata nahm und Aldaran verließ; daß er Dorilys nehmen und mit Renata Nedestro-Kinder zeugen würde. Er sah, daß Dom Erlend Leynier als Vergeltung für die Beleidigung seiner Tochter seine Truppen mit Scathfell gegen Aldaran vereinigte. (Er sollte Renata davor warnen – aber würde es sie kümmern?) Immer wieder sah er die sich oft wiederholende Vision von Scathfells bewaffneten Männern, die im Frühling gegen Aldaran zogen, daß Aldaran wieder einmal mit Waffengewalt gehalten werden mußte. Er sah auch entferntere Möglichkeiten: Die, daß

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