Herrlich und in Freuden
gar kein indischer Name?« rief Ben Nevis.
»Kein indischer Name? Aber meine Frau ist doch keine Inderin!«
»Ach nein, natürlich nicht!« entschuldigte sich Ben Nevis. »Ich weiß auch nicht, weshalb ich mir einbildete, sie müsse Inderin sein. Vermutlich beschäftigen sich all meine Gedanken zu sehr mit Indien, seit Hugh Cameron und ich uns zu unsrer kleinen Vergnügungsreise entschlossen haben.«
»Ich bin nämlich gerade in Canterbury gewesen, um ihre Großmutter zu besuchen. Ihr Vater und ihre Mutter sind beide tot. Er arbeitete für Campbell, Campbell, Campbell & Co.!«
»Der Arme!« rief der Häuptling des Clan MacDonald. »Wie schrecklich für ihn!«
»Wieso?« sagte Mr. Winstanley überrascht. »Sie hatten das größte Jute-Geschäft Kalkuttas!«
»Natürlich!« sagte Donald MacDonald weise. »Wenn sich etwas
auf Plündern und Rauben reimt - dann sind gewiß die Campbeils
dabei!«
»Angelas Großmutter ist'die Witwe von einem der Organisten an der Kathedrale. Er hieß Peppercorn. Er hat Tennysons berühmtes Gedicht Crossing the Bar in Musik gesetzt. Seinerzeit war es ein sehr beliebtes Lied, das in allen Salons vorgetragen wurde. Leider bin ich überhaupt nicht musikalisch, meine Frau dagegen sehr. Das heißt, meine geschiedene Frau, obwohl ich zwar glaube, daß wir eigentlich noch miteinander verheiratet sind, bis die vorläufige Scheidung zu einer endgültigen erklärt wird.«
Ein besonders starkes Geheul der Schiffssirene ermutigte Ben Nevis, die nächste Frage zu stellen.
»Ich möchte mich nicht in Ihre Privatangelegenheiten mischen, Mr. Winstanley, aber darf ich fragen, ob - errr - Mrs. Winstanley sich von Ihnen scheiden ließ oder ob - errr - Sie sich veranlaßt sahen, die notwendigen Schritte einzuleiten, wie man es ja wohl nennt?«
»Oh, sie ließ sich von mir scheiden«, sagte Mr. Winstanley mit bitterein Lachen. »Ich versah sie mit dem sogenannten Beweismaterial.«
»Aha, ich verstehe. Aber ist das nicht eine ziemlich riskante Sache?«
»Das Unangenehme ist nur, daß Angela darauf besteht, auch weiterhin in Indien zu bleiben. Augenblicklich ist sie in Tallulaghabad. Ich habe ihre Großmutter, Mrs. Peppercorn, angefleht, sie nach Canterbury zu rufen. Indien ist nicht der rechte Ort für eine geschiedene Frau. Skandal und Klatsch schießen in jedem Städtchen ins Kraut. Angela ist ein .Naturkind und kann sich nicht vorstellen, daß die Leute klatschen. Ich versichere Ihnen, Mr. MacDonald, ich fürchte mich schon jetzt vor den Geschichten, die ich hören werde, wenn ich wieder in Jumbulpore bin. Vielleicht war es eine gewisse Schwäche von mir, in die Scheidung einzuwilligen. Aber es muß jeden Mann wurmen, wenn er weiß, daß seine Frau sich bei ihm langweilt. Ich war zwanzig Jahre älter als Angela - und sie schien es mir stets vorzuwerfen, daß ich weder beim Militär noch beim Verwaltungschenst war. Da hält man sich über die Kasten bei den Indern auf, aber glauben Sie mir, bei den Briten gibt es ein nicht weniger heimtückisch starres Kastensystem. Die Männer sind ganz recht, aber die Frauen sind des Teufels. Meine Frau wurde also immer unzufriedener, und ich, nun ja, ich war verärgert, und dann, ja, dann beschlossen wir, auseinanderzugehen... Aber Sie müssen mir verzeihen, Mr. MacDonald, weil ich Sie so lange mit meinen
Privatangelegenheiten gelangweilt habe. Ich konnte nicht schlafen - und der Kakao scheint mich gesprächig gemacht zu haben.«
Es kostete Ben Nevis drei Runden ums Bootsdeck herum, bis er so viel Selbstverleugnung beisammen hatte, um nicht sofort in Kilwhillies Kabine zu gehen und mit der Nachricht herauszuplatzen, daß Mr. Winstanley tatsächlich Mrs. Winstanleys Mann sei. Er brachte es fertig, sich zu beherrschen.
Am nächsten Morgen war Hugh Cameron, obwohl der Himmel im schönsten Blau strahlte und die See still war, noch immer in seiner Kabine, als die Taj Mahal Gibraltar anlief.
»Hör mal, Hugh«, protestierte Ben Nevis, »du mußt dich wirklich anziehen und an Deck kommen. Du mußt doch Gibraltar sehen!«
»Ich will Gibraltar nicht sehen«, erklärte Kilwhillie starrköpfig. »Ich weiß ganz genau, wie Gibraltar aussieht.«
»Ja, aber die Leute verstehen dich nicht.«
»Ich habe wirklich keine Lust, mich wegen anderer Leute Meinung aus der Ruhe bringen zu lassen.«
»Das Meer ist so friedlich wie ein Dorftümpel, Hugh! Du kannst zum erstenmal im Speisesaal zu Mittag essen. Es ist ein herrlicher Morgen nach dem Nebel. Hast du letzte Nacht die
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