Herrin der Stürme
Scathfell erregt. »Den Göttern sei Dank habe ich noch andere Söhne, und der Tag wird kommen, an dem ich Scathfell aus eigenem Recht besitze, und nicht durch deine Erlaubnis und Gnade. Der Tag wird kommen, an dem wir auch Aldaran besitzen –, und jene mörderische Zauberin da, die sich hinter der Maske eines weinenden Mädchens verbirgt, wird mit ihrem Blut Rechenschaft abgeben! Von nun an, Mikhail von Aldaran, paß auf dich und deine Hexentochter auf, und auch auf den Bastard Rockraven, der niemals dein Sohn sein wird! Die Götter allein wissen, welchen Einfluß er auf dich hat! Irgendeinen üblen Zauberbann der Hexerei! Ich will die Luft dieses Ortes nicht länger atmen, die von ekligen Zaubereien verschmutzt ist!«
Sich umwendend, seinen Friedensmann im Schlepptau, verließ Lord Scathfell ruhigen und gemessenen Schrittes das Empfangszimmer. Sein letzter Blick galt Dorilys, und er war mit soviel Abscheu erfüllt, daß Donal schauderte.
Wenn Brüder sich streiten, treten Feinde auf, um diesen Spalt zu vertiefen, dachte Donal. Jetzt hatte sein Pflegevater sich mit der gesamten Verwandtschaft überworfen. Und ich, der allein noch zu ihm steht – bin nicht einmal sein Sohn!
Als die Leute von Scathfell gegangen waren, sagte Margali bestimmt: »Jetzt, mein Fürst, mit Eurer Erlaubnis, werde ich Dorilys zu Bett bringen.«
Aldaran, der aus brütender Apathie aufschreckte, erwiderte: »Ja, ja, bring das Kind weg. Aber komm zu mir zurück, sobald es schläft.« Margali brachte Dorilys hinaus. Aldaran saß bewegungslos, mit gesenktem Kopf, in Gedanken versunken.
Donal vermied es, ihn zu stören, aber als Margali zurückkehrte, fragte er: »Soll ich gehen?«
»Nein, nein, Junge, das betrifft auch dich«, sagte Aldaran. Seufzend blickte er zu der Leronis auf. »Kein Vorwurf gegen dich, Margali, aber was sollen wir jetzt tun?«
Kopfschüttelnd erwiderte Margali: »Ich kann sie nicht mehr kontrollieren, mein Fürst. Sie ist stark und eigenwillig, und schon bald wird sie der Belastung der Pubertät ausgesetzt sein. Ich bitte Euch, Dom Mikhail, sie jemandem anzuvertrauen, der stärker ist als ich, und besser geeignet, sie zu lehren, ihr Laran zu kontrollieren. Sonst kann Schlimmeres als dies geschehen.«
Donal fragte sich: Was könnte schlimmer sein als dies?
Als griffe er die unausgesprochene Frage auf, sagte Aldaran: »Jedes andere Kind, das ich gezeugt habe, ist im jugendlichen Alter an der Schwellenkrankheit gestorben. Das ist der Fluch unseres Geschlechts. Muß ich auch das noch für sie fürchten?«
Margali erwiderte: »Habt Ihr schon einmal daran gedacht, sie zu den Vai Leronis des Tramontana-Turms zu schicken? Sie würden sich um Dorilys kümmern und sie lehren, das Laran zu benutzen. Wenn irgend jemand sie unbeschadet durch die Jugend bringen kann, dann die Mitglieder einer Turmgemeinschaft.«
Donal dachte: Das ist mit Sicherheit die richtige Lösung. »Ja, Vater«, sagte er eifrig. »Ihr werdet Euch erinnern, wie freundlich sie jedesmal waren, wenn wir dorthin gingen. Sie waren erfreut, mich unter sich zu haben, wenn Ihr mich entbehren konntet, haben mich immer als Gast und Freund willkommen geheißen, und mich viel über die Anwendung meines Laran gelehrt. Sie hätten mir mit Freuden mehr beigebracht. Schickt Dorilys zu ihnen.«
Fast unmerklich hatte sich Aldarans Gesicht aufgehellt. Plötzlich blickte er wieder finster. »Nach Tramontana? Willst du mich vor meinen Nachbarn beschämen, Donal? Soll ich meine Schwäche zeigen, damit sie allen Leuten in den Hellers davon berichten? Soll ich mich zur Zielscheibe von Klatsch und Spott machen lassen?«
»Vater, ich glaube, Ihr tut den Leuten von Tramontana Unrecht«, widersprach Donal, aber er wußte, daß es sinnlos war. Er hatte nicht mit Dom Mikhails Stolz gerechnet.
Margali sagte: »Wenn Ihr sie nicht euren Nachbarn in Tramontana anvertrauen wollt, Dom Mikhail, bitte ich Euch, sie nach Hali oder Neskaya zu schicken, oder zu einem der Türme im Tiefland. Ich bin weder jung noch stark genug, sie Selbstkontrolle zu lehren. – Die Götter wissen, daß ich nicht wünsche, von ihr getrennt zu werden. Ich liebe sie, als wäre sie mein eigenes Kind, aber ich kann mit ihr nicht mehr fertigwerden. In einem Turm hingegen ist man dafür ausgebildet.« Aldaran dachte eine Weile darüber nach. Schließlich sagte er: »Ich glaube, sie ist zu jung, um zu einem Turm geschickt zu werden. Aber zwischen Aldaran und Elhalyn gibt es alte Freundschaftsbande. Um dieser alten Freundschaft
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