Herrlich und in Freuden
links vom Häuptling! Kilwhillie, Sie sitzen zwischen Lady Pinfield und Miss Lambert!«
»Wie gefällt es Ihnen in Indien, Ben Nevis?« fragte Miss Nutting.
Bevor er antworten konnte, hörte man den Klang von Dudelsackpfeifen, und in den Speisesaal traten zwei Ex-Pfeifer vom Dogra-Regiment und spielten »Mit hundert Pfeifen und mehr«, dem sie »Der Weg zu den Inseln« folgen ließen, und dabei marschierten sie ständig rund um die Tafel.
»Oh, glänzend, Banjo, glänzend!« rief Ben Nevis mit einer Stimme, die das schrille Quietschen der Pfeifen noch überschrie. »Ganz glänzend!«
Lady Pinfield wurde nervös und bildete sich ein, das Pfeifengeschmetter könnte ihr den Haaraufbau vom Haupte wehen, doch da sie fand, daß es um das Ansehen des Britischen Imperiums ging, versuchte sie tapfer, mit ihrem alles andere als kleinen Fuß den Takt zur Musik zu klopfen. Die andern Gäste schienen sich angesichts des ungeheuren Lärms zusammenzuducken, wie sich Ausflügler bei einem Gewitter unter einen Baum kauern. Sogar Kilwhillie blinzelte scheu.
»Ganz glänzend! Ganz glänzend!« schrie Ben Nevis wieder. »Ich muß auf das Wohl der Pfeifer trinken.«
Seine Hoheit ließ Whisky kommen.
»Slahnjervaw!« sagte Ben Nevis und hob sein mit Hirsch-Hauch gefülltes Glas.
»Salaam, Sahib!« riefen die Pfeifer, ehe sie ihr Glas auf einen Zug leerten.
»Wundervoll«, dröhnte Ben Nevis’ Stimme durch die hierauf folgende Stille. »Könnte nicht sagen, wann ich so ergriffen gewesen wäre. Wundervoll!« Und eine dicke Träne löste sich aus seinen cholerischen blauen Augen und fiel in den Suppenteller.
»Spielen Sie Dudelsack, Ben Nevis?« frage Angela Winstanley.
»Nein, ich bin eigentlich gar nicht musikalisch«, antwortete er, »aber Hector spielt ziemlich gut!«
»So?« murmelte Angela. Sie hatte sich inzwischen fest entschlossen, Hectors Hand auszuschlagen. Und wie weise ihr Entschluß war, das zeigte sich jetzt: er spielte Dudelsack!
»Sie lieben also Musik nicht?« wurde sie vom Maharadscha von Tussore gefragt.
»Aber doch!« rief Angela entrüstet. »Ich habe einmal im Sinn gehabt, Musik zu studieren, um Pianistin zu werden!«
Der Maharadscha war offensichtlich überrascht und erfreut.
»Wirklich? Ich bin ein leidenschaftlicher Musikfreund!« erzählte er ihr. »Ob ich Sie und Ihre Freundin, Miss Lambert, wohl bitten dürfte, mich in Tussore zu besuchen? Ich habe einen Steinway, aber vielleicht ziehen Sie einen Bechstein vor? Ich habe auch einen Bechstein-Flügel.«
Angela wandte sich ihm zu und blickte in seine dunklen Augen.
»Wer ist Ihr Lieblingskomponist?« fragte sie.
»Für Klavier?«
Sie nickte.
»Das hängt immer von Zeit und Ort und vom Vortragenden ab. Doch Chopin überwältigt mich immer.«
»Falls ich nach Tussore komme, spiele ich Ihnen Chopin vor«, versprach Angela.
»Sie müssen unbedingt nach Tussore kommen! Wissen Sie, daß wir viel tiefer als Pippla liegen?«
Angela nickte. »Dann ist es dort wärmer?«
»Sehr viel wärmer«, bestätigte der Maharadscha.
Lady Pinfield, die ihr gegenüber saß, betrachtete prüfend den neuen Gast. Nach dem Essen mußte sie den Hausherrn fragen, wer diese Mrs. Winstanley eigentlich war. Anscheinend war sie Tussore vorher noch nie begegnet, sonst hätte sie argwöhnen müssen, daß Bangabakka sie dem Maharadscha von Tussore zuliebe eingeladen hatte. Inder brachten so etwas ohne weiteres fertig, wie gut sie auch erzogen sein mochten. Nein, nein, falls nicht eine ganz ausgeklügelte Komödie, gespielt wurde, hatten sich Mrs. Winstanley und Tussore noch nie gesehen.
»Und wie gefällt es Ihnen in Indien?« fragte Lady Pinfield ihren . Nachbarn zur Rechten,- Hugh Cameron.
»Es mißfällt mir nicht so sehr, wie ich es erwartet hatte«, gab er zur Antwort.
»Wie? Sie erwarteten, daß Ihnen Indien mißfiele? So etwas habe ich schon lange nicht mehr gehört! Wo wir doch so viel für Indien getan haben! Es ist übrigens gar nicht so leicht, Indien wirklich zu kennen! Ich lebe jetzt über dreißig Jahre in Indien, und ich bin nicht der Ansicht, daß ich Indien gut kenne.« — »Tatsächlich, Lady Pinfield?« warf der Hausherr augenzwinkernd ein.
»Ja, und mein verstorbener Mann, der als Richter über eine sehr umfassende Erfahrung verfügte, war immer wieder aufs neue durch ein unerwartetes Verhalten überrascht, das die Inder selbst nicht im mindesten zu überraschen schien.«
»Überraschte Sie das indische Verhalten ebenfalls?« fragte Seine Hoheit den
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