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Herrlich und in Freuden

Herrlich und in Freuden

Titel: Herrlich und in Freuden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Compton Mackenzie
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aber offenbar ist die Dame in einer weit günstigeren Stellung, als wir anfangs glaubten. Ich wünschte, Ben Nevis hätte anstatt Hugh Camerons lieber seine Frau mitgenommen. Ich kenne Cameron nicht sehr gut, aber er ist mir immer als sehr schwacher Mensch vorgekommen, wenn ich auch glaube, daß er ein ganz tüchtiger Soldat war. Lieber Himmel, ich bin froh, wenn wir die ganze unerfreuliche Geschichte erst hinter uns haben. Allmählich geht sie mir auf die Nerven.«
    »Wie ich hörte, geht sie sehr oft mit dem widerlichen Menschen aus, der die Brauerei verwaltet. Paula Cartwright hat mir erzählt, daß sie heute zusammen ausgeritten sind.« - »Ach, der John Tucker ist gar kein übler Bursche. Ich wünschte nur, es käme etwas dabei heraus, wenn Mrs. Winstanley mit ihm herumläuft!«
    »Alistair!« rief Mrs. Rose-Ross. Sie war eine blasse Blondine mit einem schmallippigen, zimperlichen kleinen Mund und Augen von der Farbe verblichener Vergißmeinnicht.
    »Ich meine ja nur, ich wünschte, daß sie ihn heiratet, sowie die Sache mit dem Dekret nisi, die ich ohnehin nicht verstehe, mal abgelaufen ist. John Tucker wäre ein guter Ehemann, und er hat scheffelweise Geld.« - »Was er einem deutlich genug zu verstehen gibt«, sagte Mrs. Rose-Ross mit ätzender Stimme.
    »Aber Myra, er ist einfach sehr gastfreundlich!«
    »Haha, wenn ein Brauer seinen Gästen nicht reichlich zu trinken geben kann, wer könnte es sonst?«
    Da erschien der Khitmatgar, um das Kaffeegeschirr abzuräumen, und Mrs. Rose-Ross gab ihm einige Anweisungen in Küchen-Urdu, deren Sinn der würdige Mohammedaner wunderbarerweise anscheinend mit Leichtigkeit erriet.
    »Ich kann mir nicht erklären, warum Mrs. Winstanley nach Tallulaghabad kommen mußte«, fuhr Mrs. Rose-Ross fort, nachdem der Diener sich verzogen hatte. »Wegen der Scheidung ging sie nach England. Warum blieb sie nicht dort? Warum kam sie wieder nach Indien? Ihres Vaters Verwandte mögen ja aus Canterbury stammen, aber wer war ihre Mutter? Ich bin überzeugt, daß sie nicht aus Canterbury stammt. Schließlich ist Jumbulpore nur eine Tagereise von Tallulaghabad entfernt, und man sollte annehmen, daß eine Frau mit einigem Sinn für Anstand sich so weit wie möglich von dem Manne entfernt, von dem sie sich hat scheiden lassen. Und ich kann nicht verstehen, was die Männer an ihr so anziehend finden ! «
    »Nun, du weißt ja, Liebling, daß ich mich nie zu Brünetten hingezogen fühlte«, begann der Oberst vorsichtig, »aber ich kann mir vorstellen, daß Männer, die für Brünette etwas übrig haben, von Mrs. Winstanley sagen könnten, sie sei ganz... ganz...«
    »... ganz was, Alistair?« fragte Mrs. Rose-Ross und zog ihre hellen Augenbrauen in die Höhe.
    »Oh, ganz anziehend, weiter nichts, meine Beste!« schloß der Oberst rasch.
    »Meine liebe Mutter pflegte immer zu sagen, in allen Männern steckt etwas fundamental Grobschlächtiges. Leider hat meine eigene Erfahrung mir bewiesen, daß sie nur zu recht hatte«, meinte Mrs. Rose-Ross naserümpfend.

    Während der Oberst und seine Frau ihre Nach-Tisch-Unterhaltung fortsetzten, spielte Mrs. Winstanley auf ihrem Klavier, das sie aus den Trümmern ihrer Ehe für sich gerettet hatte, Notturnos von Chopin. Das Rubato war vielleicht etwas übertrieben, aber die Wirkung der romantischen Musik in dem rosig-verhangenen Salon des kleinen Bungalows in einer solchen Sternennacht wäre betörend gewesen, auch wenn sie eine weniger schöne junge Frau als Angela Winstanley vorgetragen hätte. Das Rätsel ihrer Anziehungskraft auf Männer, das Mrs. Rose-Ross soviel Kopfzerbrechen bereitete, war so einfach wie ein Kreuzworträtsel in der Kinderbeilage einer Sonntagszeitung. Sie schien so zerbrechlich wie eine Elfenbeinfigur und hatte weiches, dunkelbraunes Haar und ein kleines, längliches Gesicht, in dem zwei tiefliegende Mandelaugen je nach Belieben aufblitzten oder zerschmolzen oder sich fast ebenholzschwarz verhärteten. Ihre Oberlippe war ein schön geschwungener Bogen, die Unterlippe ein Rosenblütenblatt. Die unberingten Hände wetteiferten an Feinheit mit den schmalen Fußknöcheln. Sie trug ein enganliegendes schwarzes Kleid; ein Rubinanhänger an einer dünnen Weißgoldkette ruhte auf ihrem Busenansatz, als sie die Notturnos spielte, die sie irgendwie zu verkörpern schien.
    Angela Winstanley hatte fast eine Viertelstunde für sich allein gespielt, als sich die Tür ihres Salons öffnete und ein großer mohammedanischer Diener »MacDonald

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