Herrlich und in Freuden
Ben Nevis, wäre wahrscheinlich nicht erbaut gewesen.
»Mir ist wie jemandem aus Tausendundeiner Nacht zumute«, sagte Angela Winstanley am Donnerstagabend, als sie und Maisie Lambert im Auto des Maharadschas saßen, das sie nach Rosemount bringen sollte. »Wer weiß, was noch alles geschehen kann!«
»Du bist aber vorsichtig, Angela, nicht wahr? So glücklich war ich auch, als ich den letzten Abend mit Gerry Ripwood verlebte. Und es geschah nichts mehr, rein gar nichts!« seufzte Maisie Lambert.
Angela schauerte unter der Pelzdecke zusammen. »Wer weiß, was noch alles geschehen kann!« wiederholte sie leise, ohne die Worte ihrer Freundin zu beachten. »Eins weiß ich jedenfalls ganz genau, wenn Hector wirklich den Urlaub bekommen sollte: ich werde Mr. Cameron sagen, daß ich entschlossen bin, Hector nicht zu heiraten!«
»Bist du wirklich schon fest entschlossen?« fragte Maisie.
»Bis er nach Pippla kommt, ist es soweit«, erwiderte Angela.
»Aber warum willst du es durchaus Mr. Cameron mitteilen, Angela?«
»Weil er sich dann beruhigt und nicht mehr versucht, Ben Nevis und mich zu trennen.«
Maisie wandte sich um und betrachtete ihre Freundin betroffen.
»Angela! Du willst doch nicht etwa mit Ben Nevis flirten?« fragte sie ungläubig.
»Oh, es kommt darauf an, was du >Flirten< nennst. Eine Art platonischen Flirt haben wir bereits.«
»Angela, manchmal verstehe ich wirklich nicht, was du im Sinne hast.«
»Ich will nicht versuchen, Ben Nevis in mich verliebt zu machen - falls du das befürchtest!«
»Ich gesteh’s, einen Augenblick bekam ich es schon mit der Angst.«
»Und außerdem ist ja noch John Tucker da!« fuhr Angela fort. »In ein paar Tagen wird er heraufkommen, und ich glaube, er wird eine kleine Überraschung erleben. Er wird entdecken, daß ich nicht ganz so auf dem trockenen sitze, wie er es vermutet hat. Bisher hat er nämlich geglaubt, er könne sich ungestraft, und ohne sein Junggesellentum zu gefährden, aufs beste mit mir amüsieren. Nun wird er sehen, daß die Konkurrenz schärfer ist, als er erwartet hatte!«
»Es ist drollig, daß wir heute abend Maud Nutting kennenlernen«, meinte Maisie Lambert.
»Vielleicht entdeckst du dich in Maud Nuttings nächstem Buch!« sagte Angela. »Vielleicht kommen wir alle darin vor!«
Miss Maud Nutting war schon im Salon, als ihre zukünftigen Opfer erschienen. Sie war eine rundliche und rosige Frau von etwa fünfzig Jahren mit ungepflegtem, verblichenem Blondhaar und einer Bernsteinkette, die so gewichtig wie eine Bürgermeisterkette aussah. Man hätte es ihr nicht zugetraut, daß sie die Verfasserin der leidenschaftlichen Schilderungen des Lebens in Indien sein könnte, und doch hatte sie seit mehr als zwanzig Jahren mit ebensoviel Erfolg wie Fruchtbarkeit ihre Romane produziert. Der Maharadscha von Tussore unterhielt sich gerade mit ihr, als Angela und Maisie gemeldet wurden, und er drehte sich rasch um und blickte Angela prüfend an — etwa so, wie ein Fachmann, der ein Haus taxieren soll, auf den ersten Blick dessen gute und schlechte Seiten erfaßt.
Ben Nevis trat mit überströmender Herzlichkeit auf sie zu.
»Ah, da sind Sie ja! Darf ich Sie Seiner Hoheit dem Maharadscha von Bangabakka vorstellen!«
»Es war sehr liebenswürdig, Mrs. Winstanley, eine Einladung anzunehmen, die so kurzfristig an Sie erging!«
»Es war viel liebenswürdiger, Hoheit, daß Sie uns die Freude machten, uns einzuladen. Darf ich Ihnen meine Freundin Miss Lambert vorstellen?«
»Guten Abend, Miss Lambert«, sagte der Maharadscha. »Sind Sie vielleicht mit Mr. William Lambert vom Departement für öffentliche Bauten verwandt?«
»Er ist mein Vater, Maharadscha Sahib.«
»Ach, wirklich! Dann richten Sie ihm bitte meine herzlichsten Grüße aus. Vor etwa fünf Jahren hat er in Bangabakka wundervoll für uns gearbeitet. Und jetzt möchte ich Sie mit Seiner Hoheit dem Maharadscha von Tussore bekannt machen.«
Der Maharadscha war ein großer und hübscher Mann von etwa vierzig Jahren, der - im Unterschied zu so vielen andern indischen Fürsten - fast noch ebenso schlank war wie im ersten Weltkrieg, als er in einem indischen Kavallerie-Regiment gedient hatte. Innerhalb seines kleinen, aber reichen Staatswesens wahrte er das Zeremoniell eines Fürsten und Herrschers und war überaus gastfreundlich. Außerhalb seines Reiches jedoch zog er es vor, sich wie irgendein beliebiger britischer Offizier zu kleiden und zu verhalten. Er war zweimal verheiratet gewesen,
Weitere Kostenlose Bücher